21. Die Schwankungen oder: Freunde wissen immer Bescheid

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„Wir nehmen rot!"

„Nein, blau!" Meine Stimme war mittlerweile nur noch ein Knurren, doch bis gerade eben hatten Tina und ich uns regelrecht angeschrien.

Nase an Nase standen wir uns in meinem Wohnzimmer gegenüber, bereit, den anderen in der Luft zu zerfetzen, sobald noch ein falsches Wort fallen würde. Unser Streitgespräch bezog sich auf die Farbe des Tischschmuckes und allgemein der Deko, bisher konnten wir uns aber noch nicht auf einen Ton einigen. Wobei, Nicht-Einigen war fast noch zu freundlich ausgedrückt. Bereits seit mehreren Minuten diskutierten wir lautstark hin und her, was am besten passen würde, zu einer Einigung waren wir jedoch noch nicht gekommen. Dabei wollte ich mich gar nicht mit meiner Freundin streiten, aber irgendwie ging mein Temperament gerade mit mir durch.

Bei Tina sah es ähnlich aus. Anfangs hatte sie noch einigermaßen versucht, ruhig und sachlich zu bleiben, aber spätestens, als ich gemeint hatte, Rot sei die Farbe des Hasses und der Wut, hatte auch sie endgültig den Geduldsfaden verloren.

Jon und Allen, die auch hier im Haus waren, hatten sich provisorisch in einen der anderen Räume verzogen, gewillt, sich nicht in Lebensgefahr zu begeben. Ajay verbrachte den Nachmittag bei unseren Nachbarn, wo er in deren Sohn einen neuen Freund gefunden hatte, und die drei Hunde lagen nur noch genervt auf der Couch und sahen nicht so aus, als würden sie sich gerne der Aufregung anschließen wollen. Gerade Jack warf mir ab und an nur noch einen hasserfüllten Blick zu, wenn meine Stimme wieder lauter geworden war.

Nun war es jedoch Tina, die erneuert einen Protestversuch startete. „Rot ist die Farbe für Liebe, Leidenschaft und Erotik, doch gerade das Richtige in einer Ehe", schnappte sie empört auf und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Meinst du nicht, dass Blau als Symbol für Treue, Unendlichkeit und Harmonie etwas geeigneter für das Zusammensein ist anstatt ein wildes Sexleben zu führen?" Todernst erwiderte ich ihren Blick und presste meine Lippen zusammen.

Tina schnaubte nur entrüstet auf und entgegnete kühl: „Wer will schon eine Farbe, die so kalt und nichtssagend ist."

„Hey, es gibt auch einen warmen Blauton!"

„Du willst ja nur Blau, weil das die Ringfarbe von Allen unter Anderem ist!"

„Ach, aber du nicht oder wie. Falls ich dich darauf hinweisen darf, aber das Shirt von Jon, was du gerade trägst, ist definitiv Rot-Schwarz!" Tatsächlich, ihr T-Shirt hatte als dunkelroten Aufdruck die Initialen ihres Mannes, DA für Dean Ambrose.

Das Argument schien jedoch nicht zu wirken bei ihr, denn sie hob nur unbeeindruckt eine Augenbraue und zischte: „Denk dran, die Bestellung der Servietten ist meine Angelegenheit. Wenn ich also Rot will, dann nehme ich auch Rot!"

„Wenn du das tust, erwürge ich dich eigenhändig, wie ich es schon vor langer Zeit hätte tun sollen!" Meine Stimme war nun wieder etwas lauter geworden und war todernst, und genau das schien meine Freundin schon wieder zu warnen. Automatisch trat sie ein paar Schritte zurück und funkelte mich abschätzend an.

„Himmel, Toni, man hört dich bis in die Garage", ertönte da Allens verzweifelt belustigte Stimme hinter mir und ich fuhr wütend rum.

„Das ist mir scheißegal, es geht hier um unsere Hochzeit und darum, ob sie schön blau oder hässlich rot wird. Sag doch auch mal was dazu."

Verdutzt schaute er mich an. „Also... ähm... Jon? Ich brauche mal deine Hilfe!"

Wenig später tauchte schon der Blondschopf hinter ihm auf und blickte vorsichtig in den Raum hinein. „Irgendwelche Verletzte? Leben noch alle?"

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