Guten Morgen, Baltimore! (Timestamp)

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Sam war sich nicht sicher, was ihn geweckt hatte, aber die erste Sache, die er sich bewusst wurde, war das Pochen in seinem Schädel.

„Oh scheiße, oh scheiße." Er rollte sich von dem hellen Sonnenlicht weg, das durch das Fenster der Feuerwache hineinstrahlte, und war nun Gabes schlaffem Gesichtsausdruck zugewandt. Ein Spuckefaden tropfte von dem Mund seines festen Freundes auf das Kissen. Sam konnte nicht anders als deswegen zu grinsen.

Es war der 3. Mai, der Tag nach seinem fünfunddreißigsten Geburtstag. Gabe und er waren für diesen Anlass nach Hause geflogen. Es war von vorneherein klar gewesen, dass die Feier wie immer bei Bennys stattfinden und dann schlussendlich in die Feuerwache verlegt werden würde. Alle außer Dean hatten sich bei den zahlreichen Trinksprüchen auf Sams Geburt besoffen. Genau genommen konnte sich das Geburtstagskind selbst nicht mehr allzu gut an seine eigene Feier erinnern.

Seine Blase meldete sich. Sam taumelte aus dem Bett, zog das erstbeste Kleidungsstück vom Boden an und wankte zum Badezimmer. Er war nicht überrascht, dass Cas und Dean noch nicht wach waren. Auf seinem Weg zurück vernahm er jedoch Musik, die durch die Öffnung der Rutschstange nach oben drang.

Anscheinend war Dean auf.

Die Musik war vertraut – und es war nicht Deans Art von Musik. Neugierig geworden entschied sich Sam, der Sache auf den Grund zu gehen.

Sich die Treppe hinunterzuschleichen war einfacher, als er angenommen hatte - vor allem dadurch, dass Dean die Musik aufgedreht hatte und bei Haispray mitsang?

Sams Kinnlade klappe herab und er musste auf seinen Handrücken beißen, um nicht loszulachen. Er griff in die Taschen der Jeans, die er angezogen hatte, und war begeistert, Gabes Handy dort zu finden. Erst jetzt realisierte er, dass er Gabes Jeans trug.

Oh. Deswegen sah es so aus, als sei es eine Dreiviertelhose.

Während er sich die letzten Stufen hinunterschlich, schaltete er die Handykamera an und drückte den Knopf zum Filmen.

Es war besser, als er es sich vorgestellt hatte.

Dean stand in der Mitte des Ateliers und trug nichts weiter als die schäbigste Sportshorts, die Sam je gesehen hatte. Er hatte sich einen Pinsel hinter das Ohr geklemmt, und Farbe war fast über seine komplette Brust verschmiert. Dean tanzte durch die Gegend, während ein großer Pinsel als Mikrofon herhielt, und präsentierte seine beste Version von Tracy Turnblad.

„The rats on the street, all dance round my feet. They seem to say ,Tracy, it's up to you', so, oh, oh, don't hold me back 'cause today all my dreams will come true!"

Er drehte sich im Raum umher und warf die Arme in die Luft, als er zum Refrain ansetzte.

,,Good morning Baltimore! There's the flasher who lives next door, there's the bum on his bar room stool - they wish me luck on my way to school."

Dean rannte los, fiel auf die Knie, rutschte über den glatten Beton und schmetterte den Rest des Liedes.

,,Good morning Baltimore! And some day when I take to the floor, the world's gonna wake up and see - Baltimore and me!"

Dean machte eine ausladende Armbewegung und Sam konnte nicht mehr. Er brach in schallendes Gelächter aus.

,,Was zur Hölle!" Dean sprang auf die Füße. ,,Sammy! Du verdammter Spanner!" Sein Blick fiel auf das Handy in Sams Hand. ,,Oh, du kleiner Scheißer. Ich weiß, dass du das nicht aufgenommen hast. Komm her!" Dean stürzte sich auf Sam, doch der sprintete schon die Treppe hoch. Er schlug Dean in dem Wettrennen gerade noch so, schlug die Tür zu und verschloss sie.

,,Sammy! Du löschst diese Scheiße besser oder du wirst es bereuen!" Dean hämmerte an die Tür.

,,Es ist acht Uhr am Morgen und ich habe einen Kater. Was zur Hölle tust du da?", hörte Sam Cas auf der anderen Seite grummeln.

Er grinste erneut.

,,Sammy hat mich beim Singen gefilmt und-" Deans Stimme verklang. ,,Tut mir leid. Ich mache dir Kaffee."

Sam ließ die zu kurze Hose auf den Boden fallen und krabbelte wieder neben Gabe ins Bett, der sich sofort an ihn kuschelte. ,,Wach auf, ich muss dir was zeigen. Es ist witzig."

,,Halt die Klappe, Sonnenschein, es ist zu früh. Schlaf wieder ein."

,,Gabe-"

,,Später, Baby. Später."

Sam befand die Sache als aussichtslos und gab nach.

_____

Cas stand nicht vor zehn Uhr auf, und bis zu diesem Zeitpunkt hatte Deans Magen wirklich genug.

,,Sag mir bitte, dass wir jetzt etwas essen gehen können", flehte er und küsste Cas überall, wo er ihn erreichen konnte.

,,Du hättest nicht auf mich warten müssen. Es ist nicht deine schuld, dass ich letzte Nacht schamlos übertrieben habe."

,,Hast du eine Ahnung, wie süß du bist, wenn du betrunken bist? Du wirst ganz albern und offen und anhänglich." Dean erlaubte Cas, ihn auf den Rücken zu drehen.

,,Sie sind bemerkenswert hinreißend für jemanden, der verkündet, er sei am Verhungern. Versuchen Sie mich zu verführen, Mr. Winchester?"

,,Muss ich das überhaupt versuchen?"

,,Mmm, nein, nicht wirklich." Deans Magen knurrte laut und Cas stieß ein Lachen aus. ,,Roadhouse?", fragte er mit einem Grinsen.

,,Ja."

Als sie ein wenig später das Restaurant betraten, war jeder um den Tisch versammelt, an dem Sam und Gabe momentan tellerweise Pfannkuchen und Schinken verdrückten. Sie alle schauten auf das Handy, das Sam hielt. Als die Köpfe gehoben wurden und ihr Blick auf Dean fiel, gab es eine Reihe von Gelächter.

,,Was?", fragte er. ,,Was ist los?"

,,Ähm, nix", murmelte Bobby. ,,Wollt ihr Jungs Pfannkuchen?"

,,Klingt gut", stimmte Cas zu. ,,Dean?"

,,Ja, die üblichen, Bobby."

,,Kommen sofort, Tracy", sagte Bobby - obwohl Dean sicher war, dass er den Tracy-Part missverstanden hatte.

,,Was seht ihr euch da an?"

,,Oh, nichts", antwortete Jo leichthin. Sie streckte die Arme über dem Kopf. ,,Guten Morgen – Baltimore", grinste sie, bevor sie in die Küche davonstürzte.

Sam brach in Gelächter aus, als Dean sich umdrehte und ihn anstarrte. ,,Das hast du nicht getan."

,,Doch. Hat er sowas von", brach es aus Gabe zwischen zwei Lachanfällen hervor.

,,Ich denke, dass du verdammt süß in Tracys pinkem Glitzerkleid aussehen würdest", grinste Benny und salutierte mit einer Kaffeetasse.

Sam lachte so stark, dass er Schluckauf bekam.

,,Ich hasse euch alle", grummelte Dean und setzte sich auf eine Bank.

,,Wartet, ich will es sehen", sagte Cas und ging hinüber, um auf Gabes Handy zu schauen.

,,Hey! Du solltest eigentlich auf meiner Seite sein!", protestierte Dean.

Cas sah auf und grinste. ,,Du bist so süß, ich kann es gar nicht in Worte fassen. Ich liebe diesen Knie-rutsch-Move."

,,Ich bin gefickt", stöhnte Dean und ließ seinen Kopf auf den Tisch sinken.

Er wusste, dass es lange, sehr lange dauern würde, bis diese Sache vergessen war.

Painted Angels (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt