Samstag fahre ich wieder zu ihr. So ein Loser bin ich. Fast erwarte ich, dass sie nicht dort sitzt. Dass sie trotz allem nur eine Halluzination ist, ein Hirngespinst, dass ich sie erträume. Was nicht sein kann, da Nora auch ihr Profil gesehen hat. Wenigstens hätte das eine Erklärung geliefert, wieso ich so besessen von Jo bin. Ist ja nicht mehr gesund.
Apropos.
»Sag mir einfach, dass du krank bist und ich kann mit meinem Leben weiter machen«, beginne ich und habe kaum Luft geholt. »Sag mir, dass du bald sterben wirst und dass unsere Freundschaft deswegen zum Scheitern verurteilt ist. Sag mir einfach, dass du bald tot bist und ich kann endlich aufhören, mich auf ein Gespräch mit dir zu freuen!«
Ups. Letzteres kam viel zu laut heraus. Aber mir reicht es. Ich habe keine Lust mehr, Spielchen zu spielen.
»Du bist erbärmlich«, erklärt sie, doch es klingt belustigt. »Um dich zu beruhigen: Ich bin nicht krank. Nicht krank-krank jedenfalls.«
»Aber krank?«
Was ist das bitte für ein bekloppter Dialog? Wäre ich dieser imaginäre Drehbuchautor würde ich mit einem roten Edding ankommen und alles streichen. Was soll denn das? Fällt zwei (fast) erwachsenen Menschen nicht mehr ein als so ein stupides Gespräch?
Sie nimmt ihre Mütze vom Kopf und zeigt mir ihre Haare. Sie hat tatsächlich Haare. Das sollte mich nicht so sehr überraschen wie es es tut. (An mein zukünftiges Drehbuchautor-Ich: Streich den letzten Satz.) Sie sind kurz, blond und als sie mit den Fingern über ihren Kopf streicht, will ich es ihr gleichtun.
Blöde Teenager-Hormone.
»Ich bin körperlich nicht krank, Elias«, sagt Jo mit einem Lächeln, das nicht schön aussieht. »Die Krankheit ist in meinem Kopf. Sagen zumindest mein Bruder und mein Vater.«
Noch mehr Familienmitglieder. Interessant.
»Möchtest du das ausführen?«
»Vielleicht ein anderes Mal«, sagt sie weiter und macht etwas so unbegreifliches, dass ich es nicht fassen kann.
Denn. Sie. Berührt. Mich. Sie schlingt ihre Hand um mein Handgelenk. Sie zieht mich zu ihr. Zur Bank. Und lehnt ihren Kopf an meine Schulter, während wir die Bäume anstarren. Den Sternlosen Himmel. Während ich aufhöre zu existieren.
»Elias?«
»Hm?«
»Danke dass du hier bist.«
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Everyday at midnight {I look up to the stars}
RomanceSie riecht nach Kaffee, Büchern und Orangen. Sie hat sturmgraue Augen, die an verregnete Tage erinnern. Mit einem kleinen Strahlen darin, das Nacht für Nacht mit den Sternen am Himmel konkurriert. Sie ist seit kurzem immer da. Immer hier. Und nie wo...