Kapitel 24

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Ich wollte auf ihn zustürmen und ihm mit meiner Faust ins Gesicht rammen, damit er meine Wut und meinen Hass zu spüren bekommen würde. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich verraten fühlte, es war, als wenn man von der eigenen Familie ein Messer mitten in die Brust gerammt bekommen hätte. Hatte er auch überhaupt nur die geringste Ahnung, was er mir damit antat? Falls ja, dann musste es ihm egal sein, denn es war das Schlimmste, das überhaupt nur passieren konnte.

Ich hatte mich auf so viel schlimmes eingestellt, mir gedacht, dass es sicherlich alles ganz und gar nicht einfach werden würde und dass ich die Person die Thomas das alles antat, mehr hassen würde als alles andere auf der Welt und dass sie sicherlich ein Monster wäre, doch niemals hätte ich damit gerechnet, dass ich die Person kennen würde. Persönlich, sogar mehr als persönlich, besser als jede andere Person, manchmal dachte ich sogar, dass ich ihn besser als mich kennen würde. Ich hätte ihm mein Leben anvertraut, ich habe ihm einfach blind vertraut, gedacht, dass wir wirklich die besten Freunde sein würden, die man auch nur sein konnte und dann am das erste Geheimnis zum Vorschein: Er wusste über alles Bescheid. Ein weiteres: er war in mich verliebt und das schon seit einer Weile, ohne dass ich davon auch nur im Geringsten etwas wusste. Und nun das, das war schlimmer als alles, was er mir sonst hätte antun können.

Nicolas hatte Thomas, der Person, die ich liebte und für die ich alles tun würde, all das angetan. Wegen ihm musste Thomas hier eingesperrt sein, wegen ihm musste er schon so lange leiden, wegen ihm hat er gemordet, etwas, was er nie machen würde und er wurde von Schuldgefühlen geplagt, wegen Verbrechen, die er nicht einmal selbst begangen hatte. Er konnte nicht mehr derjenige sein, der er war, ich musste leiden, weil ich das alles nicht mit ansehen konnte und er hatte all die Zeit dabei zugesehen, wie das Leben von mehr als einer Person zerstört wurde und es war ihm einfach egal.

Wie konte man denn nur so gefühlskalt sein? Ich konnte es nicht fassen! Wieso hatte er das getan? Wie hatte er das geschafft? Seit wann war er überhaupt ein Traveller? Nicolas war ein Mörder, er hatte all diese Personen auf dem Gewissen und das war ihm egal. Ich konnte es einfach nicht fassen. Es war, als würde meien Welt innerhalb einer Sekunde komplett verändert werden, sodass nichts mehr so war, wie es zu sein schien.

„Ich werde nicht sagen, dass ich meine Taten bereue, denn ich werde nicht lügen. Ich war all die Zeit bei vollem Verstand und habe gewusst, was ich tat. Ich wurde auch von niemandem dazu gezwungen, um dich zum Beispiel zu beschützen, ich habe all das freiwillig gemacht. Sagen wir es so, es sind für mich nur Vorteile herausgesprungen: ich wurde akzeptiert und unterrichtet und konnte all die Zeit das haben, was ich mir wünschte. Ich hasse Thomas, ich wollte ihn leiden lassen und das konnte ich tun, es ist immer so angenehm, wenn du bemerkst, wie er mit sich selbst kämpft und sich Vorwürfe macht, wie er Angst vor sich selbst hat. Das ist toll für mich gewesen. Er hat dich bekommen, die Person, die ich schon so lange will und die niemals in dieser Weise an mir interessiert war. Ich wollte dir Zeit geben, da du dich bisher ja nie groß für Jungs interessiert hast, ich hatte immer die Hoffnung gehabt, dass wenn dieser Zeitpunkt kommen würde, du erkennen würdest, was du in mir hast und meine Gefühle erwidern würdest. Damals, als Thomas mit dir alleine im Zimmer war und er dir gesagt hat, dass ich mehr für dich empfinde, hat er das in Wirklichkeit gar nicht, denn ich war das. Ich habe dich geküsst, bevor es Thomas das erste mal getan hat. Im Mystic Grill, als Thomas ich schüchtern verhalten hat, da war er noch er selbst, doch als er dann aus der Toilette kam und er auf dich selbstbewusst gewirkt hat und du ihn endlich küssen konntest, hast du du stattdessen schon wieder mich geküsst. Oh ja, ich habe es genossen, das kann man gar nicht beschreiben, wie sehr ich es genossen habe. Das war auch ein Grund, warum ich das alles hier überhaupt mache. Ich kann dich küssen und du erwiderst den Kuss, wie wenn ich Thomas wäre, was ich nur nicht bin. Überraschung, May, du musst wirklich zugeben, dass ich ein guter Küsser bin."

„Du mieses Drecksschwein!" Ich rannte auf ihn zu und fing an, ihm eien Ohrfeige nach der anderen zu geben, ihn zu treten, während die Tränen mir wie Sturzbäche die Wange hinunter liefen. Ich spürte, wie mich starke Arme fassten und von Nicolas in Thomas' Körper wegzogen, wie er von einer anderen Person festgebunden wurde und ich aus dem Raum geschafft wurde. „Ich wünschte, du wärst tot!", brülle ich noch, bevor ich komplett aus dem Zimmer gezogen wurde und auf dem Sofa so lange festgehalten wurde, bis ich aufgehört hatte, zu schreien, zu treten und zu schlagen. Ich hatte keine Kraft mehr, meine Wut war aber noch immer genauso groß. Meine Enttäuschung auch.

„May, konzentriere dich. Jetzt musst du wissen, wo das Messer ist. Wir können all das hier schnell zu Ende bringen. Du willst doch, dass er leidet und ihm alles heimgezahlt wird. Dann hilf uns jetzt schnell. Sammele deine Wut und konzentriere dich darauf, wo das Messer sein könnte. Erinnere dich, was Miss Smith gesagt hat: Es befindet sich an einem Ort der emotionalen Verbundenheit!"

Damon hatte sich neben mich gesetzt und hielt noch immer meine Handgelenke fest, damit ich nichts zu schlimmes tun konnte. Ich musste mich konzentrieren. Ich musste all dem ein Ende bereiten. Durch meinen Kopf ließ ich all unsere Erinnerungen, das, was wir geteilt hatten und was ihm wichtig war, gleiten. Es dauerte nicht lange, da wusste ich, wo das Messer versteckt war. Und es herauszufinden war noch einmal, wie wenn er mir persönlich ein Messer in die Brust rammen würde.

Uninvited guests [TVD/ Thomas Sangster]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt