Teil 16: Blut und Pflaster

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Ava

Ich lag in meinem Bett und starrte an die weiße Decke über mir. Es war halb sieben und somit war ich viel zu früh wach, früher als sonst auch. Aber so sehr ich mich auch in meinem Bett wälzte, ich konnte nicht mehr einschlafen. Ein warmes, pulsierendes Gefühl in meiner Brust hielt mich wach und ich musste sanft lächeln, als mir in den Sinn kam wo es herrührte.
Das ganze Wochenende war bereits vergangen und meine Gedanken kreisten immernoch um diese geheimnisvolle Person, die sich in mein Leben geschlichten hat: Sam.
Wenn ich die Augen schloss und mich ganz fest daran erinnerte konnte ich immernoch die Wärme ihrer Lippen auf meinen spüren. Ich musste nur noch breiter Grinsen, mit einem Lächeln bis hinauf zu den Ohren gezogen.
Am liebsten wäre ich den ganzen Tag in meinem Bett gelegen und hätte über dieses Mädchen weitergeträumt, doch ich richtete mich mit einem Ruck auf- denn das Verlangen sie wieder zu sehen war stärker. Ruckartig richtete ich mich in meinem Bett auf und zog mich an. Dann ging ich ins Bad, immernoch dieses Grinsen auf meinem Gesicht. Der Tag konnte kommen.

Ich verzog mich mit meinem Iphone in eine Ecke der Aula, während ich wartete, bis es zur ersten Stunde klingelte. Aus meinen Kopfhören drang die Musik meiner Lieblingsband the Neighbourhood und ich beobachtete träge, wie die anderen Schüler langsam eintrafen. Ein ganz normaler Schultag eben und dennoch fühlte sich plötzlich alles ganz anders an. Als es Zeit wurde seufzte ich und stopfte meinen Kopfhörer in meine Tasche, bevor ich mich auf den Weg ins Klassenzimmer machte. Sicher dachten die anderen ich würde heute schwänzen, schließlich habe ich den Morgen nicht wie sonst bei Peter und Jane hinter dem Schulhaus verbracht.

Sam

Ich schreckte aus meinem Traum hoch und stellte fest, dass ich mich in meine Bettdecke eingewickelt hatte und die Sonne draußen schien. Mir entfuhr ein erleichtertes Seufzen. Alles war besser, als an dem Ort zu sein, den ich in meinem Traum gesehen habe. Ich drehte mich also in meinem Bett noch einmal genüsslich um, als mir plötzlich eine Tatsache ins Auge sprang: die Sonne schien. Ich brauchte keine weitere Sekunde um zu begreifen, dass ich verschlafen hatte und stieß einen lauten Fluch aus. Dann versuchte ich mich aus meiner Bettdecke zu befreien, die sich wie eine Fessel um meine Beine geschlungen hatte. Als ich ein Bein befreit hatte stieg ich auf und bei dem Versuch auch den Rest meines Körpers aus der Decke zu ziehen, verlor ich mein Gleichgewicht. Laut knallte ich mit meinem Kopf gegen die Kante meines Schreibtisches und mir entfuhr ein heiserer Schrei. Wie ein Blitz durchzog der Schmerz meinen Schädel und ich konnte mich nur mit Mühe von meinem Fußboden hochstemmen. Ich kämpfte gegen den Schwindel an, als sich mein Sichtfeld verdunkelte und zog meinen Fuß aus der Schlinge, aus der ich so vergeblich versucht hatte ihn zu befreien. Dann richtete ich mich auf, ganz langsam und hielt mich dabei an meiner Tischkante fest. Als ich stand, fühlte ich mich immernoch nicht sicher, aber ich wusste dass ich zur Schule musste, also machte ich mich auf den Weg zur Dusche, als ich spürte, wie etwas nasses mein Gesicht runterlief.

Ava

Mein Blick glitt zur Tür, wie in den letzen fünf Minuten auch. Wir saßen im Unterricht und alle waren da. Alle, bis auf Sam, die nur durch ihre Abwesenheit glänzen konnte. Den Lehrer schien nicht sonderlich zu interessieren, dass einer seiner Schülerinnen fehlte und ich wollte auch ungern diesen immerwährenden Sermon aus seinen Worten unterbrechen. Und genau in diesem Moment fing ich an zu zweifeln. Wieso war sie nicht da? Lag es an mir? Hat sie die Klasse gewechselt? Habe ich irgendetwas falsches zu ihr gesagt? Ich versuchte mich zu beruhigen und meine Gedanken zu unterdrücken. Bestimmt war alles in Ordnung mit ihr. Aber wieso war sie dann nicht in der Schule? Und bevor ich mir noch weitere Sorgen machen konnte, ging die Tür zu unserem Klassenzimmer auf. Im Türrahmen stand Sam. Doch sie wirkte nicht wie sonst. Sie sah viel blasser aus und als ich genauer hinsah, konnte ich das große, weiße Pflaster sehen, dass ihre Stirn verdeckte. Verdamm, was ist passiert? Der Großteil des Kurses schien ähnliche Gedanken zu haben wie ich und es brach ein lautstarkes Gemurmel aus. Sam gab sich unbeeindruckt von dieser Reaktion. "Es tut mir leid, dass ich zu spät komme, aber ich habe verschlafen, Sir.", konnte ich sie sagen hören. Mr. Clark schien sich nicht sonderlich daran zu stören, dass Sam ein Mal zu spät gekommen war und bedeutete ihr, sich auf ihren Platz zu setzten. Gebannt folgten ihr alle Blicke, als sie sich zu ihrem Platz in die hintere Reihe begab, neben dem auch Poppy saß. Ich drehte mich wieder der Tafel zu und spürte den Schock, der mir durch meine Glieder gefahren ist, als ich Sam gesehen hatte. Ich konnte mich schon wieder nicht auf den Unterricht konzentrieren und so fing ich an, in meinem Heft rumzukritzeln um mich wenigstens von meinen Gedanken ablenken zu können.

H(er)oes | gxg #Wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt