Glückskämpfer

Joe

Ich klappere die üblichen Stellen ab, doch vergebens. Zu Hause hält mir meine Mutter einen Vortrag darüber, dass ich mich nicht den ganzen Tag irgendwo herumtreiben und die Schule nicht so vernachlässigen soll und schickt mich Hausaufgaben machen. Eine ganze Stunde sitze ich vor meinem aufgeschlagenen Buch und starre auf das Wort „Ignoranz" an dem ich beim Lesen des Textes hängengeblieben bin. Ignoranz kann vieles bewirken. So kann die Ignoranz eines Arztes, der innerhalb einer Woche dreimal den selben Jungen wegen eines angeblichen Treppensturzes behandelt, dazu führen, dass dieser Junge die Schläge einfach weiter ertragen muss. Oder die Ignoranz einer Mutter, dessen Mann sich nachts in das Zimmer der eigenen Tochter schleicht, führt dazu, dass dieses Mädchen später ihren Körper verkauft, weil es denkt Dieser wäre zu nichts Anderem zu gebrauchen. Die Ignoranz eines Vaters gegenüber der Gefühle seines Sohnes kann Diesen in abgrundtiefem Selbsthass versinken lassen.
Ich schlage das Buch zu und verkrieche mich in mein Bett. Doch ich bekomme kein Auge zu. Die ganze Nacht versuche ich immer wieder vergeblich Kai zu erreichen.

In die Schule kommt er natürlich auch nicht, doch Liz ist mal wieder da. Sie und Feli scheinen sich inzwischen gut zu verstehen. Nach der Schule fange ich Feli draußen ab. „Hast du was von Kai gehört?"
Sie schüttelt den Kopf.
„Bist du denn noch sauer auf ihn?"
„Ich weiß nicht ob ich je sauer war. Ich denke eher traurig. Ich mag ihn weißt du." Sie sieht geknickt aus.
„Er mag dich auch. Ich denke sogar mehr als das."
„Wirklich?", zweifelt sie, aber ihre Augen funkeln dennoch vor Freude.
Ich nicke. „Kannst du ihn vielleicht mal anrufen? Bei mir geht er nicht ran und ich denke bei dir schon."
Sie überlegt eine Weile, zückt dann aber ihr Handy.