18. Robin

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Ich raste mit Joshs Auto unserem Elternhaus entgegen. Es war 8 Uhr morgens und ich hoffte, es wäre noch niemand aufgestanden. Schnell parkte ich das Auto in der Garage und schrieb dann eine Notiz, die ich unter den Scheibenwischer klemmte:

Vielen Dank, dass du mir dein Auto geliehen hast ;) Rob.

Aus irgendeinem Grund wollte ich, dass alles ganz normal schien. So wie es gewesen wäre, bevor Jodie in meinem Leben aufgetaucht war. Leise schlich ich durch das Haus zu meinem Zimmer. Betend, dass mich niemand hörte, zog ich die Tür hinter mir zu. Ich war so verwirrt. Meine Gedanken waren überall. Bei Jordan, aber vor allem bei Jodie. Es war alles so real. Ich konnte sie riechen, während ich eine andere fickte. War es ihr womöglich auch so gegangen, als sie mich betrogen hatte?

Und wenn? Das willst du doch nicht wirklich wissen! Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen. Durch ein Räuspern, schreckte ich aus meinen Gedanken hoch. Josh saß an meinem Schreibtisch und ich hatte ihn gar nicht bemerkt. Schuldbewusst blickte ich zu ihm auf. „Wo warst du?", fauchte er mich an. Kurz legte ich mir eine fadenscheinige Ausrede zurecht, entschied aber dann, dass es sowieso keinen Sinn haben würde zu lügen.

„Zuhause.", antwortete ich daher wahrheitsgemäß.

„Wer zum Teufel hat dir erlaubt meinen Wagen zu nehmen?", seine Hände hatte er zu Fäusten geballt und er zitterte vor Wut.

Ich zuckte mit den Schultern: „Es tut mir leid."

„Das sollte es Robin. Du kannst dich nicht aufführen, wie ein Psycho nur weil deine Freundin dich verlassen hat.", die Worte schmerzten.

„Ich benehme mich nicht wie ein Psycho.", verteidigte ich mich.

„Ach wirklich? Und warum hast du dann genau die Frau abgeschleppt, die am ehesten wie Jodie aussah?" Er schrie so laut, das ich befürchtete, er würde das ganze Haus aufwecken.

„Echt? Das ist mir gar nicht aufgefallen.", log ich.

„Hmm, es ist dir also nicht aufgefallen, ja?", Josh blickte mich prüfend an, um zu sehen, ob ich meine Lüge wohl zugeben würde. „Wie kommt es dann, dass du Jodies Namen stöhnst, während du die Kleine fickst?" Autsch.

Sämtliche Lügen waren zwecklos. Ich musste Klartext reden. Doch zuerst wollte ich wissen, wie er darauf kam: „Woher weißt du das?"

„Die Kleine hat ihre Freundin angerufen, die übrigens gerade dabei war, mir das Hirn aus dem Kopf zu vögeln, und stell dir vor Robin, sie hat Rotz und Wasser geheult. Du warst ja schon immer ein Arschloch, aber mit dieser Aktion hast du dich wirklich selber übertroffen.", schimpfte mein Bruder.

„Ich schicke ihr Blumen.", sofort wusste ich wie blöd sich das anhörte."... oder keine Ahnung... ich kaufe ihr ein Auto?" Pff, mein Versuch es wiedergutzumachen würde es nur noch schlimmer machen.

„Weißt du was? Ich schreibe Jordan einen Brief.", hörte ich mich sagen. Hää, seit wann schrieb Robin Bradley Briefe an One Night Stands? „Ich weiß selbst auch, dass dieses Intermezzo, das Dümmste war, was ich in meinem ganzen Leben gemacht habe. Und ich weiß auch, dass es keinen Grund für Jordan gibt, mir mein grottenschlechtes Verhalten zu verzeihen. Aber wenn ich ihr erkläre, wie sehr ich Jodie liebe, dass ich ständig an sie denken muss und kein Tag vergeht, an dem ich nicht alles dafür tun würde, die Zeit zurück zu drehen, vielleicht würde sie mich dann, zumindest ein ganz klein wenig, verstehen. Vor allem würde ich aber sichergehen, dass es sich nicht so anhören würde, als wäre Jordan von Anfang an nur ein billiger Lückenbüßer gewesen, auch wenn sie das natürlich war. In dem Brief würde es sich so anhören, als hätte mich die Sehnsucht nach Jodie erst während unseres Schäferstündchens vollkommen übermannt." Verdammt Robin, du hörst dich an wie eine kleine Pussy. Aber was sollte ich dagegen machen? Ich fühlte mich auch so

Josh blickte mich ungläubig an: „Du willst ihr einen Brief schreiben?", er lachte süffisant, „Hättest du vorher auch nur eine Minute über deine beschissene Idee nachgedacht, müsstest du jetzt keinen verfickten Brief schreiben."

„Ganz ehrlich, ich habe versucht die Gedanken an Jodie zu verdrängen. Immer wieder habe ich mir klar gemacht, dass ich mit einer anderen Frau nach Hause gegangen war. Doch es hat nichts geholfen. Verdammte Scheiße, Josh, ich habe ja noch nicht mal einen hochgekriegt, bevor ich an Jodie gedacht habe.", offenbarte ich. Pussy!!!

Josh blickte mich nun schockiert an: „Robin, wenn du in deinem Leben jemals wieder glücklich sein willst, dann ruf sie an!

„Das kann ich nicht." Obwohl ich mir nichts mehr wünschte, als Jodies Stimme zu hören, würde ich sie niemals wieder anrufen. „Es hat Jahre gedauert, bis ich unserer Mutter einigermaßen vergeben hatte, was für eine anmaßende Schlampe sie war. Meine gesamte Jugend hasste ich diese Frau. Ich hasste es, dass sie vorgab etwas zu sein, was sie nicht war. Ich hasste es, wie sie behauptete, unseren Vater zu lieben, obwohl sie nur auf sein Geld scharf war. Und die ganze Zeit über, habe ich mich gefragt, wie unser Vater nur so blöd sein konnte, sich nicht von diesem Miststück zu trennen. Doch stell dir vor, jetzt kann ich es verstehen. Wenn Jodie mir plötzlich gesagt hätte, sie würde mich nur meines Geldes wegen lieben, hätte ich gekämpft. Auch wenn es noch so geschmerzt hätte, hätte ich alles dafür getan, sie dazu zu bringen, mich doch meinetwegen zu lieben. Ich hätte mein Ego hinuntergeschluckt und darum gebettelt, einen klitzekleinen Platz in ihrem Herzen zu bekommen. Wahrscheinlich hätte ich mich sogar damit zufriedengegeben, zu wissen, dass sie mich niemals so sehr lieben würde wie ich sie, nur um sie an meiner Seite zu haben. Doch das was sie getan hat, das kann ich einfach nicht verzeihen und weißt du warum? Weil ich in dieser Beziehung vielleicht ALLES falsch gemacht hätte, uns ständig in irgendwelche beschissenen Situation gebracht hätte und andauernd von meiner Vergangenheit eingeholt worden wäre, aber eines hätte ich niemals getan, auch nur an eine andere Frau an meiner Seite zu denken. Niemals hätte ich, ihr solchen Schmerz zugefügt. Selbst wenn irgendwelche unglücklichen Umstände, wie ein Unfall oder Krankheit, dazu geführt hätten, dass ich nie wieder Sex mit Jodie hätte haben können, hätte ich sie NIEMALS betrogen. Bis an mein Lebensende wollte ich ausschließlich mit Jodie schlafen und selbst jetzt wo sie weg ist, sucht mein Unterbewusstsein immer noch, nach einem Jodie-Ersatz für mein Bett."

Mein Bruder war baff.

Jahrelang hatte er versucht mit mir über meine verkorkste Jugend zu sprechen. Immer wieder hatte er mir Flyer von Familientherapeuten und solchen Bullshit, in mein Zimmer gelegt und jetzt, wo er es wahrscheinlich am wenigsten erwartet hatte, sind die Wörter einfach nur so aus mir herausgesprudelt.

„Bitte Robin, suche dir Hilfe.", hörte ich ihn flüstern.

„Ich brauche keine Hilfe. Ich habe bis jetzt, alles alleine ganz gut hingekriegt.", schrie ich ihn an.

Ruhig sagte Josh: „Ja das hast du, Robin. Das will ich gar nicht bestreiten und ich weiß warum du nichts gegen deinen Schmerz unternehmen willst. Mir ist klar, dass du ihn brauchst. Dafür brauchst, damit du Jodie nicht ganz gehen lassen musst. Wenn du dich quälen willst, kannst du das meinetwegen gerne machen, aber wir beide wissen, dass in Kürze unser geliebter Vater von uns gehen wird und ich will mir gar nicht ausmalen, was mit dir passiert, wenn dir vollkommen der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

Tief in meinem Inneren wusste ich, dass er recht hatte. Ich war ein Masochist. Eine masochistische Pussy. Ich benutzte den Schmerz um nicht loslassen zu müssen und ich war selbstzerstörerisch genug, um gemeinsam mit meinem Vater unterzugehen.

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A/N Na was sagt ihr, benimmt sich Rob wie ein Mädchen?

True Pain (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt