Lyjana hörte das Knacken, als Eriks Vater dem einzigen lebenden zeugen das Genick brach. Unwillkürlich zuckte sie zusammen und fast tat dieser junge Mann ihr Leid. Sie hatte es kaum glauben können als er als Zeuge aufgerufen worden war und hatte ihn auch kaum wiedererkannt, so sehr war sein Gesicht entstellt. Irgendwie hatte sie sogar Zweifel, dass es wirklich der gleiche Typ war, der sie damals aufgegriffen hatte. Denn das Inferno der Flammen, die Erik herbeigeführt hatte, war zu ihrem schlimmsten Albtraum geworden. Manchmal wachte sie nachts schweißgebadet und mit klopfendem herzen auf, während sie gerade so den tödlichen Flammen entkommen war. Doch davor hatte sie eine gefühlte Ewigkeit in diesen Flammen verbracht, auf der Suche nach etwas, was ihr unglaublich wichtig schien, sie aber nicht benennen konnte.
Das vorherige hektische Gewusel im Gerichtssaal, war zu einem angespannten Schweigen geworden. Und dann wagte Lyjana sich den Mann noch einmal genauer anzusehen. In seinem Gesicht las sie den Frieden, was ihre Vermutung nur bestätigte. Der Mann hatte bereits mit seinem Tod gerechnet, als er den Saal betrat. Seine Angst und Panik von eben war echt gewesen. Nur hatte er keine Angst vor Erik oder seinem Vater, sondern vor dem Tod.
Und sie konnte es noch nicht einmal verübeln. Wer wollte schon sterben, geschweige denn wissen, dass das seine letzten Minuten des Lebens waren. Als sie schweigend von zwei Wachleuten nach draußen geführt wurde und sich die Richterin mit ihren Geschworenen zurückzog, um über das Urteil zu beratschlagen, fragte sich Lyjana, was Erik dem Mann wohl geboten hatte, dass er freiwillig sein Leben gab. Oder wusste dieser überhaupt nichts von alle dem und witterte nur einen Haufen Geld?
„Das wollte ich nun wirklich nicht", hörte Lyjana plötzlich eine Stimme neben sich. Als sie sich umsah, erblickte sie Erik, der keine 5 Meter von ihr entfernt stand. Seine Trauer klang dabei so echt, dass sie es ihm fast abgenommen hätte, wäre da nicht so ein verräterisches Funkeln in seinen Augen. Fast hätte sie ihn gefragt, was er nicht wollte; dass sein Vater nun für Verbrechen ins Gefängnis kam für die er nichts konnte oder dass der junge Mann tot war. Aber eine andere Person kam ihr zuvor.
Ihre Mutter ging mit festen Schritten auf ihn zu und blieb dann kurz vor ihm stehen.
„Ich muss mich wohl entschuldigen. Sie wollten meine Tochter schützen. Sie haben das getan, wozu ich nicht in der Lage war. Danke."
„Nein, doch dafür kein dank."
Ihre Mutter wollte noch etwas sagen, aber Lyjana unterbrach sie. Zu sehr hatte sie die Nagst, dass Eriks Maske doch noch fallen konnte. Sie brauchte ihn und zwar frei. Schnell rief sie ihre Mutter zu sich und fing ein unverbindliches Gespräch mit ihr an. Dabei fiel ihr auf, dass es das erste Mal seit Jahren war, das sie richtig bewusst mit ihrer Mutter sprach. Lange Zeit hatte sie sie gemieden, aus Angst, es könnten Erinnerungen zu tage kommen, die sie für immer in einer Ecke verbannt haben wollte.
So merkte sie überhaupt nicht, wie die Zeit verging und ehe sie sich versah, rief einer der Angestellten sie zur Urteilsverkündung hinein. Geschockt blieb sie wie angewurzelt stehen, während die Massen wieder in den Gerichtssaal stürmten. Erst eine sanfte Berührung einer Hand ließ sie wieder auftauen.
„Es wird alles gut.", erklärte ihr Erik, dabei wusste sie nicht, was er meinte. Sprach er von der Zukunft oder von ihrer jetzigen Situation? Sanft wurde sie weitergezogen, hinein in den Raum, der ihr nun viel beklemmender und kleiner vorkam, als noch vor einigen Minuten. War es, weil der Tod hier einzig gehalten hatte? Sie wusste es nicht.
Doch als sie an ihrem nun bereits gewohnten Platz Halt machte und in die Runde blickte, wurde ihr eines klar. Dieser Moment und die nächsten würden über ihre Zukunft bestimmen. Sie wollte beten, beten dafür, dass alles gut werden würde, so wie Erik es gesagt hatte, aber zum Beten war es bereits zu spät, denn die Richterin setzte bereits an.
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Sag es!
HorrorWenn der Tod einem begegnet können die meisten Menschen nicht mehr entfliehen, doch für Lyjana Hathaway ist der Tod nicht das Ende - nein. Der Tod will sie und er spielt ein grausames Spiel mit ihr in dem nicht nur ihr Leben der Einsatz ist, jede S...