33. Sitzung

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Ausgeschlafen, einigermaßen fit und da ich durch das Laufen einen ungekannten Ehrgeiz gefunden habe, kann ich sogar endlich diese alten Opas im Park überholen. Ich meine, dafür dass die alt sind haben die echt Ausdauer und anscheinend genug Zeit um ihr Gemächt in Radlerhosen zu quetschen. Wobei das wiederum niemand – wirklich einfach niemand – sehen will. Obwohl meine alte Englischlehrerin da anscheinend so drauf abfuhr, dass sie den Sportlehrer knallen musste.

„Wie geht's, Jack?"

„Nett."

Abgesehen von dem Kotzreiz, der mich bei dem Gedanken an Radlerhosen einholt.

„Wie war Ihre Woche?"

„Hab mich umgebracht."

Außerdem überlegt wie ich morgen den Tag mit den Herzchen und den Liebesschwüren verbringen soll. Wobei die Frage nach dem 'mit wem' mich schlussendlich einfach überfordert hat und ich Option; 'zugedröhnt' stattdessen besser fand.

„Wieso?"

„Mein Leben hasst mich."

Sie lächelt, notiert sich etwas und sieht es wohl wirklich als sarkastisches Kommentar. Ich würde den Versuch sich vor einen Zug zu werfen allerdings nicht einfach so abtun. Obwohl das für mich definitiv unterste Schublade war. So versuchen es immer nur die unkreativen Loser. Ist genauso wie die Sache mit den Schlaftabletten. Das ist lahm und so ausgelutscht, dass es schon zum Klischee geworden ist. Ich persönlich bevorzuge dann weiterhin das Springen. Vielleicht zur Abwechselung ohne Falschschirm aus einem Flugzeug? Wie Captain America – nur ohne Flagge auf dem Hintern.

„Was ist so schlimm an Ihrem Leben?"

„Es ist unendlich. Ich bin umzingelt von Idioten und ich versteh nicht, wieso meine kleine Schwester nicht einfach mal ganz normal nachmittags kommen kann. So angekündigt, mit Uhrzeit und vorzugsweise ohne Heulkrampf. Ich war in meiner Teenager-Zeit nie so schlimm."

Stimmt. Ich hab auch die Referendarin geknallt, wurde unsterblich und bin von Zuhause rausgeflogen. Aber geheult hab ich nur das eine Mal vor Schmerz, als Tracy Blueman mir in die Eier geboxt hat. Dieses Miststück hasse ich bis heute.

„Was war mit Vio?"

„Hormone. Müssten Sie eigentlich am besten verstehen."

Breites Grinsen hergezaubert.

„Wirklich sehr witzig, Jack. Die letzte Sitzung haben Sie abgebrochen. Wobei das eher auf Drogen, als auf Gefühlsschwankungen zurückzuführen ist."

Ja, ich war high und da war auch noch'n bisschen Wodka im Blut. Manchmal stelle ich mir auch vor, wie sich mein komplettes Blut in den Hochprozentigen verwandelt. Dann wäre mein Leben sehr schön und ich ohne das Serum im Blut bestimmt tot – Perfektion.

„Der Konter war zu lang, um gut zu sein."

„Also, was war mit Vio?"

„Besoffen, Tage, Liebeskummer und Versagensängste – halt Teenager-Weib."

Elisabeth nickt verständnisvoll. Ob die auch so drauf war? Wann war das überhaupt? In den Neunzigern oder waren es die Achtziger? Vielleicht hat sie Nirvana noch zu ihren Anfängen gesehen? Ob sie zu Cobains Groupies gehört hat?

„Haben Sie mal Kurt Cobain geknallt?"

Ja, sehr diskret gefragt, Carter.

„Jack, können wir bitte über Ihre Woche reden?"

Scheiße, sie hat Kurt gevögelt. Oh mein Gott!

„Keine Antwort ist auch eine Antwort. Und was gibt es da groß zu sagen? Babe, nach einem halben Jahr müsstest du mich langsam kennen. Meine Wochen bestehen aus Sex, Gras und Selbstmord."

Jack Carter Ist UnsterblichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt