Du sitzt vor mir, mit deinen blaugefärbten langen Haaren. In deiner Lederjacke und deinen Biker-Boots. Du sitzt vor mir und ich atme deinen Duft ein. Du riechst nach Herbst und nach Blättern und nach gemähtem Rasen. Und nach der Zigarette, die du lässig zwischen deinen Fingern hältst.
Zwischen den Fingern, die noch vorgestern Abend meine Haut berührt haben. Zwischen den Fingern, die ihre unsichtbaren Spuren auf jedem Zentimeter meines Körpers hinterlassen haben. Du ziehst an der Zigarette. Der Rauch verfliegt.
Der Wind pfeift durch die Fenster meiner Altbauwohnung und die Vorhänge sowie deine bunten Haare tanzen ihr ganz eigenes Lied zum wilden Rauschen des Windes. Der Wind, er tanzt zwischen den Blättern der Bäume und ich denke an den Abend, an dem wir uns das erste Mal sahen.
Es war ein verdammt windiger Abend. Und ich weiß noch, wie du über deine Füße gestolpert bist, direkt in meine Arme. Deine knochigen Schultern bohren sich in meine Arme und deine Wangenknochen stoßen gegen die meinen. Ich habe das Gefühl, du schlägst mir den Schädel ein. Meine Kumpel konnten den ganzen Abend den Blick nicht von dir nehmen. Und dann fällst du ausgerechnet in meine Arme. Meine. Du lächelst mich an und ich kann nicht anderes tun, als zurückzulächeln.
"Hallo" sage ich und kotze dir fast vor die Füße. Plötzlich ist der ganze Raum erhellt und ich kann einfach nicht mehr wegsehen. Du bist so schön. Du lächelst nur und ziehst mich auf die Tanzfläche. Es ist voll und wir werden durch die Masse getragen. Deine Haare leuchten im Licht der tanzenden Scheinwerfer und ich verliere dich nicht. Ich nehme mir vor, dich nie zu verlieren. Mein Herz gehört dir und du weißt es in dem Moment, in dem du mir in die Augen siehst. Du küsst mich und wir tanzen. Ich kann nicht gut tanzen, ich bewege mich wie ein großer unbeholfener Riese, während du mir deinen Körper schenkst. Ich möchte dich. Mit Haut und Haar. "Wie heißt du?" brüllst du. "Mark", brülle ich zurück. "Jess", sagst du und du lächelst.
Wir gehen zu mir und verlieren uns in einander. Wir werden eins. Deine Haut ist butterweich. Du liegst in meinen Armen und rauchst. Wir bekommen nicht genug voneinander. "Manchmal möchte ich springen", sagst du zwischen unseren Küssen. Ich sehe dich an und deine Augen füllen sich mit Regenwolken, ein Sturm zieht auf und verdunkelt dein wunderschönes Gesicht. "Manchmal möchte ich springen und sehen, ob ich fliegen kann", sagst du. Ich halte dich in meinen Armen wie einen kostbaren Schatz. Ich möchte dich nie wieder los lassen. Nie wieder.
Du bist so schön wenn du schläfst.
Als ich aufwache, bist du fort.
Ein kleiner weißer Zettel liegt auf dem Kopfkissen, das mit Sternen bedruckt ist. - Such mich nicht. Ich werde dich finden. Danke für die Flügel. Vergiss' mich nicht.
Du sitzt vor mir, mit deinen blaugefärbten langen Haaren. In deiner Lederjacke und deinen Biker-Boots. Du sitzt vor mir und ich atme deinen Duft ein. Du riechst nach Herbst und nach Blättern und nach gemähtem Rasen. Und nach der Zigarette, die du lässig zwischen deinen Fingern hältst. Und ich sehe, wie du immer mehr verschwindest. Du löst dich auf, bis nichts mehr von dir übrig ist. Ich kann nicht fassen, dass du nicht mehr da bist. Ich kann nicht fassen, dass du gesprungen bist. Ich kann nicht fassen, dass du mir das Herz klaust und es blutend auf der Straße zurück lässt. Ich kann nicht glauben, dass die Welt jetzt ohne dich ist.
Und du bist auf der anderen Seite des Universums.
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Kurzgeschichten
Short StoryEin kunterbuntes Sammelsurium an Kurzgeschichten. Mal Tränen, mal Freude, mal Leben, mal Tod. Es ist für jeden etwas dabei. Tretet ein, macht es euch bequem. ...