Kapitel 6; Jane

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AVA

"Die ist​ ja ganz schön frech.", stellte Jane fest und musterte Sam, aus der Ferne, die sich immer noch mit unserem Trainer unterhielt. Wir machten uns auf den Weg zu den Umkleiden, nachdem das Training frühzeitig beendet wurde, was sowieso so gut wie nie vorkam.
Auch die anderen Teammitglieder tuschelten über den Vorfall mit Sam.
Ich dagegen wollte mich nur noch so schnell wie möglich umziehen und nach Hause gehen, um das Ganze hier einfach vergessen zu können, als Jane mich fragte, ob ich nachher noch zu ihr kommen wollte.
Wir wohnten im selben Stadtviertel, dort, wo die großen reichen Häuser mit ihren perfekten Familien standen.

"Klar.", antwortete ich ihr und nickte, ich hatte es schließlich sowieso nicht weit.

Und so stand ich keine drei Stunden später vor Janes Haustür und klingelte.
Der Wind pfiff durch die Bäume vor den Haus, dessen Äste langsam Knospen austrieben und ich fröstelte in meiner leichten Lederjacke. Es war immernoch kalt und bis zum Sommer würde es noch etwas dauern.
Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, wurde die Tür auch schon von einer strahlenden Jane geöffnet. Die roten Locken umschmeichelten ihre Schultern und sie lächelte mich breit an. Es war ein echtes Lächeln, denn es reichte sogar bis zu ihren haselnussbraunen Augen.
Ich umarmte sie zur Begrüßung und dann gingen wir schon in ihr Zimmer.

"Wie geht's dir?"
Ich sah sie perplex an. Warum wollte sie das wissen?, wunderte ich mich und fragte mich, ob etwas nicht stimmte. Das zwischen uns war von Beginn an nur eine rein körperliche Beziehung gewesen, für die wir beschlossen hatten, dass es nicht um Gefühle ging. Wenn wir uns trafen, dann nur um Sex zu haben.

"Ganz gut, denke ich.", antwortete ich ihr ein wenig überrumpelt. "Warum fragst du?"

"Ach, nur so-", begann sie ihre Neugierde zu erklären, doch das interessierte mich nicht mehr, denn ich hatte sie schon auf ihr Bett gedrückt und meine Lippen auf ihren plaziert.

SAM

Der Trainer und mein Vater kannten sich aus ihrer Schulzeit, sie waren Freunde gewesen. Selbst meiner Mutter war er bereits begegnet. Doch meine Eltern blieben nicht, sie zogen aus der Stadt weg und bekamen schließlich mich.

Mein Vater hatte mir einmal von seinem alten Freund erzählt und mir Fotos gezeigt, ich glaube er wird erfreut sein, wenn ich ihm von meiner heutigen Begegnung berichte.

Ich raufte mir die Haare. Wieso verdammt noch mal hatte ich so viele Hausaufgaben auf? Es war das letzte Jahr und mir war bewusst, dass ich viel arbeiten musste, aber so viel gleich? Frustriert starre ich auf den Stapel an Blättern die ich noch abzuarbeiten hatte und wünschte mir nichts sehnlicher, als mich in einem der Bücher vergraben zu können, die ich mir heute ausgeliehen hatte.

Ich versuchte mich also noch eine weitere halbe Stunde an den ganzen Aufgaben, gab aber dann auf und beschloss die etwas frische Luft zu schnappen.

Mir war aufgefallen, dass einer der älteren Nachbarn einen Hund hatte, vielleicht konnte ich ja mal fragen, ob ich mit ihm rausgehen durfte. Ich liebte Tiere von ganzem Herzen, aber in unserer winzigen Wohnung, war einfach nicht genug Platz für einen Hund.

Ich schnappte mir also meine Hausschlüssel und stopfte sie eilig in meine Hosentasche, als ich mich über Bücherstapel hinweg zu meiner Zimmertür schlängelte.

Draußen hatte es angefangen zu nieseln und ich fluchte leise, als ich den Kragen meiner Jacke hochschlug, um mich vor dem eisigen Wind zu schützen. Dennoch,  war ich froh, dass es bald Sommer werden würde.

Ich war schon kurz davor wieder an  gute alte Zeiten zurückzudenken, in denen ich noch eine intakte Familie und ein wunderschönes sonnendurchflutetes Haus besaß.

Doch das war jetzt vorbei. Ich lebte mit meinem Vater in einer kleinen Wohnung, ging auf die Jefferson High und hatte die Möglichkeit auf einen Neustart. Ich schimpfte mich innerlich dafür, mir mein altes Leben zurückzuwünschen. Es würde nicht wieder kommen und dabei blieb es.

Ich wollte glücklich sein und ich konnte glücklich sein, ich musste mich nur dazu entscheiden. Und ständig mit meinen Gedanken an frühere Zeiten zu hängen half mir dabei definitiv nicht weiter.

Kleine Tröpfchen sammelten sich in meinen kurzen Haaren, als ich an den unzähligen Wohnung der Hochhäuser meines neuen Viertels vorbei ging.

Es dämmerte schon und mein Vater würde frühestens in einer halben Stunde aufstehen. Bis dahin musste ich schon gekocht haben, damit er vor der Arbeit noch was zu Essen hatte.

Dann erst würde ich mich um den Rest meiner Hausaufgaben kümmern können.

Entfernt hörte ich plötzlich eine Stimme etwas rufen und ich sah mich augenblicklich an das Fußballspiel von heute erinnert. Und dadurch an das Mädchen und ihre Leidenschaft für das Spiel.
Ich musste unbedingt ihren Namen herausfinden.

Doch das war im Moment nicht weiter wichtig, denn ich brauchte unbedingt noch einen Job fürs Wochenende. Mein Vater hatte vor ein paar Tagen einen kleinen Elektronikladen ein paar Straßen weiter erwähnt. Vielleicht konnte ich dort mal anfragen.

Ava

erschöpft sank ich neben Jane auf das Kissen, die immernoch keuchend auf dem Bett lag.
Ich grinste sie an, als sie mir einen Blick zuwarf.
"Wow. Das war gut.", kommentierte sie und ich verdrehte meine Augen. "Was denn sonst?", fragte ich und klang dabei ein wenig überheblich. Dann richtete ich mich auf und griff nach meinem BH, um ihn anzuziehen.

"Warte! Wo willst du hin?, fragte mich Jane plötzlich und ich wandte mich zu ihr um.

"Nach Hause", antwortete ihr und das merkwürdige Gefühl von vorhin beschlich mich erneut. Außerdem machte sich meine Mutter bestimmt schon Sorgen, so wie immer eigentlich, wenn ich nicht Zuhause war.
"Kannst du nicht bleiben?", Hoffnung lag in Jane's Blick. Ich schüttelte den Kopf und sie schloss als Antwort darauf ihre Augen.

Als ich fertig angezogen vor ihrer Zimmertür stand hatte sie sie immer noch nicht geöffnet. "Tschüss, dann.", verabschiedete ich mich, doch sie hatte immer noch nicht geantwortet. Also ging ich ohne ein weiteres Wort nach Hause.

H(er)oes | gxg #Wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt