Gefühle

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Eigentlich hatte ich gehofft, dass es einer dieser romantischen Filmmomente wird in denen man neben seinem Traummann aufwacht und kuschelt und langsam aufsteht. Aber, haha, das wäre zu schön um wahr zu sein, da das Pech mir immer am Arsch zu hängen schien. Wahrscheinlich kiffte Gott immer, wenn er sich um mein Leben kümmerte und machte seine eigene Comedy-Show daraus.
Ich wollte nach meinem Handy greifen und meine Hand landete auf einem Teller. Aldxander hatte mir ein Toast mit Butter, eine Schüssel mit Cornflakes, eine Kanne Milch und einen Kaffee gemacht. Alles war ordentlich auf einem Tablett hingestellt worden. Ich lächelte und nahm mein Handy.

[11.3. 10:24] Alexander: Bin bei der Arbeit. Mach dich in Ruhe fertig.
[11.3. 12:13] Joe: Okay. Danke fürs Frühstück du Koch.

Unsere Chats waren immer sehr kurz, als würden wir uns nur vom sehen kennen, weil ich es einfach für unnötig hielt ihm mit hunderten von Herzen zu schreiben. Es war zu kitschig und unbedeutend.

Nach einer Stunde hatte ich gegessen und mich angezogen. Ich räumte noch schnell sein 'Zimmer' auf und entschied mich nach langer Diskussion mit meinem inneren Ich es Wohnung zu nennen.

[11.3. 14:05] Joe: Hab alles aufgeräumt. Fahre nach Hause muss nich lernen.
[11.3. 14:06] Alexander: Ne. Du gehst nicht weg. Bin gerade erst fertig.
[11.3. 14:06] Joe: Aber ich hab Prüfungen.
[11.3. 14:08] Alexander: Mir doch egal Weib. Du wirst mir gefälligst gehorchen.

Ich musste laut lachen, obwohl es nicht mal witzig war.

[11.3 14:10] Alexander: Sag mir nicht, dass du gerade darüber lachst.
[11.3. 14:13] Joe: Haha... nein.
[11.3. 14:14] Alexander: Wehe du bist nicht da.

Also wartete ich auf den Schwachkopf. Ich hatte mich selber auf Whatsapp als Joe eingespeichert und überlegte es zu ändern, da Alexander mich schon so oft gebeten hatte. Am Ende tat ich es doch nicht.
Nach einer halben Stunde hörte ich Schritte und setzte mich auf, aber statt Alexander sah ich seine Mutter, die mich anlächelte und fragte, ob ich etwas bräuchte. Ich schüttelte dankend den Kopf und las weiter. Sie kam ins Zimmer und setzte sich auf den Sessel. Musternd sah sie mich an. Nach qualvollen Minuten sagte sie schließlich:《Du tust ihm gut. Seit der Scheidung und Jace ist er etwas durcheinander und braucht... halt.》
Oh nein. Bitte nicht. Ich war ganz schlecht darin in solchen emotionalen Momenten das richtige zu sagen. Deswegen nickte ich nur.
《Danke》, antwortete ich.
Sie lächelte und fragte dann das übliche. Was machen deine Eltern? Was sind deine Pläne? Willst du studieren? Warum wohnst du nicht mehr bei deinen Eltern?
Das übliche was solche reichen Eltern eben fragen, wenn ihr Sohn so eine Freundin wie mich abbekommt. Ich spürte, wie ich nervös wurde und stotterte und schwitze. Es war wie beim Zoll mit einem Koffer voller Heroin.
Nachdem wir eine gefühlte Ewigkeit redeten, kam Alexander mit schweren Schritten hoch.
《Mum, warum terrorisierst du sie mit deinen Fragen?》
《Ich muss doch gucken, ob sie okay für meinen kleinen Jungen ist》, sagte sie und küsste seine Wange, als wäre er wirklich ein kleines Kind.
Ich lächelte bei dem Anblick und bemerkte wie sehr mir meine Eltern fehlten. Mein Blick wanderte zum Boden und ich biss auf meine Unterlippe.

《Hey》, hauchte er und küsste mich sanft. Er legte sich aufs Bett und gleich dazu noch auf mich. Mein Körper passte sich seinem perfekt an und andersrum. Mein Gesicht vergrub ich in seinem Haar und roch daran.
《Wie war die Arbeit?》
《Scheisse. Ich musste arbeiten.》
Lächelnt küsste ich seinen Kopf und massierte sanft seinen Nacken. Ich liebte diese stillen Momente, in denen wir uns einfach hielten und die Awesenheut des anderen genossen.
《War es sehr schlimm mit Mum?》
《Nein. Sie ist nett.》
《Nett idt der kleine Bruder von Scheiße.》
Ich kicherte.
《Nein. Sie war wirklich sehr nett. Sie liebt dich.》
《Mehr als du?》
《Sie ist deine Mutter... niemand kann dich mehr lieben als deine Mutter?》
《Was ist mit deiner? Liebt sie dich mehr als ich?》
Mein Schweigen erfüllte für einen langen Zeit den Raum, bis ich flüsterte:《Sie liebt Kathrine mehr. Das hast du doch selber gesehen.》
Alexander zuckte leicht zusammen und sah mich dann an.
《Josephine...》
《Nein. Lass》, unterbrach ich ihn und erzwang ein Lächeln,《es ist nicht deine Schuld. Okay?》
Ich küsste ihn lang und innig.
《Du solltest deine Gefühle mehr zeigen...》
《Ich bin nicht gut in sowas.》
《Dann lern es... Ich möchte nicht das Gefühl haben, dass du dich unwohl in meine Nähe fühlst und deine Emotionen nicht zeigen willst.》
《Ich will es. Ich versuche es. Aber ich tu es aus Gewohnheit einfach nicht. Es ging nie um mich und das hat nie jemanden interessiert wie es mir geht. Schicken wir Melissa zum Tanzen, wen interessiert Joes kaputter Rücken und dass sie dafür zum reiten muss? Kaufen wir Katherin die teuersten Klamotten. Sie muss das beliebteste Mädchen der Schule werden. Wen interessiert es, dass Joe in den fluren rumgeschubst wurde. Schmeißen wir für Katherin eine riesen Geburtstagsfeier. Joe wird sich schon mit einem kleinen Geschenk zufrieden geben》, äffte ich meine Eltern nach und schnaubte.
《Meine Kindheit war eben nicht die Schönste und erst recht nicht meine Teenager- Zeit. Meine Eltern haben Katherin abgöttisch geliebt und mich wie ein Nichts behandelt, da sie ja das perfekte, brave, schöne und von allen geliebte Mädchen war. Ich war wie immer das schwarze Schaf. Mir wurde also indirekt beigebracht mich nicht zu beschweren wenn es mir beschissen ging und ich glaube es ist dann etwas normal, wenn ich es nicht sofort ändern kann.》
Alexander sah mir lange in die Augen und küsste mich dann lang und innig. Es überraschte mich ein wenig, jedoch erwiederte ich den Kuss. Danach sah er mir wieder in die Augen und lächelnte ein wenig traurig.
《Es tut mir leid. Ich will dich nur glücklich sehen, das ist alles.》
《Es tut mir auch leid.》
Ich umarmte ihn lange und vergrub mein Gesicht in seine Schulter. Es tut mir leid, dass ich nicht da sein kann. Es tut mir leid, dass ich dich nicht lieben kann, wie du es willst. Es tut mir leid, dass ich dir meine Gefühle nicht so zeigen kann, wie ich es will. Es tut mir leid, dass ich keine Hoffnung habe, dass ich dir meine Gefühle jemald wirklich zeigen zu können.
Innerlich starb ich während dieser Umarmung und hielt mich zurück nicht in Tränen auszubrechen, während ich Alexanders dummes Grinsen spüren konnte.
Es tut mir leid.

Elastic Heart {Sia}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt