*POV Stegi*
Tims nervöser Blick wanderte zu mir, dann schenkte er mir ein flüchtiges Lächeln. Der nervtötende Ton der Hausklingel hallte nach, während ich noch einmal tief ein- und ausatmete und dann mein schönstes ‚Ich-freu-mich-ja-so-hier-zu-sein-Lächeln' aufsetzte.
Der Besuch bei meiner Familie stand an, sie hatten mich, den bereits flüggen Sohnemann, zu Ostern herbestellt und ich hatte mit einiger Überzeugungskraft und nicht so ganz fairen Mitteln („Wenn Tim nicht mitkommen darf, dann komm ich auch nicht - Schluss Aus Ende!") die Begleitung durch Tim ausgehandelt. Möglicherweise würde jetzt so Mancher das Adjektiv ‚kindisch' einwerfen, nur leider war dieses ‚Arme-verschränk-Schmolllippe-mach-und-Bedingung-stell'-Ding oftmals die einzige Möglichkeit meine Familie zu etwas zu bewegen. Irgendwoher musste ich diese Sturheit ja schließlich haben und es war wirklich fürchterlich, so ganz alleine ohne jemanden im selben Alter.
So kam es also, dass wir jetzt zu zweit vor der Haustür meiner Oma standen, nicht weit entfernt von dem Osterkuchen und den Tonnen an Süßigkeiten. Soweit, so gut. Nur leider waren wir beide unheimlich aufgeregt, schließlich hatte nicht ein Familienmitglied dort drinnen eine Ahnung davon, dass ich erstens schwul und zweitens mit Tim zusammen war. Jener war stets mein bester Freund gewesen und in der gesamten Familie eben auch nur als solcher bekannt. Aus dieser Freundschaft hatte sich erst mehr entwickelt, als ich bereits aus dem Haus war und größtenteils telefonisch Kontakt zu meiner Familie hielt. Und da sie bis heute davon ausgingen, dass ich hetero war und einfach noch nicht die Richtige gefunden hatte, hatten wir zusammen entschlossen, dass es definitiv eine ‚Mit-der-Tür-ins-Haus-fall'-Aktion wäre, ihnen gleich beide meine Geheimnisse preiszugeben. Und da niemand gerne Gäste und erst recht schon keine Söhne hatte, die einem die Tür rausrissen und damit ins Haus stürmten, würde Tim mich nun also am Ostersonntag nach wie vor als bester Freund zu diesem kleinen Familienaufstand begleiten. Insgesamt also ein Versteckspiel, unwissend, was die Folgen wären, würden wir auffliegen. Oder auch einfach zu viele Geheimnisse, ohne eine Idee von einer realistischen Reaktion meiner Familie.
Die Tür wurde enthusiastisch aufgerissen, sodass Tim und ich gleichzeitig einen ausweichenden Schritt nach hinten taten, und meine Oma steckte ihr kleines, freundliches Gesicht, umrahmt von grau-weißen Löckchen hindurch. „Ach, Stegi, mein kleiner Junge!", rief sie begeistert und ignorierte dabei gekonnt, dass ich sie um eineinhalb Köpfe überragte. „Ich freu mich ja auch dich endlich wiederzusehen, Oma", meinte ich versöhnlich und kam ihr entgegen, um mich in ihre Umarmung herunterzubeugen. „Ich dachte ja schon ich sehe dich nie wieder und hätt' dich an die große weite Welt verloren. Und deinen Freund hast du ja auch mitgebracht! Mensch, der is' ja noch größer als du!", sie drückte mich sanft von sich weg und schaute hoch, um den Braunhaarigen strahlend anzusehen. „Tim, gäh? Dich kenn ich doch noch. Groß bist du geworden! Und hübsch noch gleich dazu – also nicht, dass du nicht vorher schon ein reizender Bub' gewesen wärst!" Meine Oma war schon immer ganz verzückt von Tim und begrüßte ihn jedes Mal mit genau denselben Worten. Bei ihr war ich mir schon ziemlich sicher, soweit man sich diesbezüglich eben sicher sein konnte, dass sie kein Problem damit hätte, wenn sie herausfinden würde, dass Tim mein fester Freund ist. Zufrieden besah ich mir Tim, wie er, inzwischen schon deutlich lockerer, versuchte meine Oma zwischen ihrem Redefluss ebenfalls zu begrüßen und schließlich von überraschend starken Armen herunter in ihre Arme gezogen wurde. Von außerhalb sah das ehrlich gesagt ziemlich ulkig aus, wie Oma ihn so fest und offensichtlich glücklich in ihren Armen hielt und er einen etwas gequälten Ausdruck aufgesetzt hatte, was wohl seiner unangenehm ausschauenden Position zuzuschreiben war. „Ach, was stehen wir hier in der Tür? Meine Freundin Gerda hat mir letztens eine neue Kuchenform mitgebracht und somit wartet drinnen nun zur Feier des Tages ein frisch gebackenes Osterlamm, also nur rein da mit euch!", scheuchte sie uns an sich vorbei in den typisch großmütterlichen Flur, mit Teppichboden, beiger Wellentapete und lauter Holzkommoden mit noch viel mehr Vasen und Bilderrahmen darauf. „Deine Eltern sind auch schon da, Stegobert. Pünktlich auf die Minute genau, wie immer die Lieben. Dabei meint man ja eigentlich der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Tja, das mit der Pünktlichkeit hat wohl eher eine Schwester Mia abbekommen, nicht?" Fröhlich plaudernd stand sie hinter uns und wartete geduldig, bis wir unsere Schuhe ausgezogen und unsere Jacken abgelegt hatten.
DU LIEST GERADE
Stexpert ~ Mini OS-Sammlung
FanfictionHier findest du einige OneShots um #Stexpert. :3 Ich schreibe wenn ich Lust, Zeit und Ideen habe, weshalb sowohl die Länge der OS, als auch die Uploadtage variieren. Falls es dir gefällt, würde ich mich über Rückmeldung freuen, ob nun als Kommen...