9. Kapitel ♡

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"Ja, ich glaube Euch."
Erleichtert atmete er aus und nahm ihre Hände in seine. Sie sahen sich in die Augen und in diesem Moment blieb die Zeit stehen. Das Rauschen der Wellen war verstummt, das Kreischen der Möwen nicht mehr vernehmbar. In diesem Moment vergaßen sie alles, was sie bedrückte, und genossen diesen Augenblick, den nur sie beide teilten. Fast verloren sie sich in diesem wunderschönen Augenblick, doch das Aufschreien eines Kindes störte ihre Zweisamkeit.
Tyra erwachte wie aus einem Traum und entzog ihm langsam ihre Hände. Sie senkte den Kopf und drehte sich wortlos um. Er kam ihr hinterher und sie verließen den Strand. Sie verabschiedete sich noch von ihrem Vater und ihren Geschwistern, dann machten sie sich auf den Weg zum Schiff. Dort angekommen erklärte sie ihm, dass sie etwas Ruhe brauchte, und zog sich in eine der Kabinen zurück. Er blieb an Deck und blickte auf das Meer mit seinen sich sanft kräuselnden Wellen.
Die Sonne ging gerade unter und schickte ihre letzten, schwachen Strahlen über das Meer, als das Schiff nah Ivars Burg anlegte. Da Tyra nicht aus eigenem Antrieb an Deck kam, ging er, um sie zu holen. Als er die dunklen Gänge Richtung Kabinen entlang ging, verfiel er ins Grübeln. Wie sollte er es anstellen, Tyra, seine Krieger und sich pünktlich in maximal zweieinhalb Wochen nach England zu bringen? Bevor er sich diese Frage vollends beantworten konnte, war er an der ersten Kajütentür angekommen. Sie war nicht verschlossen, also ging er leise hinein, um herauszufinden, ob Tyra sich diese Kajüte ausgesucht hatte. Als er die Tür so weit geöffnet hatte, dass er in das Zimmer sehen konnte, machte er Tyras schlanke Gestalt an der breiten, verglasten Fensterfront aus. Er machte sich erkennbar, doch von ihr kam keine Reaktion. Sie stand dort und bewegte sich nicht. Er kam näher, ging durch das Zimmer, laut und vernehmbar. Als er bei ihr angekommen war, legte er seine Hände auf ihre Oberarme und spürte, dass sie zitterte. Seine Brust berührte ihren Rücken und sie lehnte sich gegen ihn. Seine Arme legten sich um ihre Taille und seine Hände lagen auf ihrem Bauch. Sie lehnte den Kopf zurück auf seine Schulter und so blieben sie stehen. Er schien vergessen zu haben, warum er eigentlich hier war, aber sie beide genossen diesen Augenblick im Dunkeln.
Sie war froh, in diesem Moment ihn zu haben. Um jemanden zu haben, an den sie sich anlehnen konnte, der sie stützte. Sie schloss die Augen und ließ sich fallen. Atmete tief seinen Geruch ein, ließ sich von seiner Wärme und seiner Kraft einhüllen und fühlte sich geborgen. Sie fühlte sich verstanden. Sie musste ihm nicht erklären, warum sie hier stand, am Fenster, allein und in der anbrechenden Dunkelheit, sie musste ihm nicht erklären, dass sie jemanden brauchte, der sie trösten konnte. Er wusste es. Er verstand sie. Er hatte das alles schon erlebt, hatte seine Eltern auf einmal verloren, hatte sich damals aber nicht trösten lassen, hatte sich nicht umarmen lassen. Jeder, der sich ihm nähern wollte, war abgewiesen worden.
Seine Eltern waren noch vor Tyras und Ivars Hochzeit vor drei Jahren bei einer Überfahrt nach Spanien ums Leben gekommen. Seitdem hatte sie tatsächlich keine andere Frau mehr in seinen Armen gesehen. Er hatte sich um Tyra und ihre Hochzeit gekümmert. Vielleicht hatte es ihn vorhin deshalb so verletzt, als sie gesagt hatte, dass sie bei ihm nicht Zuhause war. Er hatte schließlich alles getan, um es ihr in ihrer Zwangsehe so angenehm wie möglich zu machen. Eine Hochzeitsnacht hatten sie nicht gehabt, und das hatten sie auch bis jetzt noch nicht nachgeholt. Sie hatten sich noch nie gut verstanden, ihre Gespräche bestanden zumeist aus Streit.
Bis jetzt.
Jetzt war alles anders. Weil Ivar sie verstand. Vielleicht konnte er ihre Bedürfnisse erahnen.
Es tat gut, dass sie nun wusste, dass sie ihn hatte, um sich trösten zu lassen. Vielleicht würden sie sich von jetzt an besser kennenlernen. Vielleicht würden sie sich besser verstehen können. Und vielleicht schafften sie es auch irgendwann, ein Kind in die Welt zu setzten, damit das Erbe gesichert war.
Tyra vermutete, dass genau eben das Erbe ein Grund war, dass die Königin von England sie sehen wollte. Wahrscheinlich wollte sie wissen, wann Nachwuchs zu erwarten war. Wenn Tyra auch nur daran dachte, wurde sie wütend. Warum sollte sie dieser Frau auch nur irgendetwas über ihr Leben erzählen?
Ivar merkte, wie sie sich in seinen Armen anspannte, und zog sie noch etwas enger an seine Brust. Ließ sie sich dort anlehnen und brachte sie dazu, dass sie sich wieder entspannte. Er hörte sie seufzen, und dann blieben sie wieder so stehen. Beobachteten, wie sich die letzten Sonnenstrahlen auf dem Wasser spiegelten, bevor sie ganz verschwanden. Dann neigte er den Kopf etwas zu ihr nach unten an ihr Ohr. In diesem Moment drehte sie den Kopf. Ihre Lippen waren sich so nahe, dass sich ihr Herzschlag beschleunigte. Sein Blick hatte sich auf ihren Mund geheftet, und sie war versucht, die letzten Millimeter zu überbrücken.

Doch da kam er ihr zuvor.

Er küsste sie sanft, hauchte kleine, samtene Küsse auf ihre Lippen. Sie seufzte, als er den Kuss vertiefte und sie ihn erwiderte. Als er um Einlass bat, verweigerte sie sich nicht. Ihre Lippen öffneten sich und seine Zunge tauchte in sie ein. Ihre Augen schloss sich angesichts der Gefühle, die sie übermannten. Ihre Hand legte sich auf seine und hielt sich dort fest, während er sie eroberte. Sie zitterte und ihre Augen schlossen sich flatternd, als ihre Zunge begann, den Kuss zu erwidern. Vorsichtig und zaghaft, doch er passte sich ihr an.
Als lautes Poltern ertönte, löste er sich langsam von ihr und sah sie an. Ihre Augen hielt sie geschlossen und verfluchte im Stillen den Störenfried.
Als sie ihre Lider hob, sah sie ihm direkt in die Augen. Sie waren so dunkel, so wunderschön. In diesem Moment wollte sie Ivar nie mehr loslassen. Wollte, dass er bei ihr blieb.
Doch einer der Männer kam in das Zimmer gepoltert und gab bekannt, dass das Schiff bereit zum Verlassen wäre.
"Wir kommen gleich", ließ Ivar verlauten.
Seine Stimme war so dunkel, aber auch so sanft.
"Ich möchte dich jetzt nicht loslassen, aber wir sollten so schnell wie möglich schlafen gehen."
Die ganze Zeit sah er ihr in die Augen und sie konnte den Blick nur erwidern.
Da sie ihrer Stimme noch nicht vertraute, nickte sie nur und senkte den Blick auf ihre Hände, die immer noch auf ihrem Bauch lagen. Ihre Hand wirkte so klein, wie sie auf seinen lag. Sie löste langsam seine Hände von ihrem Bauch, schon dann aber eine Hand in seine und begegnete seinem überraschen Blick. Er beugte sich erneut zu ihr hinunter, küsste sie auf den Mundwinkel und ging los. Sie folgte ihm und so verließen sie das Schiff.

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Heyyyy :)
Jetzt mal ein langes Kapitel
Hoffe, es gefällt euch ;)
Jetzt geht das Buch erst richtig los :)
Und danke danke für die über 170 Reads :) Ich bin so happy dass meine Geschichte bei euch so gut ankommt ;)
Ich halte mich mit dem nächsten Kapitel ran, will euch ja nicht zu lang auf die Folter spannen ;)
wenn ihr Rechtschreibfehler entdeckt ... Bitte sofort in die Kommentare :)

Bis bald
Lovingslover2000

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