Trost

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Mit einem lauten Grummeln im Magen wachte ich auf und sah, dass Alexander noch schlief. Es war sein Tag in der Woche, an dem er ausschlafen konnte. Lächelnd strich ich durch seine Haare und rieb die kleine Narbe, welche ich ihm verpasst hatte. Wenn ich sie sah keimten immer wieder Schuldgefühle in mir auf...
Seufzend setzte ich mich auf und verzog das Gesicht, als ich mich streckte. Ich ging ins Bad und wollte mich duschen, fand aber ein Chaos vor, was aus Alexanders Wäsche bestand. Hosen, Socken, Hemden, Boxershorts und mehr lagen verstreut auf dem Boden. Mit allen möglichen Beleidigungen räumte ich auf und schaltete die Waschmaschiene an.
《Wie war das? Ich bin ein Nichtsnutz?》, hörte ich Alexander sagen und hatte dabei ein fieses Schmunzeln vor Augen.
Ich drehte mich zu ihm und sagte mit einem unschuldigen Lächeln:《Du wärst eine schreckliche Hausfrau.》
《Nun... das habe ich auch nie vor zu werden.》
Ich schmollte.
《Warum schaffst du es immer mir die Worte im Mund zu verdrehen?》
《Weil ich einfach gut bin》, sagte er und hob mich so hoch, dass ich meine Beine um seine Hüfte legen musste.
《Lass und raus gehen.》
《Wow... ich hätte eher erwartet es kommt etwas wie Lass es uns in der Dusche tun.
Er lachte.
《Du müsstest mich besser kennen.》

Da standen wir also. Wieder auf diesem bescheuerten Weihnachtsmarkt, wo sich kleine Kinder an mich vorbei zwängten und alle laut waren. Eigentlich liebte ich Weihnachtsmärkte, aber heute störte mich etwas daran und ich wusste nicht was. Ich hatte ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend, als würde ich jemandem treffen, dem ich vermeiden sollte.
Kopfschüttelnd führte ich meine Hände an meine Lippen und pustete dagegen, sodass sie für einige Sekunden wärmer wurden. Alexander kam mit zwei Tassen heißer Schokolade zurück und lächelte breit. Ich versuchte meine Hände weiterhin aufzutauen. Vergeblich. Ich nahm den brennend heißen Becher dankend, konnte aber nicht witklich etwas von der Hitze spüren.
《Meine Finger sind eingefroren.》
《Tu sie in meine Hose, dann werden sie warm.》
Ich starrte Alexander nur an, um mich zu vergewissern, dass er das wirklich gerade gesagt hatte. Während er einen Schluck trank war ein schmutziges Grinsen auf seinen Lippen und ich musste laut lachen. Eine Mutter sah uns nur schockiert an und ging mit ihrem Kind weg.
《Deswegen liebe ich dich so.》
Ich stellte das Getränk ab, umarmte und küsste ihn innig und lange. Ich vernahm den Geschmack von Schokolade und lächelte.

Wir gingen noch eine Weile Hand in Hand durch den Wald aus Ständen. Zu meinem Erstaunen passierte nichts schlimmes, wie ich es gedacht hatte. Stattdessen genoss ich die Zeit mit ihm, denn es war eine lange Zeit vergangen seitdem er wieder gelacht hatte und ich betete, dass sich das nicht ändern würde.

Wir saßen auf meinem kleinen Balkon und zogen abwechselnd an einer Zigarette. Er saß auf einer Liege und ich lag halbwegs zwischen seinen Beinen mit dem Rücken an seiner Brust. Wir hatten uns in eine Decke gekuschelt und ich spielte mit seiner freien Hand, da er mit der anderen die Zigarette an meinen und seinen Mund führte.
《Wie geht's deinem Bruder?》
《Es wird... Er hat starke Wutausbrüche und ist Agressiv und körperlich Gewalttätig...》
《Aber... wird der Entzug erfolgreich?》
《Ich weiß es nicht... der Schwachkopf hat jede mögliche Droge probiert.》
《Und deine Eltern?》
Er zuckte mit den Schultern und damit was das Gespräch beendet.
《Du weißt.. du kannst mit mir reden.》
《Ich weiß Babe.》
Er küsste meinen Kopf und drückte die Zigarette aus.
《Lass und schlafen gehen.》

Als wir in meinem Bett lagen starrte er mich an. Ich blickte zurück.
《Hast du für deine Prüfung gelernt?》
Er schüttelte den Kopf.
《Kannst du es einigermaßen?》
《Bist du meine Mutter? Was soll die Frage?》, sagte er in einem scharfen Ton.
Ich sah ihn verwundert und etwas verletzt an. Als er bemerkte wie er reagiert hatte packte er mich schnell und umarmte mich fest. Langsam zog er mich auf sich und hielt mich fest.
《Tut mir leid》, sagte ich.
《Ist okay... Ich kann dich verstehen. Ich war nicht besser.》
Ich kraulte ihm den Nacken, wie bei einem Hund.
《Als das mit deiner Schwester passiert ist?》
Ich wusste, dass er seinen Namen absichtlich nicht nannte und nickte.
Dann fügte ich hinzu:《Da fing ich mit dem Rauchen an und trank bis ich in die Notaufnahme kam... jedes Wochenende war ich in Discos und meine Noten waren komplett ruiniert...》
Ich stemmte mich auf und sah ihn an.
《Dann wurde ich hierhin geschickt und es wurde besser. Du... brauchst Zeit.》
《Ich weiß... aber ich verstehe nicht warum er das gemacht hat... ich meine er hatte keinen Grund.》
Ich schwieg, weil ich nicht weiter wusste. Es war schlimm ihn so leiden zu sehen und ich würde ihn nicht trösten können, da es eine meine Schwächen war. Ich konnte Menschen nicht trösten...

Elastic Heart {Sia}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt