Die Familie, die wir uns aussuchen

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November, 2000

Dean wusste nicht, mit was er rechnen sollte, als er die Einfahrt zu den Novaks hochfuhr, doch er hatte garantiert kein Eingangstor erwartet, das mit großen Eichenbäumen gesäumt war, und garantiert hatte er nicht erwartet, dass das Haus von Cas' Eltern eine Villa war.

Er tippte den Code ein, den Cas ihm gegeben hatte, und das schwere, schmiedeeiserne Tor schwang gemächlich auf. Dean manövrierte den Impala die Auffahrt hoch und parkte ihn neben dem Mercedes-Cabrio, den er als Michaels erkannte. Daneben stand auch ein schnittiger, brandneuer, kirschroter Corvette. Cas hatte ihm erzählt, dass das Gabes Wagen war.

Bis vor zwei Tagen hatte er keine Ahnung gehabt, dass Cas aus einer Familie mit viel Geld kam. Er hatte keine Vorliebe für teure Sachen. Er war kein Snob wie die reichen Treuhandfonds-Arschlöcher in der Schule. Er behandelte Dean nicht von oben herab wie einige der Leute, die ihn beauftragten. Er tat nicht so, als ob Dean weniger wert war, nur weil der keinen adeligen Stammbaum hatte.

Cas war einfach...Cas.

Eine Welle von Nervosität rollte durch seinen Magen. Ein starkes Gefühl von hier gehöre ich nicht her machte sich in seinem Bauch breit, hart und schwer und sehr ungewollt.

In dem Sitz neben ihm seufzte Cas und murmelte ,,Wird schon schiefgehen." vor sich hin. Es hätte nicht deutlicher sein können, dass er viel lieber irgendwo anders wäre, nur nicht hier, an Thanksgiving im Hause seiner Eltern. Dean verstand das nicht wirklich. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand mit zwei fürsorglichen, lebenden Elternteilen nicht die Feiertage mit ihnen verbringen wollte. Cas hatte ihm erzählt, dass seine Eltern seine Homosexualität nicht billigten. Aber ernsthaft, wie schlimm konnten sie schon sein?

Dean parkte das Auto und sah zu Cas hinüber, der elendig aus dem Fenster der Beifahrertür starrte. Er streckte den Arm aus und verschränkte ihre Finger.

,,Das wird schon, Cas. Es ist nur deine Familie. Wie schlimm kann das werden?"

Cas drehte den Kopf und sah Dean an. Furcht schimmerte in seinen Augen, als er seine Hand wegzog. ,,Frag mich das, wenn es vorbei ist."

Sam lehnte sich über den Sitz. ,,Dean hat recht. Wir beide sind mit dir hier, und es wird gut laufen. Du hast Unterstützung mitgebracht."

,,Ja..." Cas seufzte. ,,Kommt schon, lasst es uns hinter uns bringen."

Die Hintertür öffnete sich und Sam stieg aus. Cas' Hand streckte sich nach dem Griff der Beifahrertür aus, als Dean sich herüberbeugte und erneut Cas' Finger ergriff. Blaue Augen starrten zu ihm zurück, und Dean konnte tatsächlich Angst in Cas' Blick erkennen.

,,Hey. Ernsthaft. Ich werde bei dir sein. Das wird schon klappen. Ich verspreche es." Er streckte den Arm aus, umfasste Cas' Kinn mit seiner Hand und zog ihn in einen sanften Kuss. Cas erwiderte ihn flüchtig und lehnte sich dann mit einem verärgerten, kleinen Seufzer zurück.

,,Ich kann dich nicht einmal als meinen festen Freund vorstellen. Sag mir, in welchem Universum das klargeht. Das kann nur in einem Desaster enden."

,,Oh komm schon, Mann, so schlimm kann es nicht werden. Sie sind deine Eltern und lieben dich, richtig?"

Cas nickte.

,,Nun, das ist doch schon mal die halbe Miete. Mein Vater hasst mich."

,,Dean... Ich denke nicht, dass das wahr ist..."

,,Ist es, vertrau mir. Nun komm schon, lass uns Mr. Optimistisch finden und dann geht's los."

Castiel seufzte erneut, drückte Deans Hand und stieg aus dem Auto. Seine Schultern sackten nach unten, als er begann auf die Tür zuzugehen.

Painted Angels (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt