DICIOTTO (x)

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Gut gelaunt setzte ich mich wieder an den Tisch draussen. Dieser Fauxpass konnte mir noch sehr nützlich werden. Drinnen rückten die Putzleute an und schmissen die Becher und leeren Flaschen weg. „Was grinst du so selbstgefällig?", fragte Viola misstrauisch. „Sind sie immer so widerspenstig zusammen wenn sie nüchtern sind?", fiel Fabio uns ins Wort. „Keine Ahnung", gab Cordelia zur Antwort. „Was keine Ahnung? Bist du nicht viel mit ihnen unterwegs?" „Naja. Sie kennen sich eigentlich erst sei-" „Wir sind nur so wenn wir einen Kater haben, nicht wahr?", unterbrach ich sie und sah lächelnd zu Viola. Eifrig nickte sie und sah bangend zu Cordelia. Die runzelte die Stirn sagte aber nichts. „Nun, gestern ging auch ziemlich was ab", erwiderte Leonardo und schwenkte in Gedanken seinen Kaffee. Ich nahm mir ebenfalls eine Tasse vom Tisch und schenkte mir ein. Um den Kopf frei zu bekommen trank ich schnell einen Schluck und verzog gleich darauf das Gesicht. Der Kaffee war nur noch lauwarm und bitter. Ich lehnte mich im Stuhl zurück und betrachtete die anderen. Viola hatte sich ebenfalls zurückgelehnt und pustete in ihren Tee. Cordelia spielte mit ihrem Rührei und Fabio und Leonardo unterhielten sich über irgendwas. Ich hörte nicht hin. „Seid ihr morgen auch wieder zurück?", fragte ich die Mädchen. „Ja, länger hier in der Pampa würde ich es echt nicht aushalten", antwortete Cordelia und blies sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Und habt ihr was vor?" Misstrauisch sah Cordelia mich an. „Was interessiert dich denn das? Hast du denn schon Sehnsucht nach uns?" Ich ignorierte ihren Einwurf und blickte zu Viola. Unsicher erwiderte sie meinen Blick. „Nein, nicht dass ich wüsste" Cordelia schnaubte und ich lehnte mich beruhigt zurück. Ich würde sie einfach ein bischen wieder Diva spielen lassen und alles würde in Butter sein.

Das Frühstück verlief dann in sinnlosen Smalltalk. Leonardo fuhr mich mit den Mädchen zu Cordelias Tante und lud mich ohne grossen Abschied ab. Wir würden und bei den Nachverhandlungen noch sehen. Etwas unschlüssig stand ich mit Viola vor dem abgedrehten Haus. Cordelia ist ohne weiteres ins Haus verschwunden ohne mich eines Blickes zu würdigen. Verlegen stand Viola vor mir und sah auf ihre Schuhe. Niedlich, sie war in meiner Gegenwart immer noch scheu. Ich trat auf sie zu und nahm ihre Hand. Sie zuckte kurz zusammen und schaute zögerlich auf. „Ich hole dich um vier ab", bestimmte ich und küsste ihre Hand.

Elenora sah mich mit gerunzelter Stirn an. „Wie war die Fahrt?", erkundigte sie sich. Sie hatte ihre Haare geglättet und in einem strengen Dutt der sie viel älter aussehen liess. Ihre grünen Augen musteren mich kritisch. „Im Innern des Schiffes wird es einfach immer zu heiss" Obwohl ich extra die Fähre vor Viola genommen hatte um sie nicht in Versuchung zu bringen sich zu weigern für heute. „Wann kommt dann dein Betthäschen?" Ich vergrub meine zu Fäusten geballten Hände in meinen Hosentaschen damit meine kleine Schwester meinen Zorn nicht bemerkte. „Ich hole sie um vier Uhr ab", antwortete ich. Ihr Blick verdüsterte sich. „Du weisst dass du um sechs noch widerspenstigen Wirten musst die das Schutzgeld nicht bezahlen wollen?" „Ja, das ist mir nicht entgangen. Aber du wirst sie ja wohl kaum zwei Stunden verhören?" „Wer weiss? Vielleicht werden wir beste Freundinnen und sie möchte länger bleiben oder ich muss noch etwas mehr über sie erfahren. Dann wird sie eben mit mir alleine hier bleiben" Dabei sah sie mich lammfromm an und lächelte engelsgleich. War sie wirklich so einsam, dass sie sich sogar auf den Besuch eines Mädchen, welchem sie schon feindselig eingestellt ist, freute? War sie so beschäftigt um meine Position zu sichern dass sie kaum Freunde hatte? Ich wühlte mit schlechten Gewissen durch ihren sorgfältig gemachten Dutt und verzog mich in mein Zimmer um mich auszuruhen.

Viola.

Ich wusste wirklich nicht was ich tun sollte. Sollte ich tatsächlich mit ihm gehen? Vielleicht hatte er sich es anders überlegt und warf mich mit Betonblöcken ins Meer? Was wenn er mich als Sklavin weiterverkaufte? Tausende solcher Gedanken ginge mir durch den Kopf als ich unruhig aus dem Fenster sah. „Wartest du auf jemanden?", fragte mich Nonna von hinten. Erschrocken sprang ich auf. Wissend sah sie mich an. „Ist es Gabrièle?" „Nein" Enttäuscht sah sie mich an. „Aber auch ein Junge oder?" „Ja", gab ich verlegen zu. Zufrieden war sie kurz einen Blick aus dem Fenster. „Ich hoffe für ihn dass er nicht zu spät kommt. Ein hübsches Mädchen wie dich lässt man nicht warten." Verlegen sah ich sie an, Sie strich mir gutmütig über die Haare. „Du musst dich für deine Schönheit nicht schämen." Um weiterer so Peinlichkeiten zu entgehen blickte ich wieder zum Fenster hinaus. „So verliebt war ich auch mal gewesen", seufzte sie und ging. Die Uhr zeigte fünf nach vier an. Wusste er überhaupt wo ich wohnte? Na hoffentlich nicht. Das wäre unheimlich.

Ich hatte mich aufs Sofa gelegt und hatte gar nichts mehr heute erwartet als jemand hupte. Lang und deutlich. Verwundert ging ich ans Fenster und sah ein hellblaues Carbio mit einem schwarzhaarigen Kerl am Steuer. Woher wussten nur alle wo ich wohnte?! Ich schnappte mir meine Tasche und rief noch an der Tür. „Ciao! Ich bin weg!" Riccardo lehnte lässig an der Wand als ich aus dem Block trat. „Und woher weisst du wo ich wohne?", fragte ich ihn schnippisch. „Sei nicht so überrascht. So schwer war es auch nicht das herauszufinden. Und jetzt steig ein. Meine Schwester möchte dich kennenlernen." Sehr interessant. „Und warum möchte sie das?", fragte ich hochnäsig. „Naja, sie hat gehört dass wir verlobt sind und möchte meine Verlobte natürlich kennenlernen", antwortete er lächelnd. „Und mich unter die Lupe nehmen", schlussfolgerte ich. „Genau" „Und was soll ich dann sagen?", fragte ich leicht panisch. „Tu einfach so hochnäsig und herrisch wie bei Leonardo und sie kauft es dir ab" „Ist das dein Ernst?", hakte ich skeptisch nach. „Nein es ist mein Hans. Natürlich ist das mein Ernst" „Der war aber schlecht" „Danke" Genervt drehte ich das Radio auf und fühlte mich in meine Rolle ein.

Natürlich lebte Riccardo und seine Schwester in einer Villa. In einer geschmackvollen. Sie war im alten, traditionellen Stil gebaut, wie man sich eben eine hübsche italienische Mafia-Villa vorstellte. Sein Anwesen war umringt von geplfegten Oliven- und Zitrusbäumen. Der Wärter hatte neugierig zu mir gesehen aber nichts gesagt. Die Flügeltüre öffnete sich und eine schwarhaarige Schönheit trat hinaus. Eindeutig seine Schwester aber sie sah jünger aus. Und sie gab ihm Befehle und leitete diesen Laden? Und da behaupteten die Leute immer die Frauen waren noch nicht gleichberechtigt. Riccardo stellte den Wagen vor der Treppe ab und seine Schwester stieg sie hinunter um zu uns zukommen. Galant half er mir aus dem Wagen und legte einen Arm um mich als seine Schwester zu uns gestossen ist. Sie war einen Kopf kürzer als ich aber verstrahlte weit mehr Autorität und Strenge als dass ich erwartet hatte. Ihre grünen Augen beobachteten mich lauernd. Ich setzte ebenfalls eine selbstsichere Mine auf und blickte ihr in ihre rücksichtslosen Augen. „Du bist also Viola", stellte sie fest und musterte mich von Kopf bis Fuss. Riccardo stand nutzlos neben mir, seinen Arm immer noch um mich. „Und du die Schwester von Riccardo" Sie lächelte listig und reichte mir die Hand. „Elenora, ich denke wir werden heute eine Menge Spass haben, Viola"

Ein Sommer in der HeimatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt