Erik ließ sich mit einem Seufzen auf das Bett fallen, wobei die Federn protestierten. Gott, er hasste die Untersuchungshaft, er hasste alles an diesem kargen Raum. Die grauen Wände, die winzige Toilette. Die Tür die jederzeit verschlossen war. Es war unwürdig für jemand wie ihn, aber er hatte es akzeptiert. Für sie. Jetzt wusste er wenigstens, wie es sich anfühlte die ganze Zeit eingesperrt zu sein. Hatte er schon erwähnt, dass er es hasste?!
Seine Hand brannte noch von den ausgeteilten Schlägen und er hob sie hoch, Blut klebte noch daran – ihr Blut. Erik konnte fast noch immer die Angst schmecken, die sie verströmt hatte, sie hatte mit ihren Regeln gebrochen. Er mochte es nicht wenn sie schrie, aber im Gerichtssaal hatte sie wieder gefleht. Sie war durch die Anwesenheit der anderen bereits wieder verseucht. Seine Lyjana verlernte bereits alles was sie so hart erarbeitet hatten. Schon alleine dafür hätte er am liebsten einen der Staatsanwälte, wenn nicht sogar die Richterin selbst verprügeln wollen, stattdessen hatte er den Menschen verletzt, der ihm in diesem Saal noch am liebsten war und für den er am meisten empfand.
Draußen wurde es kurz laut, wahrscheinlich weigerte sich wieder einmal jemand in seine Zelle zu gehen. Erik stöhnte genervt und beobachtete noch immer seine in der Luft schwebende Hand. Die Muskeln zitterten bereits, seit er hier war hatte sein Training aufgehört. Er wurde ja fast genauso weich wie die Polizisten. Das musste sich dringend ändern. Schon überlegt er, wie er am unauffälligsten wieder anfangen konnte zu trainieren, endete dabei aber wie immer in einer Sackgasse. Das Zimmer war nun einmal video überwacht. Das konnte er drehen und wenden, wie er wollte, daran würde sich auch beim 1000-mal nichts ändern.
Als er an die dümmlichen Gesichter dachte, musste er leise lachen und rollte sich ergeben auf die Seite, sein Arm fiel mit einem Klatschen auf die Matratze und die Finger streiften den Rauen Betonboden. Fliehen, er würde gerne fliehen. Jetzt konnte er Lyjana verstehen. Sie war auch eingesperrt gewesen und sie hatte ihre Chance genutzt.
Er hatte immer gesagt sie ist anders, alle anderen hatten oft die Chance gehabt sie aber aus Angst und Dummheit nie benutzt. Sie waren am Ende dann doch zu schwach gewesen. Er hatte mehr Rückgrat von ihnen erwartet, dafür aber nur eine stumme willenlose Puppe bekommen. Seine Opfer verließen das Haus erst in den Teilen in die er sie zerhackt hatte. Aber seine Lyjana war intelligenter gewesen, sie hatte die Möglichkeit gesehen und er hatte sie gewähren lassen. Wieder breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Er hatte zurückgeschaut als er bemerkte, dass er Lyjana zurückgelassen hatte und dann hatte alles seinen Lauf genommen.
Erik schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Tag. Er hatte viel Spaß gehabt als sie fliehen wollte. Er suchte die Erinnerungen und durchlebte einfach zur Unterhaltung noch einmal die Stunden in denen Lyjana eine falsche Freiheit gekostet hatte. Die Hoffnung in ihren Augen würde er nie vergessen. Es war so ein Glitzern gewesen...etwas, was ihn verzaubert hatte.
Wut durchströmte ihn als sein Blick durch den Regen nach hinten fiel. Er sah ihre blasse Haut im Wald verschwinden. Die Klamotten durchweicht, sie sah nicht zurück. Er konnte ihre tollpatschigen Füße hören die immer wieder auf den Boden aufschlugen, zumindest bildete er sich das ein. Glaubte sie wirklich sie könnte fliehen? Er zog sein Handy aus der Hosentasche und aktivierte den Peilsender, das kleine rote Pünktchen blinkte und bewegte sich immer weiter von seinem Standpunkt fort.
Erik schnaubte und begann seelenruhig hinterher zu joggen, sie war nicht schneller als er. Lyjana's Punkt verharrte als sie sich scheinbar orientierte und er lobte sich innerlich für die Idee mit dem Mikro Chip. Auf dem Schwarzmarkt hat er sich das Ding besorgt und ihr in die Schläfe direkt unter die Haut eingesetzt. Würde sie in den Spiegel gucken, könnte man es vielleicht sehen, aber auch nur, wenn man wusste, dass er dort war. Aber Lyjana hatte sich schon lange nicht mehr gesehen. Außerdem war er schließlich der beste Medizinstudent in ganz Deutschland. Ihm würde keiner so schnell etwas vormachen.
Eigentlich hatte Erik es ihr an eine lebenswichtige Stelle wie den Hals setzten wollen damit sie sich nicht traute es raus zuschneiden falls sie ihn jemals überhaupt bemerkte. Doch der Sender durfte nicht zu weit im Körper sein. Es machte ihm etwas sorgen, aber seine Lyjana war keine Ärztin, sie würde es nicht raus schneiden. Sollte sie es tun, dann würde sie sich selbst beim Versuch schwer oder gar lebensgefährlich verletzen. Er war sich noch nicht einmal sicher, ob ein Arzt das Risiko auf sich nehmen würde, da man beim kleinsten Fehltritt sie erblinden lassen konnte. Die Nerven dort waren aber auch zu empfindlich...
Seine Schuhe knallten im Matsch und dann sah er sie vor sich, sie war kurz vor dem Waldparkplatz. Erik hatte gestern zwei Camper dort beobachtet. Er hoffte, dass sie durch das Unwetter bereits verschwunden waren. Vorfreude drang durch seinen Körper gleich würde er sie wieder haben. Erik war nicht dumm an mehreren Punkten um sein Haus waren Fluchtfahrzeuge versteckt. Meistens Motorräder da sie einfacher zu handhaben und auch schneller waren. Er wollte vorbereitet sein, sollte jemals irgendetwas passieren. Durch seine Gedanken kurz abgelenkt machte sein Herz einen Satz als er jemand mit ihr reden hörte.
Sie wagten es seine Lyjana anzusprechen? Er pirschte sich nach vorne und sah die zwei Camper. Verdammt. Noch ein Stück rutschte er näher und duckte sich damit er nicht bemerkt wurde. Er wollte gerade aus dem Gebüsch preschen und die beiden verprügeln da sah er diesen Blick in Lyjanas Augen. Pure Hoffnung. Sie hatte wirklich geglaubt, sie hätte es geschafft.
„Lass uns ein Spiel spielen Lyjana." Flüsterte unter seinem Atem und zog sich wieder zurück. Belauschte sie und die Camper. Sie glaubten ihr nicht als sie erzählte sie wäre entführt, sahen sie an wie als wäre sie wahnsinnig. Gutgläubigkeit war doch ein Geschenk der Götter. Aber es war nun einmal Fakt, wer glaubte schon solche eine Geschichte. Für die meisten war das Leben ein einziges Abenteuer, aber das Schlimme und wirklich Böse existierte in ihrer Welt nicht. Hier durfte es nur Frieden geben.
„Hören sie mal junge Dame. Wir nehmen sie einfach mit und dann reden wir darüber okay? In der nächsten Stadt ist eine Polizeiwache, da bringen wir sie hin. Wir sind auch keine Verrückten. Müssen nur noch vorher tanken." Der Mann versuchte ein beruhigendes Grinsen und öffnete ihr die Tür seines verdellten Autos. Der andere sprach nichts und setzte sich ebenfalls hinein. Sie sah kurz zum Auto und dann zu dem Mann. Lyjana nickte heftig und Erik beobachtete ihre Körperhaltung. Diese Männer waren grobschlächtig und vulgär sie waren nichts für seine Lyjana. Eigentlich waren sie genau der Typ, vor dem sie im Normalfall weglaufen würde. Das wusste er, aber wahrscheinlich war ihr egal, dass die zwei glaubten sie wäre wahnsinnig, solange sie hier wegkam.
Als das Auto losfuhr, rannte Erik zu seinem versteckten Motorrad und folgte ihnen mit einer gespenstigen Ruhe, ihr Punkt blinkte fröhlich auf seinem Handy Bildschirm. Der Helm drückte ihm am Kopf aber er wollte nicht riskieren angehalten zu werden. Tatsächlich hielten sie wie versprochen an einer Tankstelle und Erik fuhr mit dem Motorrad hinter ihnen auf. Er setzte den Helm nicht ab freute sich über die Verdunkelte Visier.
Er tankte das Motorrad und während die Säule ratterte waren beide Camper ausgestiegen und unterhielten sich. Die Hände auf das Dach des Autos gelegt, während sie genau wie Erik auf das fertig tanken warteten.
„Die Kleine sieht wirklich scheiße aus. Wir bringen Sie zur Polizei und – oh holy fuck." Er zeigte mit einem Finger auf ein verwaschenes Blatt Papier das an dem Beton der Zapfsäule hing. Es war eine der Vermisstenanzeigen von Lyjana. Darauf ein Foto wie sie grinsend in die Kamera schaute und einige Informationen seit wann sie verschwunden war etc. Beide Männer starrten den Zettel vor sich an und Lyjana die vom Fluchen aufmerksam geworden war, öffnete ihre Tür und stieg aus.
„Oh Shit. Lyjana Hathaway?" Erik zog eine Grimasse unter dem Helm als er ihren Nachnamen so verunstaltete dieses vulgäre Wesen. Doch alle seine Vorsätze gingen zu Grunde als einer der Männer die Hand nach ihr ausstreckte und sie auf ihre Schulter fallen ließ. Niemand fasste seine Lyjana an. Er riss sich den Helm vom Kopf und zog die Zapfsäule aus dem Motorrad. Mit einer einzigen Bewegung hatte er den Mechanismus kaputt gemacht und das Benzin lief daraus auf den Boden. Die Männer hörten das Scheppern als das Metall auf den Boden krachte und sahen auf. Lyjana taumelte zurück und schüttelte den Kopf.
„Du kannst nicht hier sein!" flüsterte sie und er grinste als er in seine Tasche langte. Das Feuerzeug fühlte sich kalt in seinen Händen an, der Wahnsinn spiegelte sich in seinem Gesicht. „Geh nach hinten Lyjana." Knurrte er „Sonst lasse ich das Feuerzeug fallen und wir alle sterben. Die Kassiererin kam entsetzt aus dem kleinen Shop blieb aber wo sie war, als sie das Benzin auf dem Boden und das Feuerzeug in seiner Hand sah.
„Es ist nicht nett wegzulaufen, gar nicht nett. Du bist gemein gewesen, du hättest dich verletzten können und dann wäre ich ganz alleine gewesen, willst du das?" Lyjanas Atem ging flach und schneller, ihre Brust hob und senkte sich und Erik wäre am liebsten auf sie zu gesprungen. „Erik bitte nicht-" wisperte sie aber er kickte nur den Zapfhahn direkt vor die Füße der zwei Camper, die total panisch dastanden und vor Angst weder sprechen noch sich bewegen konnten.
„Komm her." Er streckte die Hand aus und sie taumelte an den Männern vorbei auf ihn zu. „Bitte tue ihnen nichts." Oh Lyjana, hatte sie schon alles vergessen, er tat nie was sie sagte. Als sie vor ihm stand riss er sie zu sich und bewegte sich rückwärts von der Tankstelle weg.
„Lassen sie das Mädchen in Ruhe. Verdammt sind sie ein Psychopath. Ihre Familie macht sich bestimmt Sorgen-" Sein Freund schlug ihm hart eine auf den Arm. „Alter nein mann, nehmen sie sie mit. Wir werden nichts sagen, aber lassen sie uns leben." Mh, Erik hätte fast gelacht, natürlich hier waren sie wieder vereint. Die besten Beispiele der menschlichen Rasse. Der Aufopfernde der Lyjana helfen wollte, der Egoist und die Kassiererin die nur absolut panisch dastand und in ihrer Schnappatmung versank – Für ihn definitiv Kategorie zu dumm zum Leben. Es wäre nicht schade um diese drei Exemplare der Menschheit.
Das Benzin hatte die ganze Tankstelle benetzt. Lyjana klammerte sich an sein Hemd da einer seiner Arme sie festhielt. Davon würde sie bestimmt blau werden, er grinste und schob sie noch ein wenig vor sich. Dann lies er das Feuerzeug aufflammen.
„Ich werde euch nicht anfassen." Sagte er und alle atmeten erleichtert aus, die Camper wollten gerade etwas sagen, da warf er das Feuerzeug. Lyjana wand sich und schrie, doch die Stichflamme und das Inferno danach brachten sie zum Schweigen.
Die Druckwelle schleuderte beide nach hinten und sie krachten hart auf den Beton. Hitze versenkte seinen Körper und Lyjana landete auf ihm, bewusstlos. Ihr Rücken war verbrannt die Kleidung ebenfalls. Und während die Hitze seine Schuhsohlen schmelzen lies lachte er so manisch wie schon lange nicht mehr. Er hatte es lange genug mit der Peitsche versucht, jetzt würde er Lyjana Zuckerbrot geben mal schauen ob sie dann tat was er wollte. Er zog die Bewusstlose von sich und sie knallte auf den Asphalt. „Ach Lyjana, du solltest das doch nicht tun. Ich brauche dich doch."
Erik öffnete die Augen und starrte direkt in das Gesicht seines Strafverteidigers. Wann war der denn hereingekommen? Er hatte nicht mal einen eigenen Anwalt genommen. Wieso auch, er wollte ja nicht freigesprochen werden. Der Mann redete auf ihn ein, sie müssten ihren Vorgang planen und er schnaubte müde.„Haben sie nicht irgendetwas Positives vorzubringen? Niemand kann uns hier zuhören sprechen sie bitte frei." Erik grinste, der Mann hatte ebenfalls wie die anderen panische Angst vor ihm. „Nachdem ich die Tankstelle gesprengt habe, da habe ich sie nicht mehr in das Loch gesperrt. Frauen mögen das doch, nette Kleider, Parfüm – Luxus eben. Außerdem hat sie mir sauber viel besser gefallen. Sie durfte oben bleiben, immerhin war sie auch schwer verletzt."
„Was für einen Tankstelle!" fragte der Strafverteidiger alarmiert und Erik schloss genervt die Augen, er vermisste seine Lyjana. Hier war er nur von Idioten umgeben. Er musste einen Weg finden, sie wieder an seiner Seite zu haben. Einen Weg, der ihr nicht schaden würde, aber einen Weg. Er konnte nicht mehr ohne sie. Die zwei Jahre, in der er bereits ohne sie aushalten musste, waren die Hölle auf Erden gewesen. Das würde er nicht mehr lange durchhalten. So viel wusste er. Er brauchte einen Plan und zwar einen verdammt guten. Und da war der Augenblick, in dem er das erste Mal in seinem Leben bereute, dass er damals diesen Weg gewählt hatte und nicht einen anderen. Andererseits wäre er dann auch nie Lyjana begegnet und sie war mittlerweile sein Leben geworden. Sein ganzes Denken, Handel und Fühlen drehte sich nur noch um sie und ihr Wohlergehen. Und er wusste, dass sie genauso litt, wie er und sie sollte nicht mehr leiden.
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Sag es!
HorrorWenn der Tod einem begegnet können die meisten Menschen nicht mehr entfliehen, doch für Lyjana Hathaway ist der Tod nicht das Ende - nein. Der Tod will sie und er spielt ein grausames Spiel mit ihr in dem nicht nur ihr Leben der Einsatz ist, jede S...