Kapitel 17

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Wenn ich euch für eure Zukunft eines mitgeben darf, dann, dass ihr eure Pläne am besten nie laut oder vor euren Feinden preisgebt, denn sonst endet ihr so wie Amalia und ich.

In einem Krankenhaus mit einem gebrochenen Fuß, einem Verlobten, der gar nicht mein Verlobter war und einem Fluchtplan, der nicht ausgeführt werden konnte. Doch zu meiner Erleichterung hatte ich ja noch meine Seelenverwandte, die mir in allen Dingen zur Seite stand und mich so gut wie nie aus dem Augen ließ.

Auch nicht, also Thomas mich freundlicherweise bis zum Auto stützen wollte, denn da lief bei ihr augenscheinlich das Fass komplett über und sie stellte sich schützend vor mich, sodass keiner mehr an mich ran kam, ohne sie unbarmherzig zur Seite stoßen zu müssen.

Und da Thomas ja ein unglaublicher Gentleman war - ich glaube sogar, dass er gar nicht so übel war, denn er warf mir immer wieder einen besorgten Seitenblick zu -  wich er mir trotzdem nicht von der Seite. Und so schob er Amalia mit einem bittenden Blick aus dem Weg und hob mich auf den Sitz. Dann besprach er noch etwas mit  seinem Freunden, von dem ich aber kein Wort verstehen konnte.

Und so einigten sich alle Betroffenen, dass Amalia und ich bei Thomas und seinen Jungs schlafen würden.

So saß ich auf dem Beifahrersitz, hatte meine Füße so weit wie möglich ausgestreckt, mir eine für ein Auto äußerst bequeme Position gesucht, meine Augen geschlossen und genoss den Fahrtwind, der mir durch die Haare fuhr und sie wieder in alle Richtungen wehte.

Ich war selbst über meine Reaktion sehr überrascht, denn ich war sehr entspannt. Und das obwohl ich mit meinem Verlobten in einem Auto saß. Irgendwie hatte ich nicht das Gefühl, dass er mich sofort wieder nach Hause bringen würde. Ganz im Gegenteil.

Ich konnte mir sogar vorstellen, mit ihm und seinen Freunden noch ein paar Tage hier zu bleiben. Ich musste zugegeben, ich kannte ihn so gut wie gar nicht, doch die letzten Stunden hatte ausgereicht, um meinen Meinung von ihm ein kleines bisschen ins positive zu ändern. Ich hatte ihn mir so streng, hart und kaltherzig vorgestellt. Und wie Eis. Doch irgendwie hatte er etwas an sich, dass anziehend wirkte. Er war nicht so ein Typ wie meine Vater, aus dessen Nähe man sofort wieder Flüchten wollte, weil man Angst haben musste, von ihm gefressen zu werden.

Nein. Er war so liebevoll, fast schon zärtlich. Er war mit mir umgegangen, als hätte er Angst gehabt, ich würde in der nächsten Sekunde zerbrechen. Und auch seine Ausstrahlung war ganz anders, als ich sie von Männern in seiner Nähe gewohnt war. Er war nicht ein Mann, dem es nur ums Geld ging. Es kam mir so vor, als würde er auch etwas auf seine Familie  setzen, als wollte er sie um jeden Preis beschützen. Ich wusste ja nicht, wie sonst mit Frauen oder seiner Schwester umging, doch ich hatte bei weitem eine andere Art von ihm erwartet.

Hach, wie man sich doch in Menschen täuschen konnte.

Doch meine Gedanken wurden irgendwann von den ganzen Lichtern der Stadt abgelenkt. Mir war bis jetzt nicht aufgefallen, wie wunderschön sie eigentlich leuchtete. Es kam mir vor, als würde diese Stadt niemals schlafen, als würden die Leute Nächte um Nächte durchmachen, ohne dabei auch nur eine Sekunde schlafen zu müssen.

Ich wusste nicht, ob eine Stadt wie diese wirklich etwas für mich war, denn ich war ein Langschläfer. Doch ich hatte glücklicherweise noch Zeit.

Falls man uns nicht davor wieder zurück in die Hölle - auch genannt ' Zuhause ' - brachte.

Plötzlich hielt das Auto vor einem riesigen Fünf-Sterne Hotel und alle - außer mir, da ich ja leider auf Hilfe angewiesen war - stiegen aus dem Auto.

Thomas ging einmal um das Auto und trug mich dann rein. Amalia ging an der Seite von Thomas' Kumpel, doch sie war nicht angespannt.

Vielleicht hatte Thomas' Freund ja ein Händchen für jemand wie meine beste Freundin.

" Thomas? Wie heißt dein Freund eigentlich? " fragte ich leise, so dass nur er mich verstehen konnte.

" Jack. Und die anderen beiden sind Ashton und Luke."

" Ah, ok danke." Dann schloss ich die Augen wieder und genoss die Körperwärme von ihm. Draußen war mir nämlich kalt gewesen. Langsam schloss ich meine Augen und versuchte mich, so gut es ging und möglich war, etwas zu entspannen.

In der Lobby war es ruhig, so ruhig, dass ich sogar Thomas' Herzschlag hören konnte. Er ging ruhig und langsam und ich wäre sogar fast eingeschlafen, wenn Thomas mich nicht davor noch leise angesprochen hätte.

" Möchtest du noch duschen gehen?"

Haha, wie lustig. Mit Gips. Duschen. Das war ja wohl ein Scherz.

" Mit dem Ding an meinem Fuß. Ist ja wohl ein Scherz." gab ich zurück.

" Deine Freundin kann dir ja helfen. Ich auch, falls dir das Recht ist."

Oh. Das hatte ich nicht erwartet.

" Ich...ähm... Also wenn du mir helfen willst, aber ich schaff das schon alleine...denk ich." murmelte ich leise in sein Shirt.

" Ich schau mal, wie ihr das macht. Wenn ihr Hilfe braucht, sagt einfach Bescheit, ich komme."

Ich wurde ins Bad getragen, Amalia kam hinterher, schob meinen Zukünftigen aus der Badezimmertüre und versperrte diese.

" Du magst ihn, nicht wahr?" fragte sie. Dann sah sie mich an.

Oh ja, ich mochte ihn.

Sogar mehr, als mir eigentlich lieb war...

Under the Mistletoe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt