|| Bløød and Tears

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Sicht von Melina

Ich hatte in der Nacht so gut wie gar nicht geschlafen. Die meiste Zeit bin ich in derselben Stellung auf dem Boden gesessen und den Rest der Nacht hatte ich damit verbracht, aus dem Fenster zu schauen oder in meinem Zimmer auf und ab zu laufen.

Nun war es 8.24 Uhr. Ich stand im Badezimmer vor dem Spiegel. Mir entgegen blickte ein ziemlich fertig aussehendes Gesicht. Als ich mich jetzt so ansah, meldete sich wieder die Stimme in meinem Kopf, von der ich dachte, dass sie mich endlich in Ruhe ließ.

*Ja, sieh dich nur an! Du bist nur noch ein Haufen Elend, der nichts weiter als Mitleid von anderen will! Du hältst es nicht einmal mehr für nötig, das Grab deiner Eltern zu besuchen! Außerdem bist du nicht gut für andere und verletzt sie nur. Du bist ein schlechter Mensch, ein sehr schlechter!*

"Nein, hör auf damit!" Meine Stimme war laut, aber gleichzeitig auch zerbrechlich. Ich wollte das alles nicht mehr!

*Blicke der Wahrheit ins Gesicht! Du heulst dich immer nur bei deinem besten Freund aus und gibst ihm nichts zurück! *

Ich schlug mit der Faust auf die Waschbeckenkante und fuhr mir daraufhin mit beiden Händen durch die Haare. Das war alles nicht wahr! Nur eine Einbildung! Ich versuchte immer wieder, daran zu denken, doch die Stimme in meinem Kopf war stärker. Sie schwächte mich und zog mich weiter runter, bis ich irgendwann komplett am Boden sein würde.

Ich lief nach unten in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen, was mir vielleicht dabei helfen würde, einen klaren Kopf zu bekommen. Doch als ich eines der Gläser aus dem Schrank nahm, fing meine Hand an zu zittern, was dazu führte, dass das Glas auf den Boden fiel und in viele kleine Scherben zersprang. Ein paar Splitter hatten die Haut an meinen Beinen aufgerissen, weshalb jetzt das Blut an ihnen hinunterlief. Ich erschrak und ging einen Schritt zurück. Sofort kam mir der Traum von letzter Nacht in den Sinn. Er verfolgte mich! Schnell lief ich nach oben ins Bad, um ein Handtuch zu holen und das Blut weg zu wischen. Kurze Zeit später saß ich mit einem kleinen blauen Handtuch auf dem Badewannenrand und tupfte das Blut weg. Auf einmal hörte ich das Klingeln meines Handys, ignorierte es aber, weil ich jetzt mit niemandem sprechen wollte. Am besten nie mehr. Sie hatte es geschafft. Die Stimme in meinem Kopf hatte erreicht, was sie wollte. Ich war so gut wie am Boden angekommen, unfähig wieder aufzustehen. Tränen rannten unkontrolliert über mein Gesicht.

Ich hätte nie gedacht, dass das alles einmal so weit kommen würde.


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