Vaterrolle

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"Au, au, au...", murmel ich leise vor mich hin und starre aus dem breiten Panoramafenster.

"Was tust du das?", Daddy betritt den Raum und sieht mich aufmerksam an.

Hm, ich sortiere die Splitter aus meinem zerfetzten Herz?

"Marise ist da. Sie wartet unten auf dich.", er klingt besorgt und achtet auf jede noch so kleine Reaktion meines angeschlagenen Körpers.

"Schön.", seufzend erhebe ich mich und stapfe schwer atmend , die mir mit einem Mal gigantisch, scheinenden Treppenstufen hinab.

"Clarisse!", ihre warme Stimme beruhigt mich, ebenso wie ihr umwerfender Anblick. Die Narbe an ihrem Unterkieferknochen verändert das Schönheitsideal überhaupt nicht. Nur ihre sonst so strahlenden Augen, werden von einem milchigen Filter überdeckt. Der Spiegel der Seele.

"Mama.", lächelnd umarme ich sie und versuche mir ihren Duft so genau wie möglich einzuprägen.

" Ich wollte mich verabschieden.", die Tonart in welcher sie spricht ist stumpf und von Fäden der Trauer durchzogen.

"Wohin gehst du?", verwirrt lasse ich ab und drehe mich in Felix Richtung. Dieser lehnt nervös am Geländer und tippt provisorisch auf seinem IPhone herum.

"Zurück nach Berlin.", erklärt sie und fährt mir durch die zerzausten Haare.

Fassungslos stehe ich da.
Das Kind, welches erneut von der Mutter verlassen und somit auch verstoßen wird.

"Wenn du was brauchst, oder Jemand dich ärgert, kannst du mich gerne anrufen.", sie zieht einen Zettel aus ihrer Jeanstasche. Mit zitternden Fingern hält sie ihn mir entgegen, während die Zahlen zu schwimmen beginnen.

"Nicht weinen Prinzessin.", sie wischt mir sanft unter die geröteten Tränensäcke und haucht Schmetterlingsküsse auf die geschlossenen Lider.

"Mama du darfst mich nicht schon wieder verlassen.", gepresst kommen die Worte aus meinem verzogenen Mund.

Warme Hände legen sich auf meinen Bauch.
"Du kannst sie jederzeit wieder sehen...", Daddys Stimme ist ganz nah an meinem Ohr. Verzweifelt drehe ich mich zu ihm :

"Papa tu doch was, bitte. Mama darf nicht gehen."

"Es ist das Beste...", versucht nun auch meine Mutter einzulenken.

" WAS IST DAS EIGENTLICH FÜR EINE SCHEIßE HIER?! MEIN SCHWARM FICKT AM VALENTINSTAG IN MEINEM BETT, MEINE MAMA HAUT MAL WIEDER AB UND MEIN VATER SCHAUT TATENLOS ZU!"

Felix Augen weiten sich. So deutlich habe ich noch nie über meine Gefühle gesprochen.

"Babe wir verst..."

" IHR VERSTEHT GAR NICHTS!", schreie ich hysterisch weiter und sinke irgendwann vollkommen erledigt auf eines der anliegenden Sitzmöglichkeiten.

"Felix so kann ich nicht gehen...", flüstert meine Mutter energisch und deutet in meine Richtung.

"Geh nach oben, du kannst bei mir schlafen...", murmelt er leise und kommt langsam auf mich zu.

Unwillkürlich rutsche ich näher zu ihm: "Ich will doch nur jemanden der mich lieb hat..."

"Aber das tue ich doch! Mit jeder Herzfaser liebe ich dich. Du bist mein Ein und Alles. Du bist ein Teil von mir..."

"Ähnlich wie der Blinddarm, wenn er weg ist stört es niemand.", ich lache kurz auf und senke dann den Blick.

"Du bist mindestens eine Herzkammer...", er nimmt eine lockige Strähne und flicht sie behutsam in meinen Zopf.

"Kann man die nicht durch Plastik ersetzen?"

"Nein Babe, das kann man nicht. Du bist für mein Leben verantwortlich. Ohne dich kann ich nicht atmen, nicht denken, nicht handeln.", seine blauen Augen mustern mich eindringlich.

"Aber außer dir habe ich niemand...", die plötzliche Erkenntnis beschert mir Höllenqualen.

"Du hast deine Mama. Du hast die Jungs...apropo...Wie meintest du das vorhin?", prüfend setzt er sich neben mich.

Peinlich berührt wende ich mich ab.

" Na sag schon..."

"Ich habe Farid mit so ner Tusse in meinem Bett erwischt.", schnell vertreibe ich die Bilder mit einem aktiven Kopfschütteln.

"Beim...du weißt schon was?", er reißt entsetzt die Augen auf.

"Ja, beim Sex."

Als das Wort 'Sex' fällt zuckt er zusammen. Ich rechne beinahe schon mit einer Schimpftirade, dass solche Wörter in meinem Vokabular nichts zu suchen haben, doch er bleibt stumm.

"Ähm, falls du fragen hast oderso...", nervös reibt er sich über den Nacken.

Verständnislos wende ich mich ihm zu.

"Du kannst jederzeit fragen, ich meine, dass was du gesehen hast, war bestimmt nicht so, wie du es dir vorgestellt hast und...naja es gibt Leute die mögen es...anders..."

Mein Gesicht färbt sich knallrot.

"Papa, sie hatten Sex. Normal."

"Also, vielleicht denkst du nur, dass es normal war und hast jetzt falsche Vorstellung und denkst, dass du etwas erfüllen musst, dass für dieses Art von 'Aktivität' überhaupt nicht relevant..."

"Okay Papa, ist gut.", unterbreche ich ihn hastig und springe auf. Solche Gespräche sind mit dem eigenen Vater absolut UNCOOL.

 Solche Gespräche sind mit dem eigenen Vater absolut UNCOOL

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Same mistakes like you did Daddy.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt