Under the Mistletoe

Kapitel 28

Was würdet ihr tun, wenn ihr von zuhause abhauen würdet, wenn ihr Hals über Kopf abgehauen seid und nicht wisst, ob ihr jemals wieder Heim kommen werdet? Wenn euch ein Schicksal bevor steht, dass ihr nicht selbst besiegelt habt? Was würdet ihr tun, wenn man euch sagt, was ihr zu tun habt, euch unterdrücken würde und zu Dingen zwingen würde, die ihr nicht tun wollt? Was würdet ihr tun, wenn man euch alles vorschreiben würde? Wenn jeder eurer Schritte nicht von euch selbst geplant wurde, sondern wenn ihr wisst, dass jemand anderer euer Leben in der Hand hat und kontrolliert? Würdet ihr euch wehren oder würdet ihr still schweigen und darauf hoffen, dass es irgendwann einmal vorbei gehen wird? Wenn ihr irgendwo gefangen seid, würdet ihr versuchen, auszubrechen oder würdet ihr darauf warten, dass ihr vielleicht freigelassen werdet? Würdet ihr kämpfen oder still warten, bis etwas passieren würde?

Wenn ihr die Wahl hättet, ein Tier von einem Züchter zu kaufen oder von irgendwo zu retten, welche Wahl würdet ihr treffen? Wenn ihr ein Kind adoptieren oder erst selbst zur Welt bringen müsstet, welche Wahl würdet ihr treffen? Wenn ihr seht, dass Kinder über ein anderes lachen und es hänseln, würdet ihr einschreiten? Würdet ihr dem Kind helfen, doch dabei riskieren, dass ihr möglicherweise selbst zur Zielscheibe werdet? Würdet ihr es riskieren oder würdet ihr weiter gehen, weg schauen, so tun, als würde nichts passieren?

Wenn euch jemand sehr viel wert ist und eure Beziehung am zerbrechen ist, würdet ihr sie retten? Würdet ihr euer Ego überwinden oder würdet ihr es lassen? Wenn euch jemand um Rat bittet, der euch einmal sehr verletzt hat, würdet ihr ihm trotzdem helfen? Wenn ihr euch mit eurer Freundin streitet, würdet ihr sie um Verzeihung bitten oder würdet ihr sie ignorieren? Wenn euch große Schmerzen breitet wurden, würdet ihr euch jemals wieder öffnen?

Ich konnte nicht mit dem Gedanken leben, ein Tier von einem Züchter kaufen, während irgendwo anders auf der Welt ein Tier starb. Entweder weil es getötet wurde, oder weil es starb, weil es verdurstet oder verhungert war. Warum sollte ein Tier sterben, wenn jemand es retten konnte? Warum sollte ich jemand aufgeben, wenn ich ihn retten konnte?

Das Leben war einfach. Menschen sind verschlossen, wenn sie etwas zu verbergen haben, wenn ihnen etwas schlimmes passiert ist oder einfach, weil sie die Außenwelt von sich fernhalten wollen. Menschen waren in der Gesellschaft fast immer genau das Gegenteil von dem, was sie in Wirklichkeit waren, was und wer  sie waren. Doch alles aus einem bestimmten Grund. Kein Mensch ist böse, kein Tier ist bösartig oder wurde dafür geschaffen, bösartig und kalt, tödlich zu sein. Kein Tier hatte die Absicht, ein anderes zu verletzten. Kein Tier hatte die Absicht, einem Menschen weh zu tun. Kein Mensch wurde böse geboren, wurde geboren, um zu töten.

Jedes Wesen hat seine Eigenheiten. Manchen fällt das Vertrauen schwer, manche sind ruhig, weil sie verletzt wurden, manche sind rebellisch, weil sie frei sein wollen. Manche sind kalt, weil sie große Schmerzen ertragen haben. Manche sind kalt, weil sie ein Geheimnis bewahren wollen, andere wiederum weil sie missbraucht und verraten, hintergangen wurden. Manche Menschen sind anders, wenn sie alleine sind.

Doch ich muss euch an dieser Stelle eines sagen. Kein Tier, kein Mensch ist nicht zu brechen. Egal wie hart der Kern ist, es geht darum, dass du mit diesem Wesen viel Zeit verbringen musst. Zeit ist mehr wert als alles andere. Du musst dir Zeit nehmen, du musst es wollen. Du darfst nicht so schnell aufgeben.  Jemand, der oft verletzte wurde, vertraut nicht sofort wieder. Er braucht Zeit, damit er dir vertraut. Nicht, weil dir schaden will.

 Weil er sich selbst nicht schaden will. Weil er es vielleicht nicht aushält, noch einmal verletzt zu werden.

Man muss sich Zeit nehmen, man darf den Mut nicht verlieren. Man darf nicht einfach nach kurzer Zeit sagen ' Das funktioniert nicht, niemand kann das schaffen, es ist unmöglich.' Es braucht Zeit. Wunden brauchen Zeit, um zu heilen. Manchmal Monate, manchmal Jahre. Manchmal sogar ein ganzes Leben lang. Man muss sich Zeit für diese Wesen nehmen, man muss ihnen zeigen, dass man sie nicht verletzen will. Man muss mit ihnen arbeiten, nicht gegen sie, man muss ihnen ihre Freiheiten lassen.

Man muss sie frei sein lassen. Man darf sie nicht zwingen, zu Sachen ,die sie nicht tun wollen. Man muss ihnen vertrauen, denn sie werden einen nicht verletzen. Nicht ohne Grund und nicht mit Absicht. Denn wenn sie sich einmal geöffnet haben, dann werden sie dir ihre Welt zeigen und ich schwöre dir, ihre Welt ist so wunderschön, dass du ersticken wirst.

Ihre Welt ist geprägt von einer Sache, egal was es ist. Doch sie haben so eine andere Ansicht auf das Leben, eine traurigere und doch schönere. Sie sehen die Welt mit ihren Augen, anders als der Rest. In ihrer Welt sind sie Königinnen und Könige, heilig und wunderschön. Ihre Welt wird dir andere Seiten, Ecken und Kanten des Lebens zeigen.

Sie werden dir zeigen, dass man sich an ganz einfachen Sachen erfreuen kann. Sie werden dir zeigen, dass Regen eine wunderschöne Sachen sein kann, dass Blumen oder ein Vogel mehr sind, als nur eine Pflanze und ein Tier. Sie werden dir zeigen, dass die Farbe des Himmels mehr ist als nur eine Farbe. Sie werden dir zeigen, wie sehr sie eine kleine, in deinen Augen total einfache Sache, unendlich glücklich machen kann.

Sie werden dir so viel mehr zeigen und so viel mehr beibringen, als die Schule es jemals tun kann. Sie werden dir Dinge und Sachen zeigen, die dir noch nie in deinem Leben aufgefallen sind. Sie werden dein Leben wunderschön und besonders machen. Sie werden dein Leben verändern.

Doch dies kann nur geschehen, wenn du ihnen eine Chance gibst, wenn du ihnen dein Vertrauen schenkst und wenn du dir Zeit nimmst. Wenn du ihnen zeigst, dass sie eine Rolle in deinem Leben spielen, dass du sie nicht einfach so fallen lässt, sie nicht einfach so hintergehst und verrätst. Wenn du ihnen nur ein bisschen Liebe und Zeit schenkst.

Du kannst einen Menschen vielleicht nicht ändern, doch du kannst sein Verhalten dir gegenüber verändern.

Und ich sage euch eines: Immer die Wesen, die am ruhigsten, am verschwiegensten, am verschlossensten sind, sind die besten Wesen. Denn sie haben eine Geschichte zu erzählen, die spannend, traurig, lustig und sensationell zugleich ist. Man muss ihnen bloß eine Chance geben. Den diese Wesen sind die, die den Sinn des Lebens verstanden haben und das Leben zu etwas besonderem machen, wenn man sie nur lässt.