▫Ein Arsch

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"Ich glaube, ich gehe zu-" "ESSEN IST FERTIG!", hallte es durch den Gang. "Verstanden!", schrie Chanyeol zurück und beide Jungs liefen in Richtung Wohnzimmer, ohne mich zu beachten. Eine gewisse Wut stieg wieder in mir auf.

Nicht gerade wenig Essen war auf dem Tisch. Wieder standen kleine Schälchen überall verteilt. Die verschiedensten Arten von Gemüse, Kimchi sowie Fleisch und Reis waren zu sehen. Ich merkte, wie mein Bauch grummelte und obwohl sie mir immer wieder sagten, dass ich essen könne was ich wollte, kam ich mir merkwürdig vor. So alsob ich es ausnutzen würde.
"Haha, du kannst ja essen", meinte Kai und grinste mir zu. Abruppt schreckte ich auf und verschluckte mich an dem kleinen Berg Reis, den ich zuvor in meinen Mund geschaufelt hatte.
"Hey, alles okay?" Chanyeol klopfte mir auf den Rücken. "Jaja, alles klar", antwortete ich. "Du bist vielleicht lustig. Ich kann dich echt gut leiden", sagte er neben mir und lachte anschließend. Ich starrte nur auf meinen fast leeren Teller und fragte mich zum gefühlt tausendsten Mal, wie ich bloß in dieses Irrenhaus gekommen war.

Nach und nach verließen die Jungs den Essenstisch und gingen den Tätigkeiten nach, die Kpop Idols nunmal in ihrer wenigen Freizeit taten. Sofort schoss mir wieder das Bild von Baekhyun in den Kopf. Katzenyogapose. "Warum grinst du so? Musstest du an gestern denken?", fragte Sehun. Ich schaute ihn gleichgültig an und schlug ihn dann mit meiner Serviette auf den Kopf. "Von wegen." Ich verdrehte meine Augen. Nur ich und er saßen noch am Tisch.

Ich widmete mich wieder meinem Teller und betrachtete noch den Rest Kimchi, der sich in der oberen rechten Ecke befand. Daneben ein kleines Häufchen Reis und ein Stück gebratenes Fleisch. Ich spürte, wie Sehun mich regelrecht mit seinem Blick durchbohrte und konnte mich beim besten Willen nicht auf das Essen konzentrieren, geschweige denn die von meinen Händen erwärmten Metallstäbchen in die Hand nehmen. Ich schloss meine Augen und drehte mich zu Sehun um. Dann öffnete ich sie wieder. "Könntest du mich bitte nicht so anstarren?" Er nickte darauf nur stumm, wendete aber nicht seinen Blick von meinen Augen ab. "Ich kann nicht essen, wenn mich jemand die ganze Zeit dabei beobachtet." Er stützte seinen Ellebogen auf die milchig gläserne Tischplatte und platzierte seinen Kopf in seiner offenen Hand. "Mhm", gab er monoton von sich. "Danke für dein Verständnis. Du bist ja schon fertig, also warum sitzt du dann überhaupt noch hier rum? Musst du nicht trainieren oder so?..." Keine Antwort. Er nickte die ganze Zeit, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. "Okay, okay. Ich esse jetzt jedenfalls weiter." Ich drehte mich wieder um und nahm nach kurzem Zögern die inzwischen kalt geworden Stäbchen in die Hand. Ich drehte sie ein wenig hin und her, dann atmete ich tief durch und steckte mir das übrig gebliebene Stück Hähnchen in den Mund. Es war so still im Raum, man hätte vermutlich selbst ein auf den Boden fallendes Reiskorn gehört. Meine Kaugeräusche kamen mir so laut wie brechendes Holz oder ähnliches vor und ich wagte es nicht, mich danach zu erkunden, was Sehun neben mir machte.

Doch dann spürte ich etwas merkwürdig warmes auf meinem Oberschenkel. Langsam wanderte es nach oben. Ich bekam eine Gänsehaut, die mich so erschüttern ließ, dass ich sofort meinen Arm senkte und die Stäbchen neben den Teller legte. "Kein kleines Mädchen mehr?" Er hatte sich so auf den Tisch gebeugt, dass ich ihn sehen konnte. "Du hast also keine Probleme mit Körperkontakt? Etwas ganz normales, dass du wahrscheinlich jeden Tag machst?" Dieser Blick.

Einerseits schaute er mich ernst an.
Andererseits triumphierend und hämisch.
Und dann war da noch ein kleines Lächeln, dass nur zu schreien schien 'Rache'.

"Kannst du es bitte sein lassen", flehte ich ihn fast schon an. Mit meiner zitternden Hand versuchte ich seine abzustreifen. "Aber wieso den Babe? Du stehst doch drauf." "W-was bitte?!" Ich wollte selbstsicher klingen, doch meine Stimme zitterte so sehr, dass er fast anfing zu lachen. "Hahaha, dein Blick! Ich könnte mit einer guten Geschäftsidee und deinem krass verängstigenden Gesicht irgendwann Milliardär werden!" In diesem Moment fühlte ich mich sehr verletzt. "Sehe ich so scheiße aus oder was?!" Er guckte mich verwirrt an. "Ja, danke auch. Ich dachte, du wärst anders. Irgendwie netter. Ich konnte mich nie zwischen dir und Chanyeol als mein Bias von EXO entscheiden. Aber jetzt weiß ich die Antwort: Du bist nur ein hohler, famegeiler Arsch, der gerne mit Frauen rumspielt und ein Alleingänger ist. Keine Ahnung, warum dich die anderen mögen sollten. Vielleicht hast du ja auch andere Seiten an dir." Er starrte reglos auf meinen Teller. "Jedenfalls gibst du mir das Gefühl, alsob ich reiner Dreck wäre." Ich stand auf, wickelte stramm die Decke um meinen Oberkörper, schob den Stuhl heran und bevor ich um die Ecke zum Wohnzimmer bog, sagte ich noch: "Deiner Meinung nach, müsste ich wahrscheinlich noch 20 Kilo abspecken, obwohl ich schon dünn bin oder mich gleich für meine Hässlichkeit erschießen."

Dann drehte ich mich so schnell wie möglich um und lief geradewegs in Richtung Zimmertür von Chanyeol.
Dem Arsch hab' ich's gezeigt.
Innerlich machte ich Freundensprünge und lobte mich für meine Selbstkontrolle.

Doch schon stand das nächste Hindernis vor mir.

Chanyeols Zimmertür...

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