Als ich am nächsten Morgen aufwache, bin ich zum ersten Mal nicht total zerschlagen und müde von meiner nächtlichen Wanderung. Es ist, als könnte ich die Energie, die sich in meinem Körper bewegt, spüren. Und sie bewegt sich schnell. Sehr schnell. Ich muss mich nicht aus dem Bett quälen, sondern springe direkt auf und reiße die Vorhänge auf. Mein Körper will sich bewegen, meine Muskeln müssen strapaziert werden und ich habe zum ersten Mal in meinem gesamten Leben wirklich das Gefühl, dass ich den Sport brauche.
Und das Kribbeln in meinen Beinen hört auch nicht auf, als ich sehe, was für ein Wetter draußen wütet. Es stürmt und regnet, überall liegen abgerissene Äste und Blätter, Mülltonnen wurden umgeworfen, Dachziegel von den Dächern gefegt. Aber entgegen all meiner Erwartungen, dass dieses Unwetter dem Drang nach Bewegung ein Ende setzt, verschlimmert es sie nur. Ich hüpfe unruhig durch mein Zimmer, überlege, was ich tun kann, dass ich normal zur Arbeit gehen kann. Denn in diesem Zustand werde ich auf kurz oder lang die Ordner aus dem Fenster schmeißen, nur um dann hinterher springen und sie aufsammeln zu können.
Aber die Idee, die fehlt mir noch. Wie jeden Morgen gehe ich also ins Bad, um mich zu duschen und mein Mal zu beobachten. Und auch wenn ich eigentlich dachte, dass mich so schnell nichts mehr aus der Fassung bringt, ich bin wirklich geschockt. Minutenlang stehe ich vor dem Spiegel und starre meinen Rücken an, meine Schulterblätter, bis zu welchen sich die schwarzen Ranken ausgebreitet haben. Etwas sagt mir, dass dieser Energieschub und das Gemälde auf meinem Rücken sich nicht zufällig den selben Tag ausgesucht haben.
Eine halbe Stunde später stehe ich zögernd vor Louis'Zimmertür, unsicher, ob ich ihn wirklich fragen soll, ob er für mich vielleicht eine körperlich anstrengendere Arbeit hat, oder ob das zu viele Fragen aufwirft. Schließlich wage ich es und meine Knöchel schlagen zwei mal kurz gegen das Holz.
Unser Gruppenleiter reißt mit verwuschelten Haaren die Tür auf und mustert mich erstaunt. "Hope, woher wusstest du..." Fragend sehe ich ihn an. "Ach, egal. Gut, dass du da bist. Ich wollte so oder so mit dir sprechen, um dir bescheid zu geben, dass deine Arbeit in der Arbeitslosenhilfe für's Erste an den Nagel gehängt wurde. Da ist wohl heute Nacht ein Baum auf's Haus gefallen, was die Arbeit unmöglich macht. Deswegen werden du, Luke und noch ein paar andere, denen es ähnlich geht, sich heute an den Aufräumarbeiten beteiligen. Okay?" Perplex starre ich ihn an. Ich hatte erwartet, dass ich ihn irgendwie überredet bekommen würde, aber dass es SO glatt läuft...
"O...okay." Fragend sieht er mich an. "Was wolltest du eigentlich hier?" "Ach nicht so wichtig.", nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen habe lächele ich ihn gewinnend an, er fragt nicht noch einmal. "Ich gehe mich dann mal umziehen... Treffen wir uns alle in der Lobby?"
Und schon bin ich weg. Immer noch fassungslos, dass ich überhaupt nichts tun musste, als an seine Tür zu klopfen, laufe ich zurück auf mein Zimmer, um mir wetterfeste Kleidung zu schnappen und meine Haare zusammenzubinden.
Mit Gummistiefeln und Regenanzug bewaffnet, warte ich nur zehn Minuten später an der Rezeption auf die anderen. Der erste, der sich mir nähert, ist Luke. Ich will nicht mit ihn reden und drehe mich von ihm weg, tue so, als würde ich mich mit einer der Angestellten unterhalten. Aber das hält ihn nicht auf.
"Hope, was zur Hölle ist das?", seine Stimme ist ganz nah hinter mir und ich unterdrücke den Reflex, herumzuwirbeln und ihn ko zu schlagen. Stattdessen wende ich mich ihm ganz langsam zu und frage ihn mit angespanntem Gesicht: "Was meinst du?" "Das da in deinem Nacken vielleicht?" Mit stechendem Blick mustert er mich.
Ich spüre förmlich, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht, während meine Hand wie aus dem Nichts nach oben schießt und sich über das Mal legt, als wolle sie es beschützen. Ich habe nicht daran gedacht, dass es jetzt freiliegt und Fragen aufwerfen könnte.
"Das geht dich rein gar nichts an.", zische ich unruhig, meine Augen suchen den Raum ab, in der Hoffnung, dass der Rest endlich auftauchen würde. Und meine Gebete werden erhört. Louis kommt mit noch drei, vier anderen Leuten, mit denen ich nie viel zu tun hatte, in den Raum und winkt uns zu sich. Ich lasse meinen Nacken wieder los, ziehe aber unauffällig den Kragen meiner Jacke ein ganzes Stück nach oben. Während wir uns in die Gruppe eingliedern, lässt Luke nicht von mir ab. "Das ist nicht das letzte Mal, dass wir darüber gesprochen haben."
Aber seine Worte lassen mich komplett kalt.
Louis führt unser Grüppchen bis vor das Brandenburger Tor, ich glaube es ist der "Platz des 18. März". Oder so ähnlich. Dort sammeln sich alle ehrenamtlichen Helfer und werden von der Stadtverwaltung in verschiedenen Trupps eingeteilt. Ich lande mit mehreren Rentnern und zum Glück niemandem aus meiner eigentlichen Gruppe in einem Hilfstrupp, der eine Bestandsaufnahme von allen Schäden im Bereich "Kurfürstendamm" machen soll.
Ich bin froh, mich endlich richtig bewegen zu dürfen und laufe den schon etwas betagten Herrschaften bald weg, aber etwas ist heute anders.
Ich fühle mich... Verfolgt.
Schönen Abend euch allen. Sorry, dass ich so spät bin, aber ich habe euch vergessen.
Will und Layken sind Schuld. Ich habe das komplette verdammte erste Buch heute gelesen, nachdem ich drei Tage für Obsession gebraucht habe.
Himmel, zwei perfekte Bücher direkt hintereinander. Und das auch noch im Urlaub. Der Himmel auf Erden, würde ich mal sagen...Aber, genug gebabbelt. Was sagt ihr zu dem Kapitel? Gut oder eher weniger. Ich denke, jetzt hat auch der letzte bemerkt, dass sich da etwas zusammenbraut. Ob das gut oder schlecht ist... Keine Ahnung.
Das werden wir ja dann nächste Woche sehen. Da steht nämlich dann der erste große Höhepunkt an.Aber vorerst könnt ihr mir erst mal Glück für morgen wünschen. So wie ich mich kenne, werde ich beim StandUp-Paddeln nicht nur ins Wasser fallen, sondern kopfüber direkt auf's Board klatschen.
Also, wenn ihr nichts mehr von mir hört...xDCiao, chicas.
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Hope II Seelenhüter
FantasíaII Das Leben des zwei Wochen alten, namenlosen Mädchens hatte gerade erst begonnen und war schon fast wieder vorbei. Aber nur fast. Denn Abigail und Henry gaben ihr Hoffnung. Hope. Heute ist sie sechzehn Jahre alt und hat drei Geschwister sowie Elt...