»Und wenn?«, frage ich den Octupus also.
Mir fällt kein Grund ein, woher ich ihn kennen soll. Keinen einzigen. Wir gehen auf unterschiedliche Schulen, offensichtlich ist er älter als ich, reicher und ... kleiner.
»Jo hat viel von dir erzählt.«
Jo. Wie in Johanna? Wie in die Johanna, die nachts gerne auf verlassenen Bänken sitzt? Wie in die Johanna, die jetzt seit acht Tagen weg ist und die ich schon irgendwie vermisse, egal wie unmännlich das jetzt auch klingt?
»Mach den Mund zu, Elias«, sagt Luca neben mir. »Sonst fliegen Fliegen rein.«
Er hat coole Sprüche auf den Lippen. Guter Junge.
»Du bist doch dieser Elias?«, hinterfragt Octavius, der mittlerweile von drei weiteren Typen umzingelt ist. Die allesamt nicht so aussehen, als würden sie gerne zum Schachclub gehen.
»Ähm«, sage ich.
»Ja ist er«, springt Luca ein.
»Ähm«, mache ich wieder.
»Woher kennst du seine Geister-Freundin?«
»Ähm«, wiederhole ich mich.
»Geisterfreundin?« Octavius lacht. »Der war witzig, Kleiner.«
Sagte der Kleine.
»Ähm.«
Luca tritt mir auf den Fuß, was ich bitter nötig habe. Mit einem vorgetäuschten Husten wende ich mich kurz ab, um meine Gedanken zu sammeln. Woher zur Hölle kennt Jo diesen reichen Fritzken? Hat sie noch eine geheime Bank? Und noch wichtiger: Wie groß ist bitte die Wahrscheinlichkeit ihn zu treffen? Gerade jetzt?
»Und, in letzter Zeit was von Jo-Jo gehört?«, frage ich nonchalant, nachdem ich mein Husten beendet habe.
Für die Frage muss ich mich selbst loben, tut mir leid. Aber der war super. Nicht zu neugierig, aber auch nicht allwissend. Super Leistung, Elias. Und jetzt hör auf in deinem Kopf mit dir selbst zu reden.
»Wenn du sie weiter Jo-Jo nennst, wirst du das bereuen«, sagt er noch immer lachend und packt endlich sein dummes Poliertuch beiseite. »Wenn sie dir nicht gesagt hat, dass sie weg ist, ist es nicht meine Aufgabe, dir davon zu erzählen.« Er öffnet die Tür seines Wagens und ich kann ihn nur dabei beobachten. »Sie wollte dass du das hier bekommst. Ich habe ihr versprochen, dir das in den Briefkasten zu schmeißen, wenn sie sich an einem verabredeten Zeitpunkt nicht meldet. Scheint so, als wäre dieser Zeitpunkt jetzt gekommen.«
Und dann dreht der Octupus sich einfach um und steigt in seinen Wagen. Und ich halte Johannas Tagebuch in der Hand.
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Everyday at midnight {I look up to the stars}
RomanceSie riecht nach Kaffee, Büchern und Orangen. Sie hat sturmgraue Augen, die an verregnete Tage erinnern. Mit einem kleinen Strahlen darin, das Nacht für Nacht mit den Sternen am Himmel konkurriert. Sie ist seit kurzem immer da. Immer hier. Und nie wo...