Kapitel 22

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! Achtung: Persönlicher Bezug !

" You call it a Moment, I call it live "

Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, war das Auto verlassen, es war dunkel und ich lag in einer Decke auf der Rückbank. Besser gesagt ich war eingewickelt worden. Langsam setzte ich mich auf, was mir etwas schwer fiel, denn mein Fuß tat weh. Von irgendwo draußen vernahm ich Stimmen, das Rauschen von Wasser. Daraus schloss ich, dass wir irgendwo in der Nähe einer Klippe oder Wasser stehen mussten. Zumindest dachte ich, dass wir dies taten. Langsam wickelte ich  mich aus der Decke aus und machte mich auf die Suche nach einem Lichtschalter, natürlich darauf bedacht meinen Fuß nicht zu bewegen, was alles noch viel schwerer machte, als es schon war. Da sich endlich einen gefunden hatte, sah ich mich um. Ich lag zwar noch im Auto, doch ich konnte in der Ferne ein Licht ausmachen, ein paar Leute herum und mir stieg der Geruch von Stöckchenbrot in die Nase. Als würden mich meine Krücken und die Decke nicht schon genug behindern, fing zu allem Überfluss auch noch meine Magen an zu grummeln. Überaus genervt ließ ich mich stöhnend wieder nach hinten sinken und vergrub meinen Kopf in der Decke. Eine Weile lauschte ich nur den Geräuschen der Außenwelt, dann vernahm ich irgendwann Schritte, die sich mir näherten und immer lauter wurden. Wahrscheinlich war mein Magen so laut gewesen. Eine andere Erklärung hatte ich für das hier nicht. 

 Und ich hatte Recht behalten. Thomas und Luke waren zu  mir gekommen. Erleichtert darüber, dass man mich aus diesem Auto holte, lehnte ich mich wieder zurück und genoss die letzten paar Sekunden für mich. Dann wurde das Auto auch schon geöffnet und ich wurde von Thomas irgendwie aus dem Auto gehoben und auf die Füße gestellt ( besser gesagt auf einen), während Luke mir die Krücken in die Hand drückte. Dann packte ich sie und humpelte mit meinen Begleitern an meiner Seite zum Feuer.  Dort wurde ich feierlich begrüßt. " Na Prinzessin? Gut geschlafen?" fragten sie mich alle und ich nickte nur zur Bestätigung. Dann setzte ich mich neben meine beste Freundin, lehnte mich an Thomas und schloss meine Augen.


Eine Weile war es ruhig, außer den Geräuschen der Natur und dem Knistern des Feuers war nichts zu vernehmen. Doch klar, unser Atem doch der zählte nicht wirklich, denn er war so leise, dass er mühelos von allen anderen Geräuschen übertönt wurde. Ich starrte leise ins Feuer, sah dem Holz beim verbrennen zu. Die Farben des Feuers waren so atemberaubend und gleichzeitig so wunderschön, dass ich meinen Blick kaum abwenden konnte. Auch die Lichter von Vegas unter mir waren so hell, dass ich sie bis hier her sehen konnte. Las Vegas. In den Tagen, die ich dort verbracht hatte, war mir so viel neues aufgefallen. Es kam einem beinahe so vor, als würde diese Stadt nie schlafen, als würden den Leuten nie die Energie ausgehen. Und das liebte ich so an manchen Städten. man hatte bei manchen das Gefühl, dass die Leute dort immer nur das taten, was sie wollten. Da sie alle ihr Leben lebten, wie sie es wollten. Und genau das war es schon immer gewesen, was ich schon immer tun wollte. Ich wollte schon immer einmal unabhängig von meinen Eltern auf Urlaub fahren, mit Freunden Urlaub machen. ich wollte immer frei sein, so wie ich es jetzt war. Das war immer mein Traum gewesen. Und ich hatte so ein gutes Gefühl dabei, dass ich gar nicht daran dachte, was danach kommen könnte. Was mein Ausriss für Schwierigkeiten bringen würde.


Und das war auch das, was ich vermissen würde, wenn ich einmal selbstständig arbeiten würde, wen ich einmal erwachsen werden würde. als kleines Kind war die Welt noch so unglaublich einfach gewesen. Man hatte nicht von Dingen gehört, die man nicht verstand, die einem niemand erklären konnte. Man hatte nicht über Dinge lernen müssen, die vor ein paar Jahrtausenden passiert waren und uns noch immer verfolgten. Man musste sich nicht mit Dingen wie Schule, Liebe oder dem bevorstehenden Leben beschäftigen. Denn an Dinge wie diese dachten kleine Kinder nunmal nicht. Als Kind konnte man behaupten, dass man wirklich lebte. Denn als kleines Kind macht sich niemand Gedanken übe reinen ganz bestimmten Jungen, über die Periode oder über die Probleme mit den Eltern. Als Kind saß man auf einer Schaukel und lachte über Dinge, die eigentlich gar nicht lustig waren. Doch man lachte, weil das Leben einfach schön war.  Weil man einfach lachte, weil die Sonne am Himmel stand, weil nachts der Mond schien. Weil man einfach ohne einen wirklichen Grund fröhlich war. Und das waren Kinder sehr oft. Sicher, sie konnten auch weinen. Und das taten sie - Überall. Im Kino, im Restaurant, im Kindergarten. Und sie weinten wirklich. Als Erwachsener musst du deine Tränen zurück halten, da weinen in der Öffentlichkeit Schwäche zeigte. Und Schwäche machte viele Leute angreiflich. Viele Leute haben Angst, Schwäche zu zeigen. Denn wer Schwäche zeigt, wird automatisch als schwach eingestuft. Viele Leute verstecken ihre Trauer, ihre Probleme und Schmerzen hinter einem Lächeln, einem Lachen. Doch warum? Ganz einfach. Weil sie Angst haben, von ihren Problemen zu sprechen, sich ihren Ängsten zu stellen. Weil sie Angst haben, dem Druck nicht mehr standhalten zu können. Weil Angst und Schwäche Gefühle sind, für die man ausgelacht wird.

Weil so viele Menschen Angst haben, Schwäche zu zeigen, weil sie Angst vor den Reaktionen haben. Doch soll ich euch einmal etwas sagen? Weinen ist okay. Weinen zeigt keine Schwäche. Ganz im Gegenteil. Denn weinen ist menschlich. Wer weint, zeigt seine Schwächen indirekt. Jeder Mensch weint, weil ihn etwas belastet. Doch alle fressen es in sich hinein. Doch Tränen zeigen keine Schwäche. Tränen zeigen nur, dass man viel zu lange stark war.  Das diesen Menschen einfach alles zu viel wurde, der Druck einfach viel zu groß war. Nicht viele Menschen haben den Mut, die Stärke und die Selbstlosigkeit, dies zu tun. Viel zu viele Menschen litten still in sich, wollen nicht über ihre Probleme reden, Doch genau das ist die Lösung für fast alle Probleme. Reden und weinen. Denn wenn ich meine Probleme mit jemand teilen konnte, dann war das Leben nur mehr halb so schwer. Und auch weinen ist total okay. Egal ob erwachsen, jugendlich oder alt, ob Baby, Kind oder Erwachsener. Weinen machte die Seele leichter. Und weinen war, ja verdammt nochmal, kein Zeichen von Schwäche.


Sondern einfach nur ein Zeichen, dass ein Mensch zu lange stark gewesen war. Und lebt sich das Leben nicht viel besser, wenn man ein paar Leute zum reden hatte, weinen durfte und frei  war? Und ja, ich kann euch diese Frage beantworten.


Es war einfacher. Viel einfacher. Das Leben ist nicht immer einfach, auch nicht immer ein Zuckerschlecken.


Doch es war einfacher, wenn man bestimmte Sachen einfach zuließ.



Under the Mistletoe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt