Neuland

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Die Alpträume kamen nach diesem Desaster von Abendessen zurück.

An dem Abend mit Anna nach Hause zu fahren war unangenehm gewesen. Sie war sich mehr als bewusst, dass in dem Badezimmer etwas passiert war, doch sie schien nicht gewillt zu sein, nachzuhaken und zu drängeln und Antworten aus Dean herauszuquetschen. Er war sich ziemlich sicher, dass sie Angst vor den Antworten hatte und bestimmt glücklicher war, es nicht zu wissen. Nicht, dass irgendetwas passiert war, wobei...

Nein. Er wollte nicht einmal darüber nachdenken.

Sie waren einfach nach Hause gekommen, hatten sich Pyjamas angezogen und waren ins Bett gekrochen; Anna auf ihrer Seite, von Dean abgewandt, und Dean auf dem Rücken, wo er für den größten Teil der Nacht die Decke anstarrte. Als er schließlich einschlief, träumte er von Cas, wie er mit ihm stritt, wie er Ich liebe dich nicht schrie und zusah, wie sein Gesicht in sich zusammenfiel. Er träumte davon, wie er auf einem Bett saß, unfähig sich zu bewegen, sich hilflos und verängstigt fühlte.

Dean wachte nach Luft ringend auf. Seine Hände zitterten und seine Haare waren verschwitzt. Es ärgerte ihn, dass die Alpträume zurück waren, doch das Beben seiner Hände ärgerte ihn mehr.

So verging eine Woche voller Schlaflosigkeit und Alpträume. Die Ringe unter seinen Augen wurden größer.

Charlie fragte ihn nicht nach dem Abendessen. Am Montag danach war sie mit strahlenden Augen und Fragen auf ihrer Zungenspitze in seinen Klassenraum geplatzt, doch ein Blick auf ihn ließ sie ihren Mund schließen und leise rückwärts aus der Tür gehen.

Seine Schüler benahmen sich so vorbildlich wie noch nie. Andere Lehrer schienen einen großen Bogen um ihn zu machen. Es machte ihn wahnsinnig zu wissen, wie durchsichtig er sein musste, dass jeder um ihn herum sehen konnte, wie sehr er am Arsch war.

Jetzt, zwei Samstage vor seiner Hochzeit, waren er und Sam im Smokingladen in der Innenstadt von Towson und gingen durch ihre endgültigen Anproben. Victor, ebenfalls ein Mitglied von Deans Hochzeitsfeier, hätte sie eigentlich begleiten sollen, doch durch irgendeinen FBI-Notfall war er das Wochenende über nicht in der Stadt.

Dean agierte auf Autopilot. Er hatte es geschafft, Castiel in der letzten Woche kein einziges Mal zu begegnen. Er war sich nicht sicher, ob er über diesen Fakt glücklich oder unglücklich war, und die Ungewissheit ließ ihn verdammt verrückt werden, transportierte ihn in einen endlosen Kreis aus Ärger und Zweifel. Dean war unausgeglichen, abgelenkt und frustriert.

Vor zwei Wochen war sein Leben so einfach gewesen. Er würde heiraten, er war glücklich gewesen, alles lief super. Jetzt hatte sich der verdammte Cas mit seinen verdammten blauen Augen in sein Leben zurückgeboxt, und das war eindeutig die letzte beschissene Sache, die er brauchte.

Sam und er saßen im Essensbereich. Dean stocherte verwirrt auf einen mittelmäßigen Burger ein und schob die Pommes auf seinem Teller umher. Er schenkte Sam nicht wirklich seine Aufmerksamkeit, der wie ein Wasserfall über irgendein neues altes Buch redete, das er bekommen hatte, um seine magische alte-Bücher-Sache damit zu machen, und was für eine Ehre es war, mit so einem historischen Buch betraut worden zu sein. Dean hatte Sam nicht ausblenden wollen, wirklich nicht. Er wusste, wie sehr Sam es hasste, wenn er das tat.

,,Hast du bei irgendeiner verdammten Sache zugehört, die ich erzählt habe?", fragte Sam schließlich gereizt.

,,Ja, du hast ein neues altes Buch bekommen. Unglaublich."

Sams Seufzer sagte ihm, dass er einen Fehler gemacht hatte. Sein Bruder schob seinen leeren Salatteller zur Seite. ,,Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte, dass ich Dad besucht habe."

,,Prima. Wie ist es gelaufen?"

,,Es war gut. So ist er meistens. Er wollte wissen, wie es dir geht."

Painted Angels (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt