17. Der Antrag oder: So schnell geht glücklich.

65 6 0
                                    

„Danke Toni. Große Klasse, dank dir haben wir die ersten fünf Minuten verpasst. Herzlichen Glückwunsch!" Tina stieß genervt die große Schwingtür zur Arena auf und sofort kam uns ein Schwall von lautem Jubel und Klatschen entgegen. Unglücklicherweise war dieses Freudengeschrei jedoch nicht uns gewidmet, sondern irgendeinem WWE-Superstar, der gerade seinen Entrance gehabt hatte. Schade aber auch.

„Nun komm mal runter, Tina", meinte ich völlig tiefenentspannt, während wir die Treppe hinunter zu unseren Plätzen stiegen. „Ich kann auch nichts dafür, wenn die so lange für den Hackburger brauchen."

Schmollend blickte sie mich an. „Du hättest es ja auch einfach bei der Pommes und dem Popcorn belassen können."

Schockiert starrte ich ihr entgegen. „Hallo?! Es ist ein Hackburger. Hackfleisch!"

„Ich vergaß deine Leidenschaft dafür", murmelte sie mit einem tiefen Seufzer und ging weiter, denn bei ihrem Aufstand war sie stehen geblieben.

Ajay lief vollgepackt mit Popcorntüte, Jacke und Getränk in der Hand hinter uns her. Ihm war es herzlich egal, dass wir uns ein wenig verspätet hatten, an seinem Geburtstag übersah er solche Fehler meistens gerne. Hauptsache, er war hier bei einer WWE-Show und konnte unter Umständen sogar ins Fernsehen kommen, falls die Kamera auf uns ins Publikum hielt. Das wäre sein größter Erfolg, hatte er mir auf der Fahrt zur Arena erklärt.

„Sag mal, warum sitzen wir eigentlich so abseits, Tina? Hier in der Ecke ist ja wenig los, scheinen nicht so beliebt zu sein." Neugierig sah ich mich um. Tatsächlich, wir waren hier hinten quasi am äußersten Rand, und es waren hier auch noch einige Plätze frei.

Meine Freundin zuckte zusammen bei diesen Worten und lächelte mich dann nervös an. „Hat alles seine Gründe, so fix habe ich leider keine Karten mehr bekommen. Sonst war alles besetzt."

„Aha", murmelte ich nur und dann hatten wir auch endlich unsere Sitze erreicht. Am Ende der Reihe schien noch eine weitere Familie zu sein, bei unseren Plätzen saß nur ein Mann mit Sonnenbrille und Cap, neben den Tina sich setzte. Ajay folgte, dann ich.

„It's never to dark to be cool", kommentierte ich nur mit einem Brummen angesichts der Tatsache, dass der Typ in einer gedämmten Halle mit Sonnenbrille saß.

„Du mich auch, Toni", kam es als leises Lachen und ich blickte den Mann überrascht an.

„Jon?!"

„Pscht", machte Tina, als sei es völlig normal, dass ihr Freund – Pardon, Mann – hier ganz entspannt zwischen den Zuschauern saß, obwohl er eigentlich unten im Ring sein sollte.

Aufgeregt beugte ich mich zu ihm rüber. „Verdammt, was machst du hier?"

„Gehört alles zur Show. In wenigen Minuten bin ich auch wieder weg, ich soll nämlich den jungen Herren dort unten retten, indem ich von der Tribüne nach unten hetze. Gibt's du mir was von deinem Popcorn?"

Seufzend gab ich ihm eine Handvoll, er stopfte sie sich in den Mund und wenige Minuten später sprang er auch schon auf und spielte den Ritter in goldener Rüstung. Tina sah ihm mit verliebtem Blick hinterher und nun war ich es, die entnervt aufseufzte und sich zurück in den Sitz schmiss.

Die ganze Show gefiel mir sehr zu meinem Erstaunen außerordentlich gut. Ich war dem Wrestling zwar nie ganz abgeneigt gewesen, aber so richtig der Hype war bei mir bisher nicht ausgebrochen. So viel dazu, denn gemeinsam mit Tina und Ajay erfüllte ich jedes Klischee eines eingeschworenen Fans. Ich war innerlich sogar total glücklich darüber, dass ich einen Pullover von Allen anhatte, denn Ajay hatte mich ja darum gebeten. Da ich so kurzfristig jedoch kein eigenes Fan-Shirt hatte auftreiben können, hatte ich einfach einen Pullover von Allen geklaut, welches er im Gepäck dabei gehabt hatte. Auf diesem prangte das AJ Styles Logo, sodass ich mich damit gleich der ganzen Fangemeinschaft um ihn rum anschließen konnte. Tina hatte zwar bettelnd versucht mich zu überzeugen, dass ich mich schicker kleiden würde, doch ich hatte ihre Worte lediglich mit einem „Ist doch nur eine Show abgetan". Wenn ich gewusst hätte, warum sie mich auf Knien angefleht hatte, hätte ich ihren Wünschen vermutlich sogar nachgegeben.

Gute Karten - So spielt das LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt