Kapitel 16 - Ein neuer Frischling

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"It is a cursed evil to any man to become as absorbed in any subject as I am in mine." ~ Charles Darwin

*~*~*

Meine Arbeit als Hackenhauerin begann. Jeden Tag verbrachte ich auf den Feldern und lieferte bei Bedarf Kräuter, Obst und Gemüse an die Köche und Sanis. Meistens arbeitete ich dabei mit Newt zusammen. Die gemeinsame Zeit verstärkte unsere freundschaftlichen Bande noch weiter – mittlerweile hatte ich das Gefühl, dass ich Albys Stellvertreter blind vertrauen konnte.

Trotzdem behielt ich die Sache mit den Erinnerungsträumen immer noch für mich; einerseits, weil ich mich vor der Reaktion meiner Freunde fürchtete, andererseits war ich seit dem letzten Traum mit den Korridoren und dem rätselhaften Brief von weiteren Pseudo-Erinnerungen verschont geblieben. Ob das nun gut oder schlecht war, wusste ich nicht so recht, doch es brachte durchaus Vorteile mit sich – erholsamen Schlaf beispielsweise.

Minho gegenüber verhielt ich mich so normal wie möglich, obwohl ich mir insgeheim nicht sicher war, wie ich zu ihm stand. Klar war er mir wichtig, aber hatte ich wirklich Gefühle für ihn, die über normale Freundschaft hinausreichten? Keine Ahnung. Ich musste mir auch nicht allzu grosse Gedanken darüber machen, seit er wieder jeden Tag im Labyrinth verbrachte und ich mit der Arbeit ebenfalls voll ausgelastet war. Wir sahen uns praktisch nur noch beim Abendessen.

Eines Nachmittags, als ich gerade mit Newt von den Beeten mit der frisch angelegten Heilkräutersaat kam, geschah es. Ein dröhnendes Geräusch rollte über die Lichtung und ich sah mehrere Lichter, die ihre Köpfe hoben und ihre Tätigkeit unterbrachen. Nick und Zart, die eben noch hinter uns auf einem der Äcker gearbeitet hatten, düsten wie von einer Wespe gestochen an uns vorbei über die Wiese.

Alarmiert hielt ich inne. "Was zum Klonk war das denn?!"

"Herzlichen Glückwunsch, Emma. Von heute an bist du nicht mehr der Frischling. Das ist die Box", erklärte Newt grinsend.

Meine Augen weiteten sich. Dass ein neuer Lichter hochkommen sollte, hatte ich bereits wieder ausgeblendet, obwohl Bratpfanne für heute ausserordentlich viele Zutaten bestellt hatte und auch die Baumeister den ganzen Tag lang wie vom Erdboden verschluckt schienen. Sie hatten wohl das Lagerfeuer vorbereitet.

Was, wenn der Frischling ein weiteres Mädchen war? Ich wäre nicht mehr alleine!

"Lass uns gehen!", bettelte ich und zupfte dringlich am Saum von Newts Ärmel.

Er lachte. "Nicht so ungeduldig."

Wir eilten in Richtung des Aufzugsschachts, über dem sich gerade die solide Metallplatte zu öffnen begann. Eine ordentliche Menge Schaulustiger hatte sich bereits eingefunden und versperrte mir die Sicht. So musste es bei mir damals auch gewesen sein – nicht, dass ich es mitbekommen hätte, ich war schliesslich damit beschäftigt gewesen, im Land der Träume zu verweilen.

"Ich sehe nichts", beklagte ich mich und trippelte auf den Zehenspitzen hin und her, um durch die Köpfe und Schultern etwas erkennen zu können, jedoch vergeblich. Die meisten Jungs überragten mich deutlich, was sich gerade als echter Nachteil entpuppte.

Newt schmunzelte belustigt beim Anblick meiner Bemühungen. "Soll ich dich etwa hochheben oder was?"

"Nein, besten Dank", grummelte ich missmutig und entschied mich für die andere Option. Ich kniete mich hin und spähte durch die Beine der Lichter auf das Loch im Boden, gerade rechtzeitig, um Gally dabei zuzusehen, wie er in die Box sprang.

"Erster Tag, Frischling. Raus aus den Federn", hörte ich den Baumeister sagen, nachdem ein dumpfes Bumm seine Landung signalisiert hatte.

Bitte, lass es ein weiteres Mädchen sein, dachte ich fieberhaft. Dann würde meine Anwesenheit wohl einfach bedeuten, dass die Schöpfer das Labyrinth erst mit Jungen und anschliessend mit Mädchen füllten. Und ich war zufälligerweise das erste davon, eine logische, einfache Schlussfolgerung, die selbst für den grössten Neppdeppen Sinn ergab.

Beyond the Boundaries (Maze Runner Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt