Kapitel 12

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" Und Tessa? Wie gefällt dir dieses Kleid?" drang die Stimme von Amalia irgendwo unter einem Kleiderhaufen zu meinen Ohren.
Sie legte die Kleider zur Seite und hielt ein Kleid in die Höhe. Aber nicht irgendeines.

Es war beige, schulterfrei und ging mir bis zur Mitte meiner Oberschenkel.

Es war mit Steinen besetzt, die mit der Sonne um die Wette funkelten.

Alles in einem: es war unglaublich.

" Gib her!" schrie ich auf und sprang auf sie zu, nahm ihr das Kleid aus der Hand und rannte zu den Umkleidekabinen. Ich stolperte zwar über ein kleines Kind mit Fahrrad, aber was soll's?

Ich bog in die Umkleidekabinen ein und wollte gerade in die erste Kabine, als mir auffiel, dass diese besetzt war. Allerdings fiel mir das erst auf, als ich die Frau dort stehen sah. Nur in Unterwäsche.

Ich wurde schlagartig rot, riss den Vorhang wieder zu, stammelte eine Entschuldigung und lief mit rotem Kopf weiter.

Ich krallte mir die nächste, die - glücklicherweise - frei war, zog den Vorhang zu und zog mich um.

Als ich es an hatte, drehte ich mich zum Spiegel und wagte es gar nicht, mich anzusehen. Ich hatte Angst, Angst vor dem, was mich erwarten würde. Meine Augen waren geschlossen. Doch ich nahm mir den Mut und öffnete die Augen.

So schlimm würde es ja wohl auch nicht sein.

Und dann fiel mir die Kinnladen bis zum Boden. Ich fand mich zum ersten Mal wirklich wunderschön. Das Kleid passte mir wie angegossen, es schmiegte sich sanft an meine Taille, umschmeichelte meine Oberweite und fiel ab meiner Taille in sanften Wellen in Richtung Boden. Es war nicht lang, ganz im Gegenteil. Es war kurz, ging mir bis zur Mitte meiner Oberschenkel.

Und ich glaube sogar, dass dieses Kleid wirklich das erste war, indem ich mich wunderschön fand. In dem ich mich fühlte, als wäre ich eine Prinzessin. So wunderbar fühlte es sich an.

Jetzt wo ich schon dabei war, warum hatte ich mich in meinen alten Abendkleidern nie so wohl gefühlt? Vielleicht lag es ja daran, dass ich diese Abende immer als Plicht gesehen hatte und sie nie genossen hatte. Doch sowas konnte man ja nicht genießen. Diese reichen, sich für etwas besseres haltenden Leute waren ja unglaublich..

"Und? Wie ist es?" riss mich Amalia aus meinem Gestaune und verpasste mir einen halben Herzinfarkt als sie die Vorhänge aufriss. Da riss sie die Augen weit auf und schein sie gar nicht mehr zumachen zu wollen, nicht mal, als ich mit meinen Armen vor ihrem Gesicht herum fuchtelte.

" Wow...Du siehst echt unglaublich aus. Du solltest es wirklich nehmen."

" Vielen Dank. Und wenn du mich das nächste Mal an einem Herzinfarkt sterben lassen willst, sag's mir davor." entgegnete ich trocken aber konnte mir bei ihrem Gesichtsausdruck ein kleines Lachen nicht verkneifen.

" Und? Hast du auch eins gefunden? " fragte ich sie und Am begann wild mit dem Kopf zu nicken. Dann riss sie mein Kleid und mich am Arm zu sich und rannte mit uns durch das gesamte Geschäft, ehe sie vor einem wunderschönen Kleid stehen blieb.

Es war oben weiß, dann ging in es in Türkis weiter. Außerdem hatte es einen Schleier, der das Türkis sanft umrundete.

Wenn ich mir Am und das Kleid ansah, konnte ich mir wirklich gut vorstellen, dass sie es einmal tragen würde. Ganz bestimmt.

" Na los, geh's probieren. Ein besseres Kleid wirst du hier nicht finden, dass zu dir passt."

Ich musste gar nicht lange warten und schon kurze Zeit später trat Amalia aus der Umkleidekabine
Und als ich das Ergebnis sah, kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

Amalia sah aus wie ein Engel.

Ein gefallener Engel.

Under the Mistletoe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt