Kaum sind wir zurück im Hotel, fällt Louis auch schon über uns her. „Hope? Luke? Ihr beide werdet heute der Obdachlosen-Hilfe einen Besuch abstatten. Da sind Helfer immer willkommen. Und Olivia? Du kommst mit mir in den Zoo." Grinsend hake ich mich bei Luke unter und werfe Oliv, die verhalten grinst, einen wissenden Blick zu. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Lou, unser Gruppenleiter und Mädchen für alles, auf meine beste Freundin steht, die garantiert kein Kind von Traurigkeit ist. „Hope, kommst du? Ich habe unser Programm schon." Grinsend wende ich meinen Blick von den beiden ab und betrachte anstatt dessen den Stadtplan in Lukiluke's Hand, welcher uns zum Stützpunkt der Obdachlosenhilfe hier in Berlin leiten soll. Gedankenverloren laufe ich an Luke's Seite durch Berlin. Die meisten aus unserer Gruppe stören diese kleinen sozialen Hilfsprojekte, sie denken, dass wir einfach nur Urlaub machen sollten, aber mir persönlich bedeuten sie sehr viel. Aber gut. Nicht jeder von uns hätte ohne die Aufopferung eines völlig fremden Menschen nicht überlebt.
Nicht viele der Menschen um mich herum wurden als Säugling in einer Mülltonne zurückgelassen.
Bei dem Gedanken an meine Eltern durchfährt mich ein kleiner, fieser Stich, was mich selbst überrascht. Eigentlich habe ich mit meiner Vergangenheit abgeschlossen, Henry und Abi sind jetzt meine Eltern, Flor, Meg und Bastian meine Geschwister. Wieso also spricht jetzt diese leise Stimme in mir, die sich fragt, wer wohl meine Eltern sind? Wieso verspüre ich gerade jetzt das Bedürfnis, in die Augen eines Menschen zu blicken und die Ähnlichkeit zu mir selbst zu entdecken?
„Hope?", verwirrt blicke ich auf, direkt in Luke's Augen, die mich besorgt mustern, „Wir sind da." Stumm nicke ich und schaue mich um, aber die Gedanken in meinem Kopf hören nicht auf, sich zu drehen. Was ist nur los mit mir?
„Wir, als BALZ, bemühen uns darum, den Menschen, die Hilfe benötigen, zur Seite zu stehen und sie zu unterstützen.", nur mit halbem Ohr höre ich dem freundlichen Mitarbeiter zu, der alles, was seine Kollegin erzählt, für uns übersetzt. Es ist wirklich interessant, aber ich kann mich einfach nicht konzentrieren. Die ganze Zeit über tippe ich nervös mit meinen Füßen auf dem Boden herum, mehr als nur ein mal schaut mich Luke verwirrt und besorgt von der Seite an.
Abrupt und total plötzlich überfällt mich das Gefühl erdrückender Enge und ich springe auf. „Verzeihung", murmele ich mit erstickter Stimme, „Mir geht es nicht gut." Und schon haste ich aus dem Raum. Mir ist schwindelig, alles dreht sich, alles verschwimmt.
Blind stürme ich durch die Flure, meine Instinkte führen mich nach draußen, mein Blickfeld wird immer undeutlicher, da sind nur noch graue Schlieren.
Und dann sehe ich ihn zum aller ersten Mal.
Ein Junge, nein, aber auch kein Mann. Ein sehr junger Mann, groß, athletisch gebaut. Die Muskeln, welche seine Arme, seinen Oberkörper und auch seine Beine zieren, sie schreien mich nur so an, drängen mich dazu, weg zu laufen. Aber meine Beine sind von meinem Hirn nicht zu erreichen. Wie erstarrt stehe ich da, mustere ihn so intensiv wie auch er den Blick erwidert. Seine Augen sind blau, so dunkel, dass es fast schon grau ist, wie der Himmel vor einem Sturm. Seine markanten Wangenknochen machen sein Gesicht so erwachsen, ausdrucksstark. Seine Haare sehe ich nicht, er trägt einen schwarzen Hoodie, aber dennoch ist es nicht schwer, ihn zuzuordnen.
BadBoy.
„Hope!?", erschrocken fahre ich herum, der Bann, der mich an seine Augen gefesselt hat, ist gebrochen. Da ist nur noch Luke, der mich beunruhigt ansieht. „Was ist mit dir?" Plötzlich stehen mir Tränen in den Augen. Ohne noch weiter darüber nachzudenken werfe ich mich einfach in seine Arme.
Ich weiß nicht, warum ich weine, ich weiß nicht, warum ich eben rausgelaufen bin und noch viel weniger weiß ich, was das mit dem Typen sollte. Ich habe echt ein Problem mit meiner Psyche.
„Hope?", sanft streicht mir Luke über den Kopf und hält mich fest, „Was ist mit dir los?" Peinlich berührt löse ich mich von ihm und mustere den Boden.
„Ich weiß es nicht. Verzeih mir." Schmunzelnd zieht er mich wieder in eine Umarmung und lacht leise vor sich hin. „Ich würde dir alles verzeihen."Zehn Minuten später hat er mich tatsächlich dazu überredet, wieder in das Gebäude zu gehen. „Mach dir keinen Kopf, ich habe den beiden erklärt, dass du Frauenprobleme hast und deshalb so unter Strom stehst." Fassungslos sehe ich ihn an und werde noch roter, als ich es schon war. Super.
„Geht es Ihnen gut?", die Frau lächelt, wenn auch sehr verkrampft, das Englisch scheint ihr Schwierigkeiten zu bereiten. „Ja, vielen Dank.", wenigstens ist mein Deutsch genauso verkrüppelt, auch wenn sie es zu verstanden haben scheint.
„Wir möchten den Menschen eine Perspektive geben", übernimmt wieder ihr Kollege, „Der Anfang einer Perspektive ist es immer, mit den Menschen zu reden und in ihnen die Hoffnung wieder wachzurufen." Gespannt, neugierig sieht mich der Mann an. „Du trägst einen sehr besonderen Namen. Möchtest du uns erzählen, warum?"
Ich bin unsicher, weiß nicht, was ich machen soll. Luke nickt mir aufmunternd zu. „Hätte ich nicht das Glück gehabt, dass mich jemand mit einem großen Herzen gefunden hat, dann wäre ich jetzt entweder tot oder hätte, genau wie diese Menschen, die Hoffnung schon lange verloren." Der Mann übersetzt wieder, was ich gesagt habe und kurz darauf sehe ich auch in den Augen der Frau Mitleid. Aber auch... Erkennen?
Freunde der Nacht, da bin ich wieder. Was läuft so bei euch? Ich hatte heute BJS und bin jetzt noch verbrannter, als ich es nach dem Segeln war. Aber egal.
Wie findet ihr das Chap? Gefällt's euch?
Die erste Widmung in diesem Buch geht an kndnavarro , weil sie gestern Geburtstag hatte (18, oder? Erschieß mich, wenn es nicht 18 ist!) und ich ihr nicht wirklich etwas schenken konnte. Deswegen das erste, richtige, Kapitel nur für dich<3
(Verratet mir mal eure Geburtstage;))
Jedenfalls bin ich müde und will ins Bett, aber mein Rücken ist knallrot und brennt wie Hölle, weswegen sich das Hinlegen ein wenig schwieriger als sonst gestaltet. Aber gut.
Nacht, alle zusammen. Bis nächsten Mittwoch.
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Hope II Seelenhüter
FantasyII Das Leben des zwei Wochen alten, namenlosen Mädchens hatte gerade erst begonnen und war schon fast wieder vorbei. Aber nur fast. Denn Abigail und Henry gaben ihr Hoffnung. Hope. Heute ist sie sechzehn Jahre alt und hat drei Geschwister sowie Elt...