26. Sitzung

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Kann man schwarze Löcher eigentlich verkorken? Es fühlt sich zumindest so an. Auf meinem Korken steht übrigens in Schnörkel-Schrift 'Renee Ledoux'. Ich hab mich sogar drauf eingelassen Geschenke zu kaufen. So wirklich Geschenke. In Geschenkpapier.

„Halten Sie mir eine Knarre an den Kopf und schießen so lange auf mich bis ich sterbe?"

„Ich befürchte, dass das Magazin zuvor leer gehen würde."

Elisabeth lächelt aufmunternd – ich kann diesen Gesichtsausdruck langsam nicht mehr sehen.

„Waren Sie schon mal von sich selbst so angekotzt, dass Sie nicht mal in den Spiegel sehen konnten? Dabei seh' ich so scheiße heiß aus. Was läuft denn bitte falsch, dass ich dieses Gesicht nicht mehr ansehen kann?"

Ich deute auf meinen Kopf und seufze dann auf. Selbst für diese dramatische Geste würde ich mich am liebsten verprügeln.

„Sie sind genervt von sich selbst? Weshalb?"

Das Ex-Supermodel runzelt die Stirn, notiert es sich dann anschließend.

„Ich werde zu Wade", grummle ich als Antwort und der Vorname von Kinsella wird so abwertend wie nur möglich ausgesprochen. Absicht. Pure Absicht.

„Jack, ich durfte Wade kennenlernen. Er scheint ein freundlicher und intelligenter Mensch zu sein."

„Das ist es ja; er ist freundlich. Er ist nett. Scheiße, ich will verdammt nochmal nicht nett sein!"

Wieder wird irgendwas gekritzelt.

„Geht es hier um Renee?"

„Ich habe Geschenke gekauft. Ich kaufe keine Geschenke. Zumindest keine richtigen. Normalerweise bestell ich einfach einen Haufen Amazon-Gutscheine und verpack' die in Zeitungspapier."

„Sie haben meine Erwartungen übertroffen, Jack. Ich dachte eigentlich, dass Sie überhaupt nichts verschenken."

Schulterzucken.

„Ja, ich bin die pure Überraschung."

Motivation total im Arsch. Ein Wunder, dass ich überhaupt was sage.

„Also, was macht Jack Carter in der Woche vor Weihnachten beziehungsweise an dem Tag vor Heiligabend?"

„Sich hoffentlich erhängen."

Die Zimmerpalme ist übrigens einem Tannenbaum im Topf gewichen. Mit roten und goldenen Kugeln geschmückt und einer echt schwulen bunten Lichterkette. Selbst hier werde ich von diesem beschissenen Feiertag verfolgt. Ich will Silvester – da kann man sich wenigstens einfach nur ins neue Jahr saufen.

„Wie hoch liegt eigentlich die Selbstmord-Rate in der Weihnachtszeit?"

„Das ist ein nicht bestätigter Mythos, Jack. Und irgendwo habe ich gelesen, dass laut einer Studie in den USA wesentlich mehr Menschen im Sommer einen Suizid durchführen."

„Ist dann wärmer auf den Bahngleisen und man friert sich bei Schneefall nicht den Arsch auf einem Dach ab. Weicheier."

Ich verschränke die Arme vor der Brust und versuche das Geblinke des Baums zu ignorieren. Was ist das überhaupt für eine Scheiß-Idee Lichterketten herzustellen, die blinken?

„Jack, was ist los?"

„Ich hasse mich, Weihnachten, die Tatsache dass ich einem Kind den Arsch gerettet habe und den Gedanken daran morgen mit Renee auf das Anwesen meiner Eltern fahren zu müssen. Nur um dort dann mit Menschen, die ich hasse, Zeit verbringen zu müssen. Und ich kann mich nicht mal mit Eierpunsch besaufen. Denn mein Onkel war Alkoholiker und verträgt das Zeug nicht in seiner Nähe. Und der Gedanke daran, dass meine Eltern Renee kennenlernen behagt mir auch nicht so ganz. Außerdem würde ich viel lieber in der Suppenküche aushelfen, als drei verdammte Tage in den Hamptons festzuhängen!"

Jack Carter Ist UnsterblichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt