CINQUE

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Nach einer Woche, in der ich jedes Mal die Zeitung nach Mafia-Artikel durchsucht hatte und nichts mehr gefunden hatte, mich mit Cordelia und Gabriele so gut wie jeden Tag getroffen hatte, war es soweit. Nervös checkte ich mein Gepäck nochmals, sah mir meine Kleiderauswahl an und stopfte vorsichtshalber noch ein zusätzliches Kleid hinein. Man konnte ja nie wissen.

Heute war es schon am Vormittag stickig heiss, meine Klamotten klebten mir auf der Haut.

Meine Nonni hatten gar nicht so einen Aufstand gemacht, wie ich erwartet hatte. Hier war eben alles ein bisschen relaxter.

Leider konnte ich mir diese Lässigkeit nicht an aneignen, denn ich hatte doch ziemlich Schiss. Zwei Tage mit dem verrückten Huhn Cordelia auf einer winzigen, sizilianischen Insel. Ich hatte keine Ahnung auf was ich mich da einliess.

Mit klebrigen Händen band ich mir meine Haare hoch. In dieser unsäglichen Hitze waren sie nicht zu ertragen. Ich würde sie erst wieder befreien, wenn ich im, hoffentlich kühlenden, Fahrtwind auf dem Schiff stand.

Nach zwei viel zu innigen Umarmungen von meinen Nonni in dieser Hitze, konnte ich aus der Wohnung.

Ich stellte mich und meine Reisetasche in den Schatten eines Baumes auf den Parkplatz und wartete dort nervös auf Gabriele. Cordelia wollte nicht, dass ich nur die geringste Chance hatte sie alleine zu ihrer Tante fahren zu lassen,

Mit ein wenig Verspätung kam er auch endlich mit seinem Bike angerattert. Aufgeregt nahm ich meine Tasche und lief zu ihm hin. „Hallo", begrüsste ich ihn. „Boungiorno. Du musst mehr Italienisch sprechen, auch mit mir! Sonst wirst du nie anständig reden können ",rügte er mich. Ich schaute ihn genervt an, schulterte meine Tasche und stieg zu ihm hinten auf. Mittlerweile hatte ich schon Übung darin und schaffte es beinahe elegant. Ich nahm seinen Helm und schlang beide Arme um ihn.

Während der Fahrt schwiegen wir und genoss einfach nur den wunderbar kühlenden Wind auf meiner Haut.

Der Hafen war nur für kleine Fähren und Fischerboote ausgelegt. Gabriele parkte etwas abseits und zusammen schlenderten wird über die Hafenpromenade.

In der Nähe eines Billettstandes entdeckte ich Cordelia. Ihre blonde Löwenmähne war nicht leicht zu übersehen. „Ah dort ist sie! Vielen Dank fürs bringen, Gabriele", dankte ich ihm zum Abschied und überraschenderweise drückte er mir noch ein Küsschen auf die Wange. Verblüfft starrte ich ihn an, doch er grinste nur. „Viel Spass!" Dann ging er davon. Immer noch ein wenig irritiert lief ich zu Cordelia, die uns beobachtet hatte. „Was war das denn?" Wissend lächelnd sah sie mich an und meinte bloss: „Das macht man unter Freunden so." «Was willst du damit sagen? », hakte ich misstrauisch nach. «Ach nichts», erwiderte sie mit andauernden wissenden Lächeln.

Ich war vollends verwirrt.

Als das Schiff anlegte, zerrte mich Cordelia zielstrebig durch das Bootsinnere bis auf den Bug wieder hinaus und schmiss im Vorbeigehen unsere Taschen einfach auf eine Bank. Angst, dass sie gestohlen werden konnten, hatte sie wohl keine. „Es wird bald unerträglich heiss werden. Drinnen wirst du sterben", erklärte sie mir.

Ich war noch nie mit einem Boot aufs Meer gefahren, deswegen wollte ich den Moment festhalten und zuhause vielleicht ein bisschen damit angeben, Die Aussicht auf den Hafen war zwar nicht so toll, aber das würde sich hoffentlich ändern, sobald wir rausfuhren!

„Halt mir einfach einen Platz frei, ich möchte mein Handy holen um ein paar Fotos zu machen", entgegnete ich schlicht. Und so schlüpfte ich zurück nach drinnen, wo es jetzt wirklich schon stickig war. Es war jetzt schon rammelvoll und alle versperrte sich gegenseitig den Weg, weil sie ihren Platz herrichteten. Ich drückte mich langsam durch das Gedränge und versuchte mich zu erinnern wohin unsere Taschen geflogen sind. Wenn sie noch da waren! Man schätzte es ier nicht so, wenn man sich mit den eigenen Sachen den besten Platz reservierte und dann einfach wegging. Vielleicht hatte man unsere Taschen einfach auf den Boden geworfen! Ängstlich durchsuchte ich die noch leeren Bänke auf der Suche nach unseren Sachen.

Ein Sommer in der HeimatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt