Teil 17: Schande dem Betrüger

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Ava.

Sie stand unweit meines Wagens auf dem Parkplatz und weigerte sich, in mein Auto zu steigen. Komm ich fahre dich nach Hause., bot ich ihr erneut an, doch wieder antwortete sie mit einem trotzigen, aber bestimmten Nein.
Warum denn nicht?, fragte ich sie, wobei meine Stimme verriet wie verzweifelt ich war. Sams Zustand wurde von Sekunde zu Sekunde schlechter und bald würde der Moment kommen, in dem sie sich nicht einmal auf den Beinen halten konnte. Als ich einen neuen Versuch wagen wollte, sie zu überzeugen, konnte ich deutlich sehen wie Sam leicht schwankte, darauf konzentriert nicht gen Boden zu sausen. Mit schnellen Schritten überwand ich den Abstand zwischen uns und nahm sie behutsam am Arm, um sie zu stützen. Na gut, dann fahren wir eben zu mir., sagte ich und half ihr das letzte Stück Weg bis zu meinem Auto.

Sam.

Verschwommen nahm ich die
Umrisse eines Zimmers war. Und zwar von einem sehr hellen. Als mein Blick klarer wurde stellte ich fest, dass ich mich in Avas Zimmer befand. Verdammt, wieso landete ich immer in ihrem Zimmer wenns mir schieße geht? Von meinen Kopfschmerzen war nur noch ein dunpfes Pochen in meiner Stirngegend zu spüren. Die Matratze neben mir wurde leicht unter dem Gewicht von Ava's Knie nach unten gedrückt, als sie sich über mich beugte. "Zum Glück bist du vorhin nicht ohnmächtig geworden, sondern auf dem Sofa eingeschlafen. Ich hab dich in mein Zimmer getragen. Wie geht es dir?", erklärte sie die Situation.
"Viel besser jetzt. Aber erklär mir mal wieso ich immer in deinem Bett lande, wenn ich nicht ganz bei Bewusstsein bin.", fragte ich sie daraufhin. Ava hob beschwichtigend die Arme aber ich konnte ihr spitzbübisches Grinsen in ihrem Gesicht ganz deutlich sehen und bei diesem Anblick zog sich etwas ganz sanft in meinem Unterbauch zusammen. Schnell richtete ich mich auf, stürzte mich auf sie und begrub sie unter mir. "Lach nicht so blöd!", grinste ich zurück und meine Stimme bebte. Doch ich hatte es wohl zu weit getrieben und die Sicht vor mir verschwamm als mir schwindelig wurde. Leise fuhr mir ein schmerzverzehrtes Seufzen. "Sam? Alles ok?" Ava klang besorgt, als sie mein Gesicht zwischen ihre Hände nahm. Langsam verschwand das Gefühl der Orientierungslosigkeit wieder und erst jetzt, wie wir so in dieser Position verharrten schien uns aufzufallen, wie nah wir einander waren. Ich blickte tief in Avas schokoladenbraune Augen und ehe ich es mir anders überlegen konnte, trafen meine Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss auf ihre.

Ava.

Unsere Herzen pochten schnell. Viel zu schnell. Der Kuss wurde intensiver unsere Lippen trennten sich für eine Sekunde, nur um dann wieder heiß aufeinanderzutreffen, um dem Spiel unserer Zungen zuflucht zu gewähren. Beide Arme neben meinem Kopf gestützt, beugte sich Sam über mich und brachte mich dadurch fast um den Verstand. Meine Finger gruben sich in ihre wilden Haare und unsere Körper pressten sich gegeneinander. Die Decke und unsere Kleidung lud sich mit unserer Hitze, die wir verströmten auf, und weckten in mir den Wunsch völlig nackt zu sein. Meine Hände verließen ihren Platz an Sams Kopf und wanderten ihren Hals über die Brust zu ihrem Bauch hinunter. Ich schien die Kontrolle über meinen Körper verloren zu haben als meine Fingerspitzen unter den Saum ihres T-Shirts wanderten und ich ihre vor Hitze glühende Haut berührte. Dann, ohne lang zu zögern fuhr ich nun ganz unter ihr Oberteil und erkundete die empfindliche Oberfläche darunter, spürte den Bauchnabel und stieß mit meinen Fingerspitzen an den Stoff ihres BHs.

Plötzlich könnte ich Schritte die vom Untergeschoss bis hinauf in mein Zimmer hallten, hören und mein Herz blieb für eine Sekunde stehen. Sam hatte anscheinend sie selben Geräusche gehört, als sie sich von mir löst und neben mich setzte. "Verdammt, wieso ist meine Mutter schon da? Es ist doch noch viel zu früh!", brachte ich erschrocken hervor, doch schon ein kurzer Blick auf meine Uhr verriet mir, dass ich mich in der Zeit geirrt hatte. Sam blickte betreten zur Seite. "Ich sollte gehen.", stellte sie fest und das Glücksgefühl, dass sich vor wenigen Sekunden noch in meiner Brust ausgebreitet hatte entwich nun völlig als ich ihre Worte hörte.
"Ava?", hörte ich meine Mutter aus dem Erdgeschoss rufen. "Wir müssen reden."

***
Die Schule hatte meine Mutter über meine vielen Fehlstunden informiert. "Ich meine, was hast du dir dabei gedacht?", wetterte sie während sie unruhig in unserer offenen Wohnküche umherging. "Dass es ewig so weitergehen würde?"
Als ich ihr wieder nicht antwortete und auf meine Hände starrte, stützte sie sich plötzlich vor mir an dem Tisch ab. "Was ist los mit dir? Was ist nur aus dir geworden?" Ich blickte in ihre tiefblauen Augen, die meinen so ähnlich waren und suchte in ihnen nach einer Antwort auf ihre Frage. Doch ich fand sie nicht. Ich biss mir in die Unterlippe und schwieg weiter, wärend ich an Sam dachte. Ich hatte sie, kurz nachdem meine Mutter kam, trotz ihres lautstarken Protests nach Hause gefahren. Oder eher in einer Seitenstraße aussteigen lassen, von der, wie sie behauptete, ihr Haus nicht weit entfernt wäre. Was war nur mit ihr los? Was konnte an ihren Zuhause denn so schlimm sein, dass sie es mir unter keinen Umständen zeigen wollte? Doch so sehr ich mir darüber auch den Kopf zerbrach, das führte mich jetzt nicht weiter in der Diskussion mit meiner Mutter. Als ich den fragenden Blick in ihrem Gesicht sah seufzte ich und sagte: "Es ist nur so, dass es seit Dad nicht mehr da ist nicht so einfach ist, sich auf die Schule zu konzentrieren..." sofort wurde der Ausdruck in dem Gesicht meiner Mutter weicher. Sie glitt auf dem Stuhl und saß nun gegenüber von mir am Tisch. "Ava, du kannst immer mit jemandem reden wenn du willst. Deshalb haben wir ja auch die Nummer des Psychotherapeuten vom Arzt deines Vaters bekommen.", während sie diese Worte sprach nahm sie meine Hände in ihre. Ich blickte erneut in ihre Augen. "Nein kann ich nicht. Mit dir kann ich nicht reden.", sagte ich und entzog meine Hände aus dem Griff ihrer. Du weißt ja nicht mal, dass ich mit Frauen schlafe, dachte ich als ich in mein Zimmer rannte und die Tür hinter mir zuschlagen hörte.

Sam

Die Straße, in der ich Ava gebeten hatte mich aussteigen zu lassen war weit von meinem Wohnhaus entfernt. Während ich mich also auf den Weg nach Hause machte konnte ich dumpf spüren, wie das Schwindelgefühl langsam wiederkam. Ich ärgerte mich darüber, dass Ava inzwischen etwas gemerkt hatte. Bei der Sache mit meinem 'Haus'. Aber was sollte ich tun? Ihr sagen dass ich arm wie ne Kirchenmaus bin und mir deshalb nichts leisten kann, nicht mal eine Wohnung in der man atmen kann, ohne gleich Platzangst zu bekommen. Selbst wenn ich es ihr sagen würde -und da sollte ich mir nichts vormachen- würde sie von einen Wimpernschlag auf den anderen nichts mehr zu tun haben wollen. Ich sollte mich sowieso von ihr fernhalten, oder hätte es von Anfang an tun sollen. Doch das Gefühl, dass sich wärmend in meinem Körper ausbreitete, wenn ich Avas Lächeln sah, wollte und konnte ich nicht missen. Jedenfalls war ich verrückt nach ihr und so weit ich das beurteilen konnte sie auch nach mir. Dennoch, ich hatte mich plötzlich wie ein Fremdkörper, ein Eindringling gefühlt, als ihre Mutter nach Hause gekommen war. Ein Pochen meldete sich plötzlich hinter meiner Stirn, als ich nicht mehr weit entfernt von Zuhause eine kleine Straße überquerte, doch ich schaffte es noch rechtzeitig in die Wohnung und warf mich auf mein Bett.

Ava.

Sam blieb die nächsten Tage krank geschrieben und meine Laune konnte nur dadurch gebessert werden, dass wir einander mit unseren Handys schreiben konnten, da wir endlich unsere Nummern ausgetauscht hatten. Ich versuchte Jane in der Schule immernoch auszuweichen, doch sie schien mein Vorhaben durchschaut zu haben, da es immer schwieriger wurde.

Ein Grinsen breitete sich in meinem Gesicht aus, als ich sah, dass Sam mir wieder geantwortet hatte. Während ich ihre Nachricht las schlenderte ich gedankenverloren den Schulflur entlang, als ich plötzlich jemand vor mir räuspern hörte. Vor mir stand Jane mit einer erhobenen Augenbraue und sah mich vorwurfsvoll an. "Weichst du mir aus?", waren ihre Worte. Ich war fast schon beleidigt. Keine Begrüßung, kein gar nichts und schon gleich in diesem Ton? "Hallo Jane.", antwortete ich also auf ihre Frage und steckte mein Handy ein. Ihr Blick folgte meiner Hand, bis das Smartphone in der Hosentasche verschwand. Dann machte ich einen Schritt an ihr vorbei und setzte meinen Weg fort. Jane tat es mir nach und gemeinsam gingen wir den ausgestorbenen, mit Spinten gespickten Schulkorridor entlang. "Hast du auf mich gewartet?", stellte nun ich ihr eine Frage.
"AVA!", hörte ich plötzlich Janes verzweifelten Schrei neben mir und erschrak. Wir blieben mitten im Flur stehen und ich konnte sehen, dass Tränen ihr Gesicht runterliefen und ihre Wimperntusche verschmierten. "Was ist das jetzt mit uns?", ihre Stimme bebte. Sie hatte also die Frage aller Fragen gestellt und sah mich in ihrer Verzweiflung flehend an. Ihre Hand fand ihren Weg zu meiner. Ich musste Schlucken. Dann blickte ich auf unsere Hände. Und dann glitt mein Blick zu Boden. Die Tränen schienen aus Jane nur so herauszubrechen. "Es ist wegen dieser Sam-Schlampe, stimmts?", sagte sie mehr zu sich selbst, als sie sich tränenüberströmt abwandte, Richtung Ausgang, bloß weg von mir. Als die Tür hinter ihr zuschlug wurde es plötzlich hinter ihr still. Wow. So fühlt es sich also an mit jemandem Schluss zu machen, mit dem man eigentlich gar nicht zusammen war.

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