Liz

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Die Beiden sehen fertig aus. Von Kai bin ich das gewohnt. Er hat gute und schlechte Phasen. Aber Feli...
„Wie geht es dir?", unterbricht sie meine Gedanken.
„Bestens. Und dir?"
„Du siehst auch gut aus. Hast du etwas zugenommen? Versteh das nicht falsch. Du warst ja eher zu dünn davor, von daher ist das gut.", ignoriert sie meine Frage.
„Ja, das kann sein. Du hast hingegen abgenommen."
„Ich war aber nicht zu dünn. Ich bin immer noch dicker als du vorher warst." sie blickt an sich runter.
„Du hattest eine tolle Figur, Feli."
„Könnt ihr mal mit dem dummen Gequatsche aufhören? Das hält ja keiner aus.", zischt Kai dazwischen.
„Ist da jemand schlecht drauf?", trieze ich ihn. Feli hingegen versucht ihn zu beruhigen: „Leg dich doch ein bisschen hin."
„Du checkst es nicht oder? Schlafen hilft nicht. Ich brauch einen verfickten Schuss, okay? Scheiße, wir brauchen Kohle. Toni?"
Toni schüttelt den Kopf.
„Fuck!" Kai schlägt gegen die Wand und lehnt sich danach mit dem Kopf an. Feli versucht wieder ihn zu beruhigen. „Uns fällt etwas ein." Sie legt ihre Hände auf seine Schultern und schmiegt ihren Kopf an seinen Nacken. Doch Kai dreht sich ruckartig um und schubst sie somit grob zur Seite. „Uns? ICH besorge immer das Geld. Du machst nichts. Du bist nur eine Last. Ständig muss ich dir Essen besorgen und so eine Scheiße. Dann lass dir doch mal etwas einfallen verdammt!", brüllt er.
Feli sitzt mit gesenktem Blick, zusammengekauert auf dem Boden während ihr Tränen über die Wangen laufen. Kai knallt gerade die Wohnungstüre zu, als ich mich zu ihr setze und sie umarme.
„Er hat recht. Immer besorgt er das Geld."
„Aber das Geld gibt er für Drogen aus. Das ist seine Sache."
Sie sieht mich mit glasigen Augen an „Liz, ich will mit dir mitkommen. Geld verdienen."
Wer hat ihr das erzählt? Die Frage scheint mir ins Gesicht geschrieben zu stehen. „Ja ich weiß es. Von Kai. Bitte, Liz. Wir brauchen dringend Geld."
„Nein. Du wirst das nicht machen."
Sie steht auf. „Wenn du mich nicht mitnimmst, gehe ich eben alleine."
Auch ich erhebe mich. „Kai wird das auch nicht gutheißen. Ihn stört es schon bei mir und du bist seine Freundin. Da wird er es erstrecht nicht wollen."
„Wenn ich Geld beschaffe wird er schon nicht sauer." sie zieht ihre Jacke an und möchte die Wohnung verlassen, doch ich halte sie am Arm fest. „Warte. Na gut. Ich komme mit."
So kann ich wenigstens dafür sorgen, dass sie einen Freier bekommt, den ich kenne und bei dem ich keine Angst haben muss, dass er ihr etwas antut.

Wir stehen schon eine Weile am Straßenrand, als Feli das schweigen bricht. „Kai hat gesagt, dein Vater zwingt dich dazu. Du bist doch weg von ihm, wieso tust du es trotzdem noch?"
„Früher hat er mich gezwungen. Er hat mich gezwungen damit anzufangen. Aber inzwischen ist es für mich nunmal die einfachste Art, schnell an Geld zu kommen."
„Was hatte dein Vater davon?" sie sieht mich dabei nicht an. Ihr scheint es unangenehmer zu sein darüber zu reden, als mir selbst.
„Das Geld. Ich musste es ihm geben."
Nun sieht sie mir in die Augen. „Liz, ich möchte dich etwas fragen. Und ich möchte, dass du ehrlich antwortest."
Jetzt bin ich diejenige die nervös den Blick senkt.
„Ist mein Vater einer deiner Kunden?"
Ich zögere einen Moment doch nicke dann.
Wieder schweigen wir. Ich weiß nicht, ob ich mich entschuldigen soll. Doch wofür? Als ihr Vater zu mir kam, kannte ich Feli noch nicht einmal. Ich hätte es ihr vielleicht früher sagen sollen.

GlückskämpferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt