Ich bin entsetzt. Fassungslos. Was sollte das? Bei diesem etwas unsicheren Blick zur Seite, fand ich ihn wirklich für einen Moment süß. Wie seine zerzausten Haare oben an der Stirn unter der Cap herauslugten und dazu dieser Ausdruck in seinen Augen. Als hätte ich ihn mit meiner Frage, wieso ihn das interessiere, ertappt. Bei Etwas, das er selbst nicht versteht. Und der Kuss. Verdammt Felicitas, sei nicht so dumm. Er ist ein Arsch und das hat er mit seiner letzten Aussage wieder eindeutig bewiesen. Aber wieso überhaupt dieses ganze Schauspiel? Wir? Ein Paar? Niemals. Ich sollte nicht einmal das Wort "Wir" in diesem Zusammenhang benutzen. Er und ich? Das ist Idiotisch. Ich verabscheue ihn und er... Ja was denkt er über mich? Der Kuss hat sich nicht nach Abscheu angefühlt. Auch auf meiner Seite nicht. Mag ich ihn? Nein. Ich finde ihn interessant. Diese kurzen Ausdrücke in seinem Gesicht. Die nur wie ein Schatten über es hinwegziehen, man aber, wenn man sie beobachtet, das Gefühl hat in sein gut beschütztes Inneres sehen zu können. Dass er so grob zu Allen ist, jedoch seiner kleinen Schwester gegenüber so sanft sein kann. Er ist faszinierend. Und ich denke jetzt verstehe ich, was Liz meinte, als sie sagte, dass ich ihn nicht kenne. Bei ihm scheint mehr dahinter zu stecken, als auf den ersten Blick zu erkennen. Ich klappere noch ein bisschen die Geschäfte ab, bevor ich nach Hause gehe. Um erstens, nicht zu früh aufzutauchen und zweitens, den Kopf etwas frei zu bekommen.
Meine Mutter sitzt in der Küche vor ihrem Laptop.
"Was machst du?"
"Ich suche nach Jobs."
Ich setze mich zu ihr "Ah. Zeig mal"
Sie klappt den Laptop zu. "Nein. Das ist jetzt unwichtig. Erzähl mir von Kai!" Sie sieht richtig begeistert und aufgeregt aus.
"Mum, wir sind nicht zusammen."
"Was? Das sah vorhin aber ganz anders aus." Ihr ist die Enttäuschung direkt ins Gesicht geschrieben.
"Ja. Kai hat mich da in eine missliche Lage gebracht. Aber ich möchte gar nicht mit ihm zusammen sein."
"Aber wieso denn nicht? Er scheint doch recht nett zu sein. Und gut aussehen tut er auch." Sie grinst mich auffordernd an. Als würde sie erwarten, dass ich jetzt aufspringe, zu ihm renne und sich eine kitschige Liebesszene abspielt. Aber genau das ist das Problem. Ich will so etwas. Kitschige Romantik. Und ich weiß genau, dass sowas nicht zu einem Jungen wie Kai passt. Außerdem vögelt er ja anscheinend nur wild rum. Aber wieso dann diese Kino Einladung vorhin? Wahrscheinlich war das wieder nur ein Scherz. Hätte ich sie angenommen, hätte er mich ausgelacht und gesagt, wie naiv ich doch wär.
"Er passt einfach nicht zu mir. Er ist...ich weiß auch nicht. Vergiss das mit ihm."
"Wenn du das sagst, Schatz. Aber schade ist es trotzdem."
Ich lasse das so im Raum stehen und verziehe mich in mein Zimmer.
Sunny hat geantwortet: "Hey Süße, klar komme ich mal vorbei. Wie sieht es dieses Wochenende bei dir aus? Könnte Freitag nach der Schule los"
Ich vermisse sie und antworte ihr gleich, dass das bei mir passt.Den Rest des Wochenendes verbringe ich allein oder mit meiner Mutter. Ich hab auch ehrlich gesagt erstmal genug von dem Drama in der Clique. Es reicht schon, wenn ich mich wahrscheinlich am Montag wieder damit beschäftigen muss.
Und so kam es auch. Kaum betrete ich den Klassenraum, ernte ich einen bösen Blick von Liz, die sich eine Reihe nach hinten zu den Jungs, auf Kais Platz, gesetzt hat. Casper und Joe beachten mich gar nicht und Max lächelt mir natürlich wie immer freundlich zu. Ich setze mich auf meinen Platz, neben Hannah.
Der Unterricht beginnt. Kai scheint wohl auch heute nicht in die Schule zu kommen.
Nach dem Unterricht strömen die Schüler aus denn Gebäuden. Am Ende des Schulhofes erspähe ich Kai. Er sieht schrecklich aus. Seine Lippe ist angeschwollen und aufgeschlagen und an der Schläfe klebt ebenfalls getrocknetes Blut. Aus seiner Nase scheinen sich einige Blutströme ihren Weg auf sein weißes T-Shirt gebahnt zu haben. Außerdem trägt er einen Rucksack auf dem Rücken. Wer hat ihn nur so zugerichtet?
Joe und Casper wechseln ein paar Worte mit ihm, bevor Joe ihm aufmunternd auf die Schulter klopft und Kai wieder abzieht.Ich bekomme ihn den Rest der Woche nicht zu Gesicht und auch Liz kommt nicht regelmäßig in die Schule.
Am Freitag Nachmittag hole ich Sunny vom Bahnhof ab. Sie umarmt mich herzlich, als sie am Bahnsteig bei mir angelangt ist.
"Na du Großstadtkind, wie geht's dir?"
"Bestens. Und dir?"
"Auch. Bin schon gespannt, was du mir alles zeigst."
Ich kichere ein bisschen "Naja so viel habe ich selbst noch nicht gesehen. Aber ich werde mir Mühe geben."Wir bringen erst einmal Sunnys Gepäck zu mir nach Hause und nach einem kurzen Smalltalk mit meiner Mutter, spazieren wir durch die Stadt.
Am Abend kommt Hannah zu Besuch. Sie und Sunny verstehen sich auf Anhieb gut. Das freut mich, da ich denke in Hannah eine neue Freundin gefunden zu haben. Sie kann Sunny auch etwas mehr über Berlin erzählen und schlägt ein paar Orte vor, die wir besuchen sollten. Ich fühle mich hier immer noch wie ein Tourist.
Am Samstag halten wir uns an Hannahs Ratschläge und verbringen einen tollen Tag zusammen. Abends machen wir uns dann für den Club fertig. Sunny geht, im Gegensatz zu mir, sehr gerne auf Partys und in Clubs, weshalb ich ihr dieses Vergnügen in der großen Hauptstadt nicht nehmen möchte.
Vor dem Einlass treffen wir uns mit Hannah. Mit ihr können wir auch wieder an der Warteschlange vorbei und direkt in den Club gehen. Ich erkenne sogar im dunklen Clublicht die Begeisterung in Sunnys Augen. Sie klatscht freudig in die Hände "Ich hole mir was zu trinken." Und verschwindet in der Menschenmenge. Nach einer Weile entdecke ich sie wieder. Sie steht an der Bar. Mit Kai?! Und sie unterhalten sich. Ich gebe Hannah, die sich ein paar Meter entfernt mit einer Freundin unterhält, ein Zeichen und kämpfe mich durch das Gedränge. An der Bar angekommen tippe ich Sunny auf die Schulter.-----------------------------------------
Sorry, dass so lange nichts kam. Ich war über die Feiertage bei meiner Mutter und da findet man schlecht Zeit. Hoffe aber das Kapitel gefällt euch :)
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Glückskämpfer
RomanceAls sich Felicitas' Mutter von ihrem Freund trennt, ziehen sie nach Berlin. In einen sozial schwachen Bezirk. Eine komplett neue Welt für die 15-Jährige, die bisher das Luxusleben gewohnt war. Schnell findet sie neue Freunde und wird in eine Clique...