„Aua! Verdammt Tina, ich habe dich gefragt ob du kurz die Verspannung aus meiner Schulter massieren kannst, dabei meinte ich nicht, dass du sie mir gleich auskugelst. Und du grins nicht so dämlich, Toni! Ihr seid beide echt unmöglich." Jons wütende Augen funkelten mich intensiv an. Vermutlich hätte er den gleichen Blick auch seiner liebreizenden Göttergattin zugeworfen, doch die stand hinter ihm und hatte gerade seine Schulter vollends unter ihre Fittiche genommen, sodass er quasi bewegungsunfähig war. Das war vielleicht auch ganz gut für Tinas Gesundheit, denn Jon sah gerade nicht so aus, als würde er kurz davor sein, sie küssen zu wollen. Höchstens, um sie auf diese Art und Weise zu ersticken.
„Wir sind ja auch Seelenschwestern, das darfst du nicht vergessen", erwiderte ich trocken und legte ihm unbeeindruckt von seinen Schmerzenslauten einen Papierbogen neben sich auf die Liege.
Misstrauisch starrte er auf den weißen Zettel, verzog noch einmal das Gesicht, als Tina einen besonders wunden Punkt in seiner Schulter fand und den natürlich gnadenlos fokussierte, und blickte dann mich fragend an. „Was soll das sein?"
„Ein Zettel, siehst du doch."
Darauf wusste er erst einmal keine Antwort, allerdings auch nur, weil Tina seine Schulter gerade auf für mich sehr unnatürliche Art und Weise nach hinten bog und er durch diese extreme Dehnung kurz nach Luft schnappte. Damit er sich nicht noch mehr aufregte, ließ ich mich jedoch trotz meiner Prinzipien, auf dumme Fragen auch dumm zu antworten, zu einer Erklärung herab: „Hunter will, dass du das ausfüllst. Ist für das Hotel in New York, wo ihr nächste Woche für die Show unterkommt. Geht eigentlich nur um Einzelzimmer oder Doppelzimmer sowie Essenswünsche, wobei da durch den Catering-Service genug Auswahl vorhanden sein sollte. Oh, und du musst dann noch angeben, ob du Fitnessraum und Schwimmbad von dem Hotel mit benutzen möchtest, du weißt ja, kostet alles extra."
Mit einem Stirnrunzeln blickte Jon zu mir hoch. „Gibt es irgendwelche Alternativen in der Nähe an Studios?"
Ratlos zuckte ich mit den Schultern. „Keine Ahnung, schau doch einfach im Internet nach oder frag Allen, ich glaube, der wollte irgendwo ein paar Straßen weiter hingehen."
„Seit du schwanger bist, bist du echt faul und nutzlos geworden", beschwerte sich der Rotblonde maulend, während Tina nun dazu übergegangen war, ein wenig zärtlicher seinen Nacken zu massieren. Aber auch eben nur ein wenig zärtlicher, doch selbst das konnte ihn nicht wieder fröhlich stimmen. „Sonst hast du immer gleich für mich nachgeschaut und irgendetwas in die Wege geleitet. Kaum lässt du dir nun von Allen ein Balg in den Bauch setzen und schon kümmerst du dich einen Scheiß um die Sorgen deiner Schützlinge."
Völlig verwirrt über diese ungewohnte Ausdrucksweise von Jon blickte ich zu Tina, die hinter ihm stand und fragte verständnislos: „Hast du ihn länger nicht mehr rangelassen oder warum ist er so zickig?"
Meine Freundin zuckte unschuldig mit den Schultern. „Frag ihn doch selbst, dann kann er dir gleich von seinen Schandtaten berichten."
„Das war keine Schandtat!", rechtfertigte sich Jon und kämpfte sich aus den todbringenden Klauen seiner Gattin heraus, die ihn ausnahmsweise auch gehen ließ. „Ich habe nur gemeint, dass ihre Kekse fast so gut wie die von meiner Mutter schmecken, was wahrlich ein sehr großes Kompliment ist. Aber anstatt stolz darauf zu sein, stellt sie mich jetzt als das übelste Arschloch dar und quält mich auch noch offensichtlich."
Ich hätte ja gerne Mitleid mit Jon gehabt. Ehrlich. Aber das, was er da verbrochen hatte, war wirklich nicht von der Hand zu weisen, da musste ich meiner Freundin schon zustimmen. Ich sprach es noch nicht einmal aus, aber Jon erkannte sofort meinen Gesichtsausdruck und seine Augenbrauen zogen sich wütend zusammen, ehe er sich erhob und schmollend meinte: „War ja klar, dass ich von dir keinen Beistand erwarten kann. Ihr seid keine Seelenschwestern, ihr seid Höllenschwestern. Und ich will ein Einzelzimmer!" Damit griff er nach dem Formular und stapfte wie ein wütendes Kind aus dem Behandlungsraum von Tina.
DU LIEST GERADE
Gute Karten - So spielt das Leben
General FictionDas Leben von Toni, einer jungen Kneipenbesitzerin im kleinen Städtchen Stoneville, gerät aus allen Fugen, als sie eines Tages Allen wieder sieht. Mit diesem hatte sie vor vielen Jahren eine Affäre, aus der ihr kleiner Sohn Ajay entstanden ist, doch...