Dieser merkwürdige, kleine Funken

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Das Roadhouse roch so wie immer; Kaffee, Speck, leicht abgestandenes Bier und der Gestank von alter Schmiere. Castiel stieß die Tür auf und die kleine Glocke klingelte. Er zog seine Handschuhe aus und blinzelte, als er die Helligkeit der Remington Avenue hinter sich ließ.

Der Fernseher in der Ecke war gedämpft, WJZs Nachmittagsnachrichten liefen, während Johnny Cash über den Men in Black sang. Eine vertraute Gestalt mit Truckermütze stand hinter dem Tresen und wendete Sandwiches auf dem alten Grill. Das gesprungene Bild des ehemaligen (und verstorbenen) Gouverneurs William Donald Schaefer hing noch immer über der Kasse. Die ganzen Sporterinnerungsstücke, die BPD und BFD Marken, das Natty Boh Schild – alles war noch so wie früher.

Nichts hatte sich verändert.

Eine starke Welle von Nostalgie durchfuhr ihn, während er an einem Dienstagnachmittag in dem Restaurant stand.

Er konnte alles vor seinem inneren Auge sehen – Benny an seinem Stammtisch, die schwarze Marinemütze keck auf seinem Kopf sitzend, grinsend bei einer Tasse Kaffee; Jo in hautengen Jeans und einer engen, karierten Bluse, wie sie Bestellungen von dem Tisch mit Polizisten aufnahm, die immer in der Nähe der Fenster saßen; Pamela und Tessa in einer Nische, beschwerten sich lautstark über Crowley, ihren schmierigen Vermieter; Rufus, immer in etwas Lilanem der Ravens oder Orangenem der Orioles, der sich stöhnend über seine beiden Lieblingsteams beschwerte; Ash und Andy, ständig irgendwie high und auf der Suche nach Kaffee, Pfannkuchen und Scrapple; und Ellen selbst, wunderschön und herzlich, für Dean mehr wie eine Mutter als eine Freundin.

,,Nun sieh mal an, wen haben wir denn da", sagte eine warme, weibliche Stimme. ,,Hätte nie gedacht, dass ich dich wieder hier drin sehen würde, Junge." Ellen Harvelle-Singer stand in all ihrer Pracht vor ihm, das graubraune Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. ,,Sieh dich an. So erwachsen. Es ist schön, dich zu sehen, Schätzchen." Ihr Lächeln war aufrichtig und nur für ihn.

,,Ellen. Du siehst bezaubernd aus. Bist nicht einen Tag gealtert."

,,Und du bist immer noch so ein charmanter Lügner wie du es früher warst." Sie streckte die Hände nach ihm aus und zog ihn in eine Umarmung. Er sank gegen sie. Sie drückte ihn für eine ganze Weile und zog sich zurück, hielt ihn aber immer noch fest. ,,Lass mich dich ansehen. Immer noch so gutaussehend mit diesen schönen blauen Augen", murmelte sie mit einem Lächeln. ,,Also, bist du zum Mittag hier oder hast nur mal kurz vorbeigeschaut?"

,,Ich verhungere. Und hier drinnen riecht es großartig."

,,Nun, dann setz dich an den Tresen, der alte Mann..."

,,HEY!", rief Bobby empört.

,,...wird dir etwas zubereiten. Und du bist ein alter Mann, alter Mann."

Bobby brummelte vor sich hin und lächelte dann Castiel an. ,,Schön, dich wiederzusehen, Bursche. Wie ist es dir ergangen?"

,,Gut." Castiel lächelte und rutschte auf einen Barhocker. ,,Wie geht es den anderen so? Ich habe Tessas Laden leer stehen sehen..."

Ein dunkler Schatten glitt über Ellens Gesicht. ,,Tessa hat vor ungefähr drei Jahren Brustkrebs bekommen. Sie- Es ist schnell bergab mit ihr gegangen."

,,Oh. Oh, das ist- Das ist schrecklich."

,,Mhm", sagte Ellen mit einem kurzen Nicken. ,,Und Pamela, nun, sie hat das nicht besonders gut verkraftet. Sie hat den Laden an einen ihrer Tätowierer verkauft und ist verschwunden. Wir wissen nicht, wo sie hingegangen ist. Sie und Tessa, nun, sie sind mehr als nur Freunde geworden, nachdem du uns verlassen hast."

,,Wow. Ich hatte keine Ahnung. Es tut mir so leid, Ellen." Castiel starrte auf seine Hände hinab. ,,Ich hätte in Kontakt bleiben sollen."

,,Hättest mehr als das tun sollen, Bursche, aber das ist eine andere Geschichte." Sie schob eine Speisekarte auf den Tresen. ,,Finde heraus, was du essen möchtest, Schätzchen."

Painted Angels (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt