Klassenzimmermord

Kapitel Sechzehn

Mit brummenden Kopf stieg ich aus der Tube und schlurfte auf unsere Schule zu.
Ich hatte verschlafen.
Anderthalb Stunden.
Sonntag war gewesen wie jede Woche.
Lernen und Serien schauen.

Die ersten beiden Stunden Mathe hatte ich bereits verpasst und ich sah aus wie ein Zombie.
Auf meiner Stirn hatten sich die Pickel breit gemacht und ich hatte Augenringe hochzehn.
Von meinen Klamotten wollte ich jetzt gar nicht erst anfangen.
Man könnte mich allen Ernstes mit einem Müllsack vergleichen und von meinem Gefühl her konnte der Tage einfach nur schlecht werden.

Kaum hatte ich das Schulgelände betreten klingelte es zur Pause.
Das Klingeln ließ meinen Kopf noch mehr brummen und mit schlurfenden Schritten ging ich ins Foyer.
"Wow, wusste gar nicht, dass ein Date mit Louis gleich Schulschwänzen auslöst !"
Vorwurfsvoll sah mich meine beste Freundin mich an.
Ich grabschte ihr mit meiner Hand direkt ins Gesicht und murmelte: "Um Gottes Willen Haley. Sprich bitte etwas leiser. Deine Stimme klingt so unglaublich schrill."
Sie schlug meine Hand weg, beugte sich zu mir vor und musterte mich prüfend.
"Sag mal, hast du nen Kater ?"
Ich drückte sie weg und sagte empört: "Was denkst du von mir ?
Als ob ich mich an einem Sonntagabend betrinke !
Ich hab gestern nur zu lange Law&Order geschaut."
Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
"Jaja, dass sagen sie doch alle."

Ich taumelte ein Schritt nach vorne, als mich jemand feste von hinten umarmte.
"Bitte mach das nie wieder."
Ich wurde freigegeben und umgedreht.
Ich sah einem leicht verheultem Logan ins Gesicht.
"Was ist denn mit dir passiert ?"
"Donnerstagmorgen fährt Emily nicht mit der Tube und liegt ermordet im Biosaal und dann fährst du heute nicht mit der Tube.
Was meinst du hab ich gedacht ?!"
Ich musste grinsen.
"Du dachtest ich sei ermordet worden ? Du bist echt süß, wirklich."
"Na vielen Dank auch."
Er drückte mich nochmal an sich und ließ mich dann los.
"Mach das nie wieder !"
Ich massierte meine Schläfe und nickte.
An Haley gewandt fragte ich: "Was haben wir jetzt ?"
Haley grinste diabolisch.
"Was ?!"
"Wir haben Sport."

Im ersten Moment dachte ich, ich hätte mich verhört und sah verwirrt von Haley zu Logan - und wieder zurück.
Als die beiden nicht aufhörten zu grinsen schwante mir böses.
Sehr böses.
"Wir haben jetzt echt Sport ?"
Die beiden nickten und klatschten sich lachend ab.
"Wenn das so ist, dann muss ich eben zu meinem Spind."
Haley nickte.
"Okay. Wir gehen schon mal vor. Wir haben in Halle Drei Unterricht. Du weißt, Mister Grand hasst es, wenn man zu spät kommt also verlauf dich nicht in irgendeinem Klassenzimmer."
"Was willst du mir jetzt damit sagen ?"
"Ach gar nichts, weißt du doch."
Ich schüttelte den Kopf und machte mich auf den Weg in den zweiten Stock zu meinem Spind.
Im Treppenhaus dachte ich darüber nach, dass es gut war auf Emily zu hören und immer Ersatzsportklamotten im Spind liegen zu haben.
Ich schreckte aus meinen Gedanken, als sich zwei Arme von hinten um meine Taille schlangen.
"Na Baby, hast du gedacht, du passt dich mir an und schwänzt die ersten beiden ?"
"Ich drehte mich zu Louis um und lächelte.
"Ne hab nur verschlafen."
"Ach so nennt man das also heute."
Er zog mich an sich und küsste mich.
Ich löste mich von ihm und sah ihn bedauernd an.
"Sorry, ich würde ja gerne da weitermachen, wo wir gerade aufgehört haben, aber ich hab gleich Sport bei Grand und ich muss noch meine Sachen aus meinem Spind holen."
"Okay Babe aber ich hol dich später von der Sporthalle ab."
Ich nickte.
Er sah mich liebevoll an, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und ging in Richtung Kunstsaal.
Lächelnd ging ich noch ein Stockwerk höher und öffnete im Spindgang mein Schließfach.
Ich warf meine Schultasche rein und nahm meinen Sportbeutel raus.

Pünktlich zum Klingeln saß ich mit meiner Klasse in der Halle und begrüßte Mister Grand.
"So Leute, ich denke das Thema Basketball haben wir nun zu genüge durchgekaut.
Heute beginnen wir mit Volleyball.
Ihr wisst ich bin kein Mann der großen Worte, deshalb 10 Minuten einlaufen.
Danach holen fünf von euch die Vollybälle und ihr tut euch in Zweiergruppen zusammen.
Oder ne, wartet tut euch lieber in Dreiergruppen zusammen."
Erwartungsvoll sah er uns an, klatschte in die Hände und rief: "Wartet ihr auf eine schriftliche Einladung ?
Hoch mit euren Ärschen ihr faulen Säcke."
Stöhnend standen wir auf und begannen uns aufzuwärmen.

"Sag mal warum muss Grand immer erst so gut gelaunt sein, nur um uns dann wieder anzumotzen ?!"
"Das werden wir wohl nie erfahren Haley. Ich meine ist ja nicht so als könne man uns nicht freundlich sagen, dass wir uns bewegen sollen."
"Schau mal, ich glaube wir können gleich aufhören zu laufen."
"Wieso ?
Schwebt Grand in Lebensgefahr, oder was ?"
Ich sah mich um und sah wie Grand in seinem Kalender rumkritzelte."
"Ist doch alles normal."
"Du schaust ja auch in die falsche Richtung."
Haley deutete nach links und ich konnte sehen, was sie schon die ganze Zeit sah.
Lancaster und Officer Godbruck kamen mit zwei weiteren Polizisten auf's Sportgebäude zu.

Tatsächlich wurde unser fröhliches Laufen drei Minuten früher beendet, als Grand vorgesehen hatte.
Ganz die Vorzeigeschüler setzten wir uns in die Hallenmitte und wurden Zeugen einer hitzigen Diskussion Zwischen Lancaster und Grand.
"Es tut mir sehr leid, aber ich muss die Schüler zum Mordfall Emily Parker befragen."
"Und mir tut es leid, dass Sie dafür in einer anderen Stunde wiederkommen müssen."
"Soll das heißen, dass Sie uns nicht mit den Schülern sprechen lassen ?"
"Zumindest nicht in meiner Sportstunde."
"Ich könnte Sie jetzt hier an Ort und Stelle mit auf's Revier nehmen und sie wegen Behinderung der Justiz festhalten, ist Ihnen das bewusst ?"
"Ist Ihnen bewusst, dass Sie überhaupt kein Drama machen müssen ?
Kommen Sie doch einfach in der nächsten Doppelstunde wieder und führen Sie dort ihre Befragung durch, wie wär's ?"
"Officer Godbruck, würden Sie bitte ?"
"Aber natürlich Detective Inspector Lancaster."
Godbruck legte Grand Handschellen an und sagte: "Timothy Grand sie sind verhaftet wegen Behinderung der Justiz."
Bevor er weiter sprechen konnte hatte Godbruck Grand abgeführt und Lancaster wandte sich wieder uns zu.

"Entschuldigung, dass wir euren Lehrer mitnehmen müssen, aber das ist nötig."
"Ach ist doch kein Problem. Von uns aus können sie ihn ruhig bei sich behalten", sagte Gorden und erntete Lacher und Gegröle.
Lancaster grinste kurz, fuhr dann aber unbeirrt fort.
"Mein Name ist Detective Inspector Lancaster und ich komme vom Criminal Invastigation Department.
Ich ermittle im Mordfall Emily Parker und muss euch alle einzeln befragen.
Könnt ihr euch in der Zeit alleine beschäftigen, oder ist das ein Problem für euch ?"
Wir schüttelten unsere Köpfe und Lancaster sah uns erleichtert an.
"Okay, dann würde ich sagen, wir fangen gleich mal an.
Gretchen Allen, Tobias August und Ally Benson."
Die Polizisten gingen mit den dreien aus der Halle und ließen uns schweigend auf dem Boden sitzen.

Ich sah meine Klassenkameraden an und fand in jedem Gesicht den selben Ausdruck.
Tiefe Traurigkeit.
Ein schluchzen ließ mich meine Beobachtung unterbrechen.
Ich sah nach rechts und fand sofort den Urheber des Schluchzers.
Haley hatte ihr Gesicht in ihren Händen versteckt und weinte.
Mir selbst schossen in der selben Sekunde die Tränen in die Augen als ich sah, wie sie die Beine anzog und sie fest umklammerte.
Ich wischte meine Tränen weg, stand auf und hielt Hal meine Hände hin.
Sie ergriff sie und sobald sie auf den Füßen stand zog ich sie in eine innige Umarmung.
Bei jedem ihrer Schluchzer hatte ich das Gefühl irgendwas, ganz tief in mir drinnen würde zerbrechen.
Irgendjemand legte seine Arme um mich und hielt mich fest.
Ohne zu wissen, wer tatsächlich hinter mir stand hatte ich das Gefühl es sei Logan.
Mit der Zeit kamen immer mehr dazu, die uns umarmten.

Wir lösten uns erst voneinander, als sich jemand räusperte.
Als ich wieder allein da stand, stellte ich mit einem schwachem Lächeln fest, dass sich jeder an der Umarmung beteiligt hatte.
Bei den meisten Mädchen sah man, dass sie genauso wie Hal und ich Tränen vergossen hatten.
Der Moment würde erst zerstört, als Lancaster die nächsten drei aufrief.
"Ich würde jetzt gerne mit Oliver Davis, Maria Denver und Page Douglas sprechen."