Kai II

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Am Morgen rüttelt mich Leon aus dem Schlaf. „Mom hat gesagt du sollst aufstehen. Schule."
Ich stöhne genervt aber raffe mich auf. Das Bad ist wie immer besetzt, also gehe ich zuerst in die Küche. Meine Mutter ist schon am aufbrechen. Ihre Schicht beginnt immer sehr früh.
„Schön dass du wach bist. Geh bitte zur Schule, ja? Ich hab extra mit deinem Rektor telefoniert, dass du noch eine Chance bekommst."
Ich nicke vorauf sie mir ein Lächeln schenkt und die Wohnung verlässt. Ich trinke ein Glas Milch während Mila in ihren Cornflakes rührt.
„Du weißt, dass die zum essen da sind?", ziehe ich sie auf.
Ich Ernte einen genervten Blick.
„Was ist los?"
Sie lässt den Löffel in die Schüssel fallen. „Leonie hat vor dem Sport beim umziehen gesagt, ich sollte nicht so viel fressen, weil ich so fette Oberschenkel habe."
„Du bist schlank. Unsere ganze Familie ist schlank. Das sind die Gene. Lass dir von so einer Zicke nichts erzählen."
„Die Gene sind wohl an mir vorbei gegangen."
„Schwachsinn. Mila, du bist 11. Dein Körper wird sich noch enorm verändern und definieren. Du bekommst weibliche Rundungen, das ist normal. Deine Hüfte wird breiter und deshalb auch deine Oberschenkel."
Ich lege meine Hand auf ihre Schulter. „Diese Leonie wird wahrscheinlich nie geile Brüste oder einen geilen Arsch bekommen, wenn sie so ein Strich in der Landschaft ist. Irgendwann wird sie neidisch sein."
Ein leichtes Grinsen macht sich in ihrem Gesicht breit und sie setzt ihr Frühstück fort.
Als Nele endlich das Badezimmer verlässt, hüpfe ich schnell unter die Dusche und putze meine Zähne. Dann schlüpfe ich in irgend eine Jeans, ein T-Shirt und einen Hoodie und verlasse die Wohnung.

Zusammen mit den Jungs mache ich mich auf den Weg zur Schule.
„Was machst du wegen Feli?", hackt Joe nach.
„Was soll mit Feli sein?" Max ist die Verwunderung ins Gewicht geschrieben.
„Kai hatte was mit ihr am laufen, aber dann hat er Scheiße gebaut.", erklärt Joe.
„Mal wieder."
„Danke für den letzten Kommentar, Casper."
Max sieht wütend zu mir. „Dein fucking Ernst? Du musst dir auch jede klar machen oder? Sie benutzen und dann wegwerfen."
„Hey, erstens, hab ich nicht mit ihr geschlafen, und zweitens, ich hab sie nicht weggeworfen. Ich hab mit einer anderen geschlafen, aber wir waren ja nie zusammen."
„Trotzdem hast du sie damit verletzt.", wirft Joe ein.
„Scheiß drauf. Max, wenn du sie unbedingt haben willst, schnapp sie dir."
Er winkt ab. „Vergiss es. Ich will deine Hinterlassenschaften nicht."
„Sie würde dich sowieso nicht ran lassen. Hast es ja oft genug versucht, während sie schon mir hinterher geschmachtet hat."
Max packt mich am Kragen. „Halt deine Fresse."
Ich grinse. „Armer Max, keine will ihn. Weder Liz, noch Feli. Hast du es nicht sogar mal bei Hannah versucht und sie hat dich abblitzen lassen?"
„Jungs, hört auf.", versucht Joe das Schlimmste zu verhindern.
„Ja Kai, du darfst alle ficken. Aber danach verlierst du sie. Entweder du stößt sie weg oder sie dich. Weil du nicht lieben kannst. Und niemand kann dich lieben. Nicht mal deine Eltern."
Ich starre eine Weile in sein schelmisch grinsendes Gesicht, bevor ich mit meiner Faust darauf einschlage. Immer wieder. Meine Handknöchel brennen und ich höre dumpf Joes Stimme: „Hör auf! Kai! Stop!" Er zerrt an mir und schafft es schließlich, mich von ihm weg zu ziehen. Er schubst mich einige Meter weg, während Casper sich über Max beugt.
„Was ist los mit dir?!", brüllt Joe schon fast.
Ich starre auf den am Boden liegenden Max. Mein Herz rast. Es fühlt sich an, als würde pures Adrenalin durch meine Adern fließen. Joe legt seine Hände auf meine Schultern. „Beruhig dich erstmal. Atme langsamer."
Ich löse meinen Blick von Max und versuche meine Atmung zu kontrollieren. Meine Muskeln entspannen sich und ich blicke in Joes besorgtes Gesicht.
„Er hat Recht."
„Hat er nicht. Er war wütend und hat nicht nachgedacht, dass müsstest du doch gerade verstehen."
Ich schüttle den Kopf. Er hat Recht.
„Kai sieh mich an. Ich liebe dich. Casper liebt dich. Liz liebt dich. Deine Mutter, Geschwister und auch dein Vater lieben dich."
Das ist nicht wahr. Ich steife seine Hände ab und gehe.

Nachdem ich stundenlang ziellos durch die Straßen gelaufen bin, zücke ich mein Handy.

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Ich hab in Teil 9, einem alten Kai Kapitel, eine kleine Übersicht zu Kais Familie ergänzt. Es werden zwar nur wenige eine größere Rolle spielen, aber ich dachte mir, es wäre für das Verständnis etwas besser.

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