22. Jodie

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Schweißgebadet, saß ich in einem kleinen Raum. Er war modern eingerichtet, an der Decke hing ein schwerer Kronleuchter. Die Möbel waren in Hochglanzweiß gehalten und die Wand hinter mir war violett gestrichen. Nervös rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Zum wiederholten Male, zog ich in Betracht, einfach wieder durch die Tür nach draußen zu gehen, durch die ich gerade hereingekommen war. Als ich plötzlich eine freundliche Stimme vernahm. „Frau Meier, Sie können jetzt hereinkommen.", sagte eine zierliche Frau, Mitte dreißig. Sie hatte braunes gewelltes Haar, das ihr knapp über die Schultern reichte und eine große Sekretärinnen Brille zierte ihre Nase. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihre Lippen zu einem Lächeln geformt. Sie war mir sehr sympathisch und sofort ließ die Anspannung in mir etwas nach. „Na kommen Sie schon, Sie brauchen keine Angst zu haben. Sie können immerhin selbst entscheiden was Sie mir erzählen wollen und was nicht. Aber ich hoffe inständig, dass Sie ein so großes Vertrauen zu mir aufbauen werden, dass Sie mir doch alles erzählen.", sagte Dr. David und lächelte immer noch. Zögernd stand ich auf und ging ihr entgegen. Sie hielt mir die Tür zu einem geschmackvoll eingerichteten Zimmer auf. „Setzen Sie sich doch erstmal, Frau Meier. Weglaufen können Sie dann immer noch, aber ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen, dass man vor seinen Problemen nicht davonlaufen kann, die holen einen immer wieder ein.", sagte die Psychologin liebevoll. Ich nickte. „Wollen Sie mir denn erzählen, ob es einen bestimmten Grund gibt, warum Sie hier sind oder wäre es Ihnen lieber wenn wir einfach ihr gesamtes Leben durchbesprechen würden." Kurz lachte ich auf. Wenn wir sämtliche Probleme, die ich im Leben hatte, durchbesprechen würden, wäre ich wahrscheinlich nach dieser 1,5 Stunden dauernden Sitzung gerade mal bei dem Alter von fünf Jahren angekommen. „Ich bin schwanger.", sagte ich daher, um direkt zum Thema zu kommen. „Und jetzt wissen Sie nicht wie Sie mit dieser neuen Situation umgehen sollen? Keine Sorge Frau Meier, Schwangerschaftsdepression ist nichts Ungewöhnliches. Das bekommen wir schon hin." Frustriert schüttelte ich den Kopf: „Nein, ich bin schwanger und das ist der Grund warum ich hier bin, denn ich möchte auf jeden Fall vermeiden, dass ich meinem Kind irgendwann meine gesamten Probleme aufhalse, nur weil ich es nicht schaffe über meine Vergangenheit wegzukommen." In den letzten Tagen, hatte ich viel nachgedacht und beschlossen, dass ich über meinen eigenen Schatten springen musste. Zuviel Angst hatte ich davor, dass mich mein Kind irgendwann hassen könnte oder noch schlimmer, dass ich mein Kind hassen würde. Immer wieder ist mir dabei Robins Verhältnis zu seiner Mutter untergekommen. Das war wirklich das Letzte was ich wollte. Scott mochte mir meinen ganzen Stolz genommen haben und die Sicherheit, zu wissen, was mit mir geschehen war ebenfalls. Aber das Verhältnis zu meinem Kind würde er nicht zerstören. Nach zwei Monaten war ich bereit zu kämpfen, wenn ich es auch immer noch nicht schaffte ihn anzuzeigen. Dr. David nickte: „Fangen Sie einfach an zu erzählen." „Sie haben doch Schweigeplicht, richtig?", fragte ich. Natürlich wusste ich, dass es so war, aber ich wollte es aus ihrem Mund hören. Diese Worte würden mir die Sicherheit geben die ich brauchte zu wissen, dass meine Geschichte niemals in einer Klatschzeitung abgedruckt werden würde. Als ich noch mit Robin zusammen war, war es schon schwer genug, mit den ganzen Gerüchten zu leben, die über uns verbreitet wurden. Mit der Wahrheit, würde ich es keinesfalls aufnehmen können. Wie sehr ich mir doch wünschte, Robin wäre ein ganz normaler Mann und kein Weltstar. Wieder nickte die Psychologin. Schnell fing ich an zu erzählen. Ich begann an der Stelle an der ich nach Miami gereist war. Wie ich auf Robin getroffen bin, ohne zu wissen, dass er es war und im Zuge dessen alle meine Wertsachen verloren hatte. Danach erzählte ich ihr wie er mich mit nach Hause nahm und von seiner krankhaften Eifersucht, die uns immer wieder in seltsame Situationen brachte, obwohl er mir ständig versprach mich niemals in einer sexuellen Weise zu berühren. Die Psychologin hob zwischendurch immer wieder mal eine Augenbraue an. Dann erzählte ich weiter. Davon wie lange er sich gegen jedes Gefühl wehrte, bis es endlich zum Sex zwischen uns kam. Schließlich wurde ich durch die Psychologin unterbrochen: „Hört sich ganz danach an, als würde ihr Ex-Freund auch nicht schlecht daran tun, mit jemanden zu reden." Ich nickte denn damit hatte sie natürlich recht, aber Robin war nun mal kein Mensch der sich gerne etwas vorschreiben ließ, deswegen konnte ich ihn nicht zu seinem Glück zwingen. Nicht als wir noch zusammen waren und jetzt wo wir getrennt waren schon gar nicht. Anschließend fuhr ich mit meinen Schilderungen fort. Schnell erzählte ich wie Beth ständig versuchte sich zwischen uns zu drängen und schließlich dafür sorgte, dass mein Bruder eine Überdosis Drogen nahm. Dr. David riss die Augen auf. Zudem ließ ich sie wissen, dass wir uns nach diesem Vorfall aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatten und mir Zuhause die Decke auf den Kopf fiel, bevor mir Robin erlaubte mit Scott zu arbeiten. Der Proberaum den er extra für mich errichtet hatte, um sicherzugehen, dass ich meine Tanzstunden in sicheren vier Wänden unterrichten konnte. Wie sich herausstellte, dass es dort leider nicht so sicher und schon gar nicht anonym war, da es später auch zur Kulisse unseres kleinen Pornos wurde. Kurz stellte Dr. David eine Zwischenfrage: „Sie sind also Tänzerin?" „Ja genau und es ist mein Traumjob.". Die Psychologin nickte und schrieb etwas auf ihren Notizblock. Dann fuhr ich fort. Ich erzählte, dass es einen Porno von mir und Rob gab, den Beth veröffentlicht hatte, doch an ihrem Gesichtsausdruck sah ich, dass sogar sie von dem Sex Film gehört hatte. Leise fügte ich hinzu, dass dieses Video der Grund sei warum ich mich von Robin getrennt hatte und das ich ihn eigentlich noch sehr liebe. Dr. David blickte mich mit einem sanften Blick an. „Sind Sie deswegen hier, um über Ihren Verlust wegzukommen?", fragte sie. „Auch.", antwortete ich kurz, „Aber ich möchte Ihnen gerne zuerst die ganze Geschichte erzählen." Schnell erläuterte ich, dass ich mit Scott nach New York ging und mir Robin heimlich gefolgt war, was Scott zu mir im Restaurant gesagt hatte und dass ich anschließend mit Robin eine Nacht verbracht hatte. Dann kam ich zum schwierigen Teil. Um nicht im letzten Moment den Mut zu verlieren schrie ich es schon fast heraus: „Scott hat mich unter Drogen gesetzt und mich vergewaltigt, bevor er mir das Wort Hure in den Bauch geritzt hat." Zu Bestätigung hob ich mein Shirt und Dr. David wurde kreidebleich. „Doch mein größtes Problem ist es, dass ich nicht weiß wer der Vater meines ungeborenen Kindes ist."

Nach meinen Ausführungen schien sogar meine Therapeutin leicht verstört zu sein. Doch dann war meine erste Sitzung auch schon vorbei. Obwohl wir noch nicht mal begonnen hatten, an irgendetwas zu arbeiten, fühlte ich mich schon besser. Die Psychologin hatte mir das Gefühl gegeben mich nicht schämen zu müssen. Daraufhin vereinbarten wir, dass ich zweimal pro Woche zu einer Sitzung kommen würde.


True Pain (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt