Hope I 23 I

18 6 11
                                    

«Ace, es tut mir so unfassbar leid, wirklich, das wollte ich nicht! Und wenn du... wenn du mich nicht mehr hier haben willst, dann ist das vollkommen in Ordnung. Ich habe dir die Nase gebrochen und du hast ganz allein wegen mir Schmerzen, ich könnte es wirklich verstehen, wenn du willst, dass ich gehe... Ich möchte nicht, dass du mich aufgrund eines Verantwortungsgefühles bittest, hierzubleiben...» «Hope.» «Nein, sag jetzt nichts, ich glaube, es ist wirklich besser, wenn ich gehe...» «Hope!» «Was...» «Sieh mich an!" Schuldbewusst hebe ich meinen Kopf und sehe ihm in die Augen. Sie sind schön wie eh und je, doch etwas ist anders...

Um seine Iris leuchtet ein silberner Kranz. Und seine Nase bewegt sich.

Sprachlos starre ich ihn an, während seine Nase mit einem leisen Knacken wieder an ihren ursprünglichen Platz rutscht. Zehn Sekunden später ist von der eigentlich ziemlich üblen Verletzung nichts mehr zu sehen. Und auch das Glitzern in seinen Augen verblasst langsam wieder. Das ist verdammt gruselig.

«Was...», mir fehlen einfach die Worte. Ace mustert mich aus zusammengekniffenen Augen. Und dann... zieht er sein Oberteil aus!? Was zur Hölle soll das werden? Langsam lasse ich meinen Blick über seinen flachen Bauch wandern, mustere seine Muskeln, sehe, wie die Haut über seinem Herzen sich mit jedem Herzschlag hebt und dann wieder senkt. Mein Mund wird ganz trocken und meine Atem geht immer schneller. Ich fange an, hektisch zu blinzeln und spüre, wie meine Hände anfangen zu zittern. Doch dann sehe ich die schwarzen Linien auf seinen Schultern. Eine Vorahnung macht sich in mir breit und lässt mich innerlich zu Eis erstarren. Langsam setze ich mich in Bewegung, laufe um Ace herum, während er ganz still steht. Ich mustere das komplexe Muster aus schwarzen, ineinander verschlungenen Linien auf seinem Rücken. Genau wie mein Mal enthält auch dieses hier silberne Akzente. Generell sieht dieses hier ganz genauso aus wie meins. Doch etwas an ihm wirkt anders. Es hat eine andere Austrahlung als meins. Während mein Mal mir zu Beginn immer das Gefühl gab, ich sei böse, auch wenn es jetzt gar keine Austrahlung mehr hat, macht Ace' Version ganz klar, dass nicht er der Böse ist, sondern dass es selbst die abgrundtiefe Bosheit vermittelt.

«Du spürst es also auch.» «Was... IST das?!» «Erinnerst du dich noch daran, dass ich mal gesagt habe, dass es noch nie eine Verbindung mit einem Hüter und einem Seelenlosen gleichzeitig gegeben hat?» «Natürlich.» «Genauso wenig, wie wir über diese Verbindung wissen, ist uns auch über die Folgen der Trennung bekannt.» «Heißt das, dass dieses Ding ein Teil einer Seelenlosen ist?» «Nicht direkt ein Teil von ihr, sondern etwas, das auf ihren Befehl hin handelt. Jedenfalls vermute ich das.» Er sieht mich lange und verdammt intensiv an. «Hope...» «Was?» «Dieses Ding wird mich umbringen.»

«Nein.», mit großen Augen mustere ich das Ding auf seinem Rücken, «Nein, nein, nein, nein, nein!» Das kann doch einfach nicht wahr sein! Ich bin es los, aber Ace muss sterben? Nein! Das ist einfach nicht fair! «Hope...», Ace hebt seine Hand, streicht mir behutsam eine Haarsträhne aus dem Gesicht, «Du kannst es nicht aufhalten.» «Das kann doch einfach nicht wahr sein!», Hilflos stehe ich da, weiß nicht, was ich tun soll. Was erzählt man denn bitte jemandem, der ein nicht-menschliches Ding auf seinem Rücken mit sich rumträgt und über Kurz oder Lang von eben diesem umgebracht werden wird?

«Sag einfach gar nichts.», fragend schaue ich hoch. In seiner Stimme klingt etwas mit, was bei mir umgehend eine Gänsehaut verursacht. Sämtliche Härchen auf meinen Armen richten sich schlagartig auf. Ace kommt einen Schritt auf mich zu. Entschlossen sieht er mir in die Augen, greift nach meinen Händen.

Es dauert genau einen Herzschlag bis er nach meiner Hüfte greift und mich noch näher an sich heranzieht. Ein weiterer Schlag und es passt nicht einmal mehr ein Windhauch zwischen uns.

In diesem Moment wird mir wohl zum ersten Mal klar, wie viel ich wirklich gewachsen bin. Und dennoch muss ich den Kopf leicht anheben, um Ace in die Augen zu schauen. Sie leuchten. Feuerrot. Er ist wunderschön. «Das bist du auch...», seine Hand wandert langsam über meinen Rücken, seine Finger zeichnen - ob bewusst oder unbewusst - das Mal auf meinem Rücken nach, bis er sie in meinen Haaren vergräbt. Ein Bild scheint sich vor mein Blickfeld. Es zeigt mich. Meine Wangen sind gerötet und meine Augen leuchten ebenfalls. Allerdings golden. Es sieht aus, als würden sie Funken sprühen.

«Einfach nur wunderschön...», flüstert Ace mir in's Ohr. Seine Lippen streifen über meine Wange, über meine Schläfe und verweilen auf meiner Stirn. Dieser Kuss ist so unschuldig und doch so intim, dass ich glaube, gleich in Flammen aufzugehen. «Du musst das nicht tun.», murmelt Ace leise, «Wir müssen das nicht tun.» «Ich will es aber.», ich lasse meine Hände unschuldig unter sein Shirt gleiten und berühre ebenfalls die schwarzen Linien auf seinem Rücken, «Unbedingt.»

Die große Preisfrage: Was müssen sie nicht tun, will Hope aber unbedingt?

Hope II SeelenhüterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt