"Frühstück!" höre ich meine Mutter aus der Küche rufen. Ich werfe einen letzen Blick in den Spiegel, betrachte die orangenen Blumen auf dem cremefarbenen Untergrund meines Lieblingskleides und streiche durch meine langen braunen Haare, bevor ich aus meinem Zimmer in die Küche gehe.
"Du siehst wunderschön aus."
Meine Mutter lächelt mich an, als stände ihre sechsjährige Tochter bei ihrer Einschulung vor ihr "Nervös?".
Ich setzte mich ihr gegenüber an den Tisch und beginne mit dem Löffel die Früchte in dem Joghurt herum zuschieben.
"Ein bisschen"
Ich blicke zu ihr auf und bekomme ein aufmunterndes Grinsen von ihr.
"Du machst das schon. Du lernst bestimmt viele neue und nette Menschen kennen. So eine neue Schule bietet auch immer neue Möglichkeiten."
Ich nicke stumm und beginne zu essen.
"Heute Nachmittag packst du bitte deine restlichen Sachen aus. Ich will die Umzugkartons endlich wegräumen."
Sie steht auf und beginnt den Tisch abzuräumen.
"Danach können wir uns auch nach einer neuen Tanzschule für dich umsehen."
Ich gehe mit meiner Schüssel zu ihr und stell es zu dem restlichen Geschirr.
"Und von was willst du die bezahlen?"
"Ich weiß es ist nicht einfach, aber wir bekommen das alles hin, okay? Ich werde einen Job finden und dann können wir uns wieder ein paar Sachen gönnen. Vielleicht sogar eine 3-Zimmer Wohnung mit einem Wohnzimmer."
"Schon okay. Ich kann auch erstmal in irgendeinem Park alleine tanzen."
Sie umarmt mich kurz "Danke Feli."
Ich grinse kurz "Ich muss los. Ich will nicht am ersten Tag zu spät kommen."
"Oh ja natürlich. Lass das stehen, ich spül nachher ab"
Ich gehe wieder in mein Zimmer, schnappe mir meine Tasche und ziehe meine braunen Ballerinas an.
"Also bis dann"
Den Abschiedsgruß meiner Mutter höre ich schon nicht mehr, da bereits meine Kopfhörer meine Ohren mit José González beschallen.
In der U-Bahn mustere ich die anderen Fahrgäste. Berlin. In so einer großen Stadt fühlt man sich schnell verloren. Besonders wenn man gerade erst ein paar Wochen hier wohnt, wie ich. Vor jedem Halt ziehe ich einen Kopfhörer aus dem Ohr, um die Lautsprecheransage zu hören. Meine Haltestelle möchte ich nun wirklich nicht verpassen.
Nach drei Stationen muss ich aussteigen. Ich laufe die Treppe, die aus dieser stickigen U-Bahn Station führt hinauf und atme erstmal tief durch um mich selbst zu beruhigen. Ich bin schon bei Menschen, die ich gut kenne schüchtern und unsicher, da werde ich auf einer neuen Schule in einer fremden Stadt erstrecht schlecht Anschluss finden.
Ich laufe die Straße entlang bis zur Schule und erblicke ein riesen Gedränge vor einer Scheibe neben dem Haupteingang. Dort müssen wohl die Klassenlisten aushängen. Es ist zum Glück Schuljahresbeginn und ich komme nicht auch noch mitten im Jahr auf die neue Schule. Ich stelle mich hinter die anderen und versuche vergeblich durch Lücken zwischen den Köpfen etwas auf den Blättern zu erkennen, die an der Innenseite der Scheibe hängen.
Neugierig aber nicht zu auffällig sehe ich mich um und versuche die anderen Schüler auf dem Hof zu mustern. An einem Mädchen bleibt mein Blick hängen. Warum? Weil sie keine Hose trägt. Ihre Beine werden lediglich von einer Netzstrumpfhose bedeckt und ihr T-Shirt reicht gerade so über ihren Hintern. Auch wenn mich dieser Aufzug wahnsinnig schockiert, fällt mir sofort auf, wie wunderschön sie ist. Nicht diese perfekte Schönheit. Sie ist blass, sehr schlank und hat ganz leichte Sommersprossen auf der Nase. Sie steht am Rand des Pausenhofs zusammen mit einem anderen Mädchen und drei Jungs. Alle bis auf das andere Mädchen haben eine Zigarette zwischen den Fingern. Plötzlich fixieren mich ihre stark mit schwarzem Kajal umrandeten, eisblauen Augen und unsere Blicke treffen sich. Sie pustet Rauch aus ihrem Mund und zieht einen Mundwinkel zu einem leichten Grinsen. Ihr Blick ist einschüchternd und unangenehm. Dennoch kann ich ihrem Blick erst nach einigen Sekunden ausweichen und schaue zu Boden.
Erschrocken weiche ich zur Seite als jemand gegen meine Schulter rempelt. Ein großer, sehr dünner Junge taucht in meinem Blickfeld auf. Während er weiter geht, blickt er sich zu mir um. Seine braunen Augen, von denen eins mit einem Bluterguss umrandet ist, mustern mich flüchtig bevor er mich anschnauzt.
"Pass halt auf."
Er wendet sich wieder ab und gesellt sich zu der Gruppe mit dem, nennen wir es auffällig gekleidetem Mädchen.
DU LIEST GERADE
Glückskämpfer
RomanceAls sich Felicitas' Mutter von ihrem Freund trennt, ziehen sie nach Berlin. In einen sozial schwachen Bezirk. Eine komplett neue Welt für die 15-Jährige, die bisher das Luxusleben gewohnt war. Schnell findet sie neue Freunde und wird in eine Clique...