Kapitel 11

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Mit einem leisen Geräusch öffneten sich mehrere Geheimfächer. Ein Schrank fuhr zur Seite und ich erkannte reihenweise an Waffen. Mehrere Scharfschützengewehre, Maschinenpistolen, Schrotflinten und auch einige AKs. In einem der Geheimfächer war Munition ohne Ende. In einem weiteren Magazine für die ganzen Waffen.

Ich schaute mir alles genau an. Ich fand noch mehrere Pistolen, Visiere, fein aufgereihte und auf Hochglanz polierte Wurfmesser und -sterne, sowie einges an Sprengstoffen. C4 und einen Sprengstoffball so groß, wie ein kleiner Golfball, nur in schwarz und ohne Einkerbungen.

Ich entdeckte sogar einen silbernen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen drin. Zwar hatte ich noch nie mit einem Bogen hantiert, aber es gab für alles ein erstes Mal. Und ich nahm mir vor, es in den zwei Wochen ein wenig auszuprobieren.

Ich ging wieder zu dem Schreibtisch und drückte erneut den Knopf. Die Geheimfächer schlossen sich und alles sah wieder so aus, wie vorher.

Wieder unten ging ich auf die Terasse. Ich fand dort eine Liege vor. Genauso wie eine Treppe, die direkt zum Strand führte. Ich striff mir kurzerhand meine Ballerinas von den Füßen und ging Barfuß die Treppen runter. Ich vergrub meine Füße in den kalten Sand. Das war etwas, was ich schon lange nicht mehr gemacht hatte.

Als kleines Kind, als ich noch keine Auftragskillerin war und meine Eltern noch lebten, sind wir regelmäßig zum Meer gefahren. Die Erinnerung ließ mich lächeln. Doch als ich mich wieder an meine Eltern erinnerte verblasste mein Lächeln.

Es war sehr schlimm gewesen. Ich hatte mit sechs Jahren ansehen müssen, wie ein Einbrecher meine Eltern ermordete. Das hatte mein Leben vollkommen verendert. Ab da war ich sehr verschlossen und sprach mit kaum jemanden mehr. Erst als ich mit fünfzehn Jahren die ersten Assassinen Filme gesehen und mich kurzerhand diesem Lebensstil zugewandt hatte, blühte ich wieder auf. Zwar immer noch kalt und unnahbar aber ich redete wieder. Ab dem Tag dachte ich nicht einmal mehr an meine Eltern. Bis jetzt.

Um meine Gedanken zu klären lief ich wieder in das Haus. Jetzt musste eine Ablenkung her. Also fuhr ich den Computer im Arbeitszimmer hoch und schaute mir einige relevante Details über Mr. Moore an.

Nach stundenlanger Recherche lehnte ich mich zurück. Ich hatte jetzt eine genaue Idee, wie ich in die Villa kommen würde. Ein Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus.

Ich verließ das Haus und fuhr mit dem Auto zu einer Wohnung ungefähr eine halbe Stunde von hier.

Es war die Wohnung einer Putzkraft von Mr. Moore. Mittlerweile war es fünf Uhr morgens. Wenn meine Informationen richtig waren, müsste sie jetzt aufstehen, um sich für die Arbeit fertig zu machen.

Also klingelte ich. Kurze Zeit später wurde mir die Tür mit einem Klicken geöffnet. Ich sprintete die paar Stufen in den zweiten Stock und hielt vor einer Frau im mittleren Alter.

„Hallo. Was wollen sie?”, grüßte sie mich mit argwöhnischem Blick. „Könnte ich kurz reinkommen? Es ist wichtig!” Sie trat beiseite und gewährte mir den Eintritt. Das ging sehr einfach.

„Wollen sie eine Tasse Kaffee?”, fragte sie höflich. „Nein, danke. Ich bin aus einem ganz anderen Grund hier. Mr. Moore schickt mich. Er hat den zweiwöchigen Urlaub, den sie haben möchten bewilligt und ich sollte nun für sie einspringen. Er hatte gemeint, da wir die gleiche Kleidergröße haben, soll ich mir ihre Kleidung borgen.” Ich hoffte, dass sie mir die Lüge abkaufen würde. Schließlich sagte sie zögernd: „Ich finde das schön und gut. Aber letzte Woche hieß es doch noch, ich könne mir keinen Urlaub nehmen. Woher den jetzt der plötzliche Sinneswandel?” „Letzte Woche hatte Mr. Moore auch noch keine Vertretung. Durch mich hat er eine kompetente Vertetung gefunden, die ihre Arbeit gewissenhaft erledigen wird.”

Nach einigen Sekunden nickte sie. Sie lief in ein kleines Nebenzimmer und kam mit ihrer Kleidung hinaus. „Passen sie gut auf sich auf. Mr. Moore ist nicht gerade nett zu seinen Angestellten. Ganz besonders nicht, wenn es sich um Ausländer handelt”, gab sie mir mit leichter Besorgnis in der Stimme mit. Sie reichte mir die Kleidung und ich verabschiedete mich von ihr mit einer Umarmung.

Dabei fischte ich mir ihre Zugangskarte aus ihrer Hosentasche. Ich trat aus ihrer Wohnung und hielt die Karte umd die Kleidung in meinen Händen. Sie hatte nichts gemerkt. Da hatte ich noch einmal richtig Glück gehabt.

Eine Stunde später stand ich umgezogen mit der Zugangskarte bewaffnet vor dem Personaleingang der Villa. Ich steckte die Karte in eine dafür vorgesehene Halterung und mit einem Klicken öffnete sich die Tür.

Ich ging in einen kleinen Raum und holte mir einen Staubwedel. Damit machte ich mich auf den Weg durch die riesige Villa und schaute mich unauffällig um, während ich so tat, als würde ich hier putzen.

So ungefähr um 8 Uhr stand Mr. Moore auf. Ich hörte, wie er rumbrüllte. Ein Koch kam zu mir und drückte mir ein Tablett in die Hand. Ohne ein Wort verschwand er wieder. Na toll.

Mit gesenktem Kopf trat ich in das Zimmer, in dem Mr. Moore war. Er saß im Bett und hatte die Decke schon zurückgeschlagen. Das war wirklich kein angenehmer Anblick. Ein Mann um die sechzig, mit dickem Bierbauch, saß nackt bis auf eine Boxershort auf seinem Bett. Ich musste mich sehr konzentrieren, mich nicht bei dem Anblick zu übergeben.

Als er mich eintreten sah, fing er schon an loszuschreien. „Wird ja auch mal Zeit, du Nichtsnutz! Das nächste Mal möchte ich mein Frühstück schon hier haben, wenn ich aufwache! Verstanden?” Mit einem Nicken trat ich zügig an sein Bett und reichte ihm das Tablett.

„Darf ich gehen, Sir?” Mit einer Handbewegung entließ er mich, während er sich auf sein Essen stürzte. Schleunigst verließ ich den Raum.

Einige Stunden später hatte er ein wichtiges Gespräch mit einem Politiker. Ich nahm mir ein paar Desserts von einem Tisch und legte diese auf ein Tablett. Damit ging ich zu dem Raum und betrat diesen.

Erst bemerkte mich keiner, sodass ich ein Gesprächsfetzen aufschnappen konnte. „Ich sehe es genauso. Versuchen sie es in die Wege zu leiten. Das muss funktionieren. Um jeden Preis.”

Mr. Moore erblickte mich mit den Essenshäppchen und winkte mich zu sich. Schweigend trat ich zu den beiden Männern, die sich etwas vom Tablett nahmen. Mit einem kurzen höflichen Nicken verließ ich den Raum. Ich war nicht mehr länger erwünscht. Wäre ich länger geblieben, wäre ich aufgeflogen. Und das darf ich nicht riskieren.

Killerin - Lieben verboten?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt