Gute Karten - So spielt das Leben

9. Der Einbruch oder: Manche Türen sollte man nicht öffnen

„Wow, sieht nicht schlecht aus", meinte Tina anerkennend, als sie aus meinem schwarzen SUV stieg.

Das Auto war mein ganzer Stolz, zwar schon ein älteres Modell, aber es fuhr noch und das war die Hauptsache. Ich war eigentlich gar nicht so ein Autofreak, mehr als fahren konnte ich die Dinger auch nicht, aber der Wagen hatte es mir dann doch ziemlich angetan. Und das Fahrgefühl war einfach unbeschreiblich, zumindest empfand ich so. Tina und auch andere sahen den SUV als stinknormales Auto, welches dringend eine Autowäsche nötig hätte. Leider Gottes hatten sie damit alle Recht.

Die Fahrt hatte insgesamt nicht sehr lange gedauert. Zwei Stunden waren in den USA noch völlig in Ordnung, denn Stoneville war soweit von Orlando, dem Sitz des WWE Performance Centers, entfernt. Wir alle, Tina, Ajay und ich, hatten die Fahrt gut überstanden und kamen pünktlich zum Mittagessen an.

Allen hatte vorgeschlagen, sich zu dieser Zeit zu treffen, um erst in der Kantine zu essen und dann wollte er uns ein wenig das ganze Center ein wenig näher vorstellen. Ich hatte gegen diesen Vorschlag keine Einwände gehabt, immerhin gab es erst das Essen. Von daher würde ich für den Rest des Tages ruhig bleiben, so war es immer bei mir, wenn es was zwischen die Zähne gab.

Nun bewegten wir drei uns gemächlich auf das helle Gebäude zu. Mein Sohn sprang dabei aufgeregt vor uns hin und her, sodass ich mich nur mit Mühe zurückhalten konnte, ihn nicht am Kragen zu packen und zurück zu reißen. Tina neben mir löste ihre Aufregung um einiges dezenter, bei ihr trommelte nur der rechte Zeigefinger unruhig gegen ihre Jacke während des Gehens, zudem hatte sich ihre Stirn kraus gezogen. Offenbar malte sie sich nun einige Situationen aus, wie sie mit Jon zusammenstoßen würde, der hier mit Allen irgendwo herumlungerte. Soweit die Theorie.

Als wir jedoch einige Minuten später mit unseren Besucherkarten, die für uns bereitgelegt worden sind, im Foyer des durchaus nett eingerichteten Centers standen, war von den beiden weit und breit nichts zu sehen. Meine Beine bewegten sich wie zufällig immer etwas näher zu einer gemütlich wirkenden Sitzecke, doch bevor ich mich hinsetzen konnte, packte Tina meinen Arm und schleifte mich hinter ihr her. Ajay folgte uns mit neugierigem Blick.

„Wieso warten wir jetzt nicht einfach?", fragte ich sie direkt und stemmte die Beine in den Boden, doch es half nichts. Meine Freundin war stärker als ich, in ihrer entschlossenen Phase sowieso.

„Weil ich darauf keine Lust habe, ganz einfach. Wir haben die Erlaubnis hier rumzulaufen, also werden wir sie auch nutzen."

Ich seufzte leise. „Und wenn sich die beiden einfach nur verspätet haben?"

„Wozu gibt's Handys?"

„Ist ja gut", murrte ich und folgte ihr einfach weiter. Irgendwo würden wir ja schon landen.

Dies so sorglos anzunehmen, sollte sich einige Zeit später als böser Fehler herausstellen. Ich wusste nicht, wie wir das angestellt hatten, denn eigentlich waren wir immer auf den breiten Gängen geblieben, doch auf einmal befanden wir uns in einem Nebengang, schmal, lang und mit vielen Türen.

„Na ganz große Klasse", murmelte ich genervt und wollte mich schon wieder umdrehen, doch da fiel mir ein, dass ich überhaupt keinen Plan hatte, wie wir hier wieder wegkamen. Ich und mein grandioser Orientierungssinn auf der Ebene eines Toastbrotes. Sprich Level zwei von tausend. Ohne Aussicht auf Besserung.

Tina legte mir versöhnlich einen Arm um die Schulter. „Nun bleib doch ruhig, Toni", versuchte sie mich aufzumuntern und gab mich dann wieder frei, um aufmerksam die Türen abzuklappern. „Hey, da stehen ja Namen dran. Ob die von den Wrestlern sind?"

Ich stöhnte leise auf, nahm den mittlerweile etwas verunsicherten Ajay an die Hand und folgte meiner Freundin. „Kann gut sein." Wirklich interessieren tat mich dies aber nicht.