14. Kapitel

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" Fabian. Fabian. Werde wach. Es ist nur ein Alptraum. Fabian.", ruft jemand.

Sofort bin ich hell wach.
Ich schaue in Lucys Gesicht. Sie ist etwas blass, doch kann ich ihre Sorge darin sehen. Immer noch halte ich ihre Hand und sie währt sich nicht dagegen.

"Es war alles nur ein Traum? Oh Gott... ich dachte schon. Zum Glück..", murmel ich leise zu mir selbst.

Lucy dreht sich etwas zu mir. Ihr Gesicht verzieht sich zu einer leidenden Schnute.
"Es ist alles gut. Ich habe nur eine leicht geprellte Rippe, mein Kopf dröhnt etwas und komischerweiße schmerzt mein Hals auch.", versucht sie mich zu beruhigen.

Eine Freudenträne läuft mir die Wange runter.

"Nicht weinen, war der Traum wirklich so schlimm?", fragt sie mich.
"Das ist eine Freudenträne.", sage ich ,"Du bist wach und ich habe geträumt das du, das du..."

"Das ich was?", fragt sie.

"Nicht so wichtig.",flüstere ich.

Es klopft an der Tür. Der Typ, der ein soziales Jahr macht, der Lucy so ähnlich sieht, kommt rein.

"Sie?", fragt Lucy überrascht.

Anscheinend kennen sie sich. Nur woher? Waren die beiden mal zusammen? Aber dann würde Lucy doch nicht 'Sie' sagen.

"Ich glaube, wir waren schon beim 'Du'.", meint der Typ," Wie geht's dir Lucy? Hast du irgendwo schmerzen? Brauchst du vielleicht etwas dagegen?"

"Mir geht es gut. Die blauen Flecken tun etwas weh, aber sonst ist alles prima.", weicht Lucy aus.

War ja klar, dass sie ihre Schmerzen nicht zugeben will. So ist sie nun mal. Irgendso ein Weichei, würde rumjammern, dass er so schlimme Schmerzen hat. Lucy hingegen sagt kein Wort.

'Tut mir leid Lucy, ich will nur dein Bestes.',denke ich.

"Ihr geht es gar nicht gut.",fange ich an," sie hat zu mir gesagt, dass sie Rippen-, Kopf- und Halsschmerzen hat. Sie will es nicht zugeben, dass sie was gegen die Schmerzen braucht."

"Das habe ich mir schon gedacht. Die Kopfschmerzen liegen an deine leichte Gehirnerschütterung. Rippenschmerzen, weil dieser eine Geisteskranke darauf geschlagen hat und bei deinem Hals geht es um deinem Kehlkopf. Du kannst vom Glück sagen, dass er dich nicht richtig getroffen hat. Im schlimmsten Falls hättest du ersticken und daran sterben können. Ich gehe mal einem Arzt Bescheid sagen, der gibt dir dann auch Tabletten. Wir sehen uns später noch."
Ohne etwas weiteres zu sagen, geht er.

Zwischen Lucy und mir ist Schweigen. Es ist kein unangenehmes Schweigen, man muss nicht immer etwas sagen.

Lucy guckt verträumt durch die Gegend. Worüber sie wohl nachdenkt?

Ich will zugern wissen, woher die beiden sich kennen.
Warum interessiert es mich?
Ich weiß nicht mal wie wir zueinander stehen. Sind wir überhaupt Freunde?

LUCYS SICHT

Mir geht es nicht gut, gar nicht gut. Ich habe versucht es zu überspielen, doch Fabian muss es natürlich mitbekommen. Ich will kein großes Aufsehen.

An meinen Schmerzen bin ich selbst dran Schuld. Ich bereue es trotzdem nicht. Alex hat es verdient und hoffentlich geht es ihm so schlecht wie mir.

Ich freue mich, dass Fabian hier ist, doch vermisse ich meine Eltern und natürlich Sophia.

Sind meine Eltern sauer auf mich und kommen deswegen nicht? Ich hätte gedacht sie würden da sein, wenn ich aufwache. Da hab ich mich wohl getäuscht. Es war nur ein schlafender Fabian da, der meine Hand hielt. Übrigens immer noch. Dadurch wärmt er mich ein bisschen. Mir ist kalt und wie auch sonst, gebe ich es nicht zu.

Fabian sah so süß aus, als er geschlafen hat. Für einen Moment habe ich alles vergessen und nur ihn betrachtet, doch auf einmal hat er angefangen zu zappeln. Mir war sofort klar, dass er ein Alptraum hat.
Trotzdem hatte ich kurz Panik.

Mich würde mal interessieren was Fabian gemeint hat, nachdem er wach war. Zum Glück was?
Dass er wach geworden ist?
Irgendwann werde ich es bestimmt herausfinden, aber wann?

Nie hätte ich gedacht, dass ich diesen Chris nochmal sehen werde.
Wie es aussieht, stimmt es wenn man sagt, dass man sich immer zwei mal im Leben sieht.

Sophia wird sich freuen, wenn sie mich besuchen kommt. Vielleicht wird aus den beiden etwas.
Doch will ich hier schnell raus. Ich mag keine Krankenhäuser. Keine Ahnung warum, aber wem gefallen Krankenhäuser schon? Außer vielleicht den Ärzten, die hier arbeiten.
Vom Geruch wird mir immer schlecht.

Ich drehe mich auf die Seite, sodass ich Fabian anschauen kann.
Es tut weh in der Rippe. Ich hoffe mal, dass sie nur leicht verstaucht ist, doch wie es sich anfühlt, ist es eher stark geprellt.

Fabian guckt mich besorgt an.

" Es ist alles gut.", versichere ich ihm.

Mir ist klar, dass er es mir nicht abkauft.

" Ja klar und ich bin der Weihnachtsmann.", meint er sarkastisch.

" Aber nur, wenn ich einer deiner Helfer sein kann.", gebe ich zurück.

Fabian muss anfangen zu lachen und ich auch. Ich ignoriere die Schmerzen.

Irgendwann, nachdem wir aufgehört haben zu lachen, klopft es an der Tür und ein Arzt kommt rein. Er sieht wirklich aus wie der Weihnachtsmann. Der Arzt hat einen weißen Bart und auch seine Haare sind weiß. Sein Bauch ist auch so, wie er vom Weihnachtsmann immer beschrieben wird.

Fabian guckt mich an. Ich unterdrücke ein lachen.
Ich würde meine rechte Hand verwetten, dass wir das gleiche denken.

" So Lucy.", sagt der Weihnachtsmannarzt.

Er hört sich auch noch so an.

"Herr Schmidt hat gesagt, dass sie Schmerzen haben. Ich hab Ihnen Schmerzttabletten geholt. Bevor Sie sich wundern, dass Sie nicht in der Kinderstation sind. Die ist momentan überfüllt und da haben wir Sie in ein Einzelzimmer gebracht. Ich hoffe, es ist nicht schlimm für Sie.
So das wärs dann. Nehmen Sie die Tablette und wenn noch etwas sein sollte, drücken Sie auf den Knopf. Ich muss weiter zu den nächsten Patienten."

Der Weihnachtsmann legt eine Tablette, die in einen kleinen Plastik Behälter ist, auf meinen Tisch und geht dann auch schon aus den Zimmer.

"Wenn du der Weihnachtsmann bist, wer war den der Arzt?", frage ich Fabian, der sich vor lachen kugelt.

"Mein Bruder.", verkündet er unter lachen.

Jetzt muss ich auch wieder lachen. Dieser Kerl bringt mich einfach immer zu lachen.
Es fühlt sich so an, als ob wir uns schon Jahre kennen, aber es sind gerade mal ein paar Tage.

Schon jetzt bedeutet er mir etwas. Nicht als Freund, sondern eher als einen Bruder, den ich nie hatte.

Wieder mal kommt der Gedanke, dass ich vielleicht jetzt einen Bruder habe.
Jeder junger Mann oder Junge könnte mein Bruder sein. Es kann sein, dass Chris mein Bruder ist, oder sogar Fabian. Leider könnte es auch Alex sein.

Dieser Weihnachtsmann könnte mein Vater sein und meine Hasslehrerin könnte meine Mutter sein.

Wie soll ich auf der großen, weiten Welt, mit Millionen von Menschen, meine wirkliche Familie finden?

Wie so oft heute schon, klopft es an der Tür. Statt einem Arzt sind es diesmal meine Eltern.
Ich hoffe, dass wir jetzt das Gespräch geführt, was eigentlich nach der Schule dran gewesen wäre.
Ich will Gewissheit haben.

Meine Schmerzen und die Tablette sind schon vergessen, als meine Eltern sich neben mir auf den Stühlen niederlassen.

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