|| Blurryface

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Die Nähe von Josh brachte mich ein wenig runter und ich entspannte mich etwas. "Ich kann nicht mehr Josh...", meinte ich nun leise und richtete mich wieder auf. "Was ist denn los?" Er sah mich fragend an und strich mir mit einer Hand sanft über den Rücken. "Ich weiß es selber nicht wirklich...Zurzeit ist es so, als ob mich irgendwas kontrollieren würde. Ich reagiere auf verschiedene Dinge anders, als ich es eigentlich will...Es ist so, als wäre eine Stimme in meinem Kopf, die mich ständig niedermacht und mich immer mehr auf den Boden drückt." Ich sah ihn an und wischte mir die Tränen weg. "Ich verstehe, was du meinst..." "Wirklich? Ich komme mir eher bescheuert vor..." "Nein, das ist nicht bescheuert. Ty hatte früher sowas ähnliches erzählt...Mit der Stimme und so. Er nannte es Blurryface." "Blurryface?" Ich war total überrascht. Erstens, weil Tyler ähnliche Dinge durchgemacht hatte und zweitens, dass er die Stimme Blurryface nannte, was mich sofort an meinen Traum erinnerte, von dem ich Josh jetzt auch erzählte.

Er hörte mir aufmerksam zu und sah mich dann mit gewissem Mitleid in den Augen an. *Schau, da hast du wieder dein Mitleid! * Die Stimme in meinem Kopf kam augenblicklich zurück und schrie mich fast schon an. Ich hielt mir den Kopf mit beiden Händen. "Sie soll mich in Ruhe lassen! Josh, sag ihr bitte, sie soll weggehen!" Meine Stimme klang wahrscheinlich wieder verzweifelt und hilflos, aber genau das war ich ja auch.

"Hey, wir kriegen das hin, okay? Wir kriegen dich wieder hin", meinte Josh, wobei er das 'dich' besonders betonte. Das klang zwar so, als ob ich irgendein kaputter Gegenstand wäre, aber irgendwo hatte er auch recht damit. "Kannst...kannst du heute hierbleiben?" Klar, das war viel zu viel verlangt, aber ich wollte einfach nicht alleine bleiben und Josh war gerade der Einzige, den ich um mich haben wollte. Vor ein paar Wochen hätte ich mir das nie vorstellen können.

"Ja...klar, ich bleib hier."

Ich sah auf, als ich merkte, dass Josh aufgestanden war. Er stand vor mir und hielt mir seine Hand hin. "Wo willst du hin?", fragte ich unsicher. "Raus aus diesem Raum. Du musst hier mal weg", antwortete er und sah mich fest an. Ich sah auf seine Hand. Noch nie hatte ich seine Hilfe angenommen, aber jetzt brauchte ich sie mehr als alles andere. Deshalb legte ich nun meine Hand in seine und stand auf. Bevor wir den Raum verließen, machte ich noch die Musik aus. Sofort stellten sich meine Ohren wieder auf das Ticken der Uhr ein und jetzt wollte ich nur noch so schnell wie möglich hier raus.

"Wie bist du eigentlich hier reingekommen?" Diese Frage wollte ich unbedingt beantwortet haben, während ich hinter Josh die Treppe hinunterlief. "Ich war bei Marius im Laden, weil ich dachte, du wärst da. Er hat mir den Zweitschlüssel für dein Haus gegeben."

Marius...Ich wusste, dass ich mich bei ihm entschuldigen musste, denn die Stimme oder besser gesagt Blurryface, wie Tyler das Ding immer genannt hatte, behielt wohl wirklich recht damit, dass ich meinen besten Freund immer nur ausnutzte, indem ich ihn vollheulte...

"Was ist hier denn passiert?" Wir waren mittlerweile in der offenen Küche angekommen. Josh deutete auf die Scherben auf dem Boden. "Mir ist ein Glas runtergefallen...Deswegen auch die Pflaster auf meinen Beinen", antwortete ich, woraufhin er auf die abgedeckten Wunden auf meinen Beinen schaute. Ich holte ein Kehrblech und wollte gerade die Scherben aufräumen, als Josh eine Hand auf meine Schulter legte und mir das Kehrblech abnahm. "Ich mach das schon."

*Soll er jetzt wirklich die Arbeit für dich machen? Ist das dein ernst?! *

Ich seufzte und lehnte mich gegen den Kühlschrank. "Josh...Ich glaube es wäre doch besser, wenn du gehst", meinte ich nun und sah auf meine Hände herab. Er schmiss die Scherben weg. "Nein, wieso sollte ich das tun?" Er legte das Kehrblech auf den Boden und stellte sich vor mich. "Weil...weil ich schlecht bin, für jeden."

"Sieh mich an, du bist nicht schlecht. Er will dir das nur einreden, hör nicht auf ihn!" Josh hob mit zwei Fingern mein Kinn an, sodass ich ihm in die Augen sehen musste.

"Lass uns eine Runde draußen spazieren gehen, frische Luft wird dir guttun."

Ich fühlte mich gerade ziemlich willenlos, stimmte deshalb zu und bat noch darum, mich schnell umziehen zu gehen. Anschließend lief ich langsam die Stufen nach oben Blurryface dicht bei mir.

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