Kapitel 12

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Thomas war eine halbe Stunde später noch immer nicht bei sich, er brabbelte nur alle paar Minuten ein paar Wörter und meinen Namen. Ich hatte Angst, dass er voller Alkohol war und somit auf die Straße gegangen war, um jemandem zu verprügeln. Das würde gar nicht zu ihm passen und eigentlich wäre das Blut doch dann auch nicht in seinem Gesicht, doch ich konnte mir nicht erklären, was sonst passiert sein könnte und er konnte es schon einmal gar nicht.

„Thomas, hast du jemanden eine reingeschlagen?", fragte Kai und rüttelte Thomas an der Schulter. Er grummelte und schlug Kais Hand weg. Gut so, das würde ich an seiner Stelle auch machen. Mein Herz und mein Bauch hatten sich schmerzhaft verkrampft, da ich wissen wollte, was mit Thomas passiert war. „Das kannst du auch etwas netter ausdrücken!", zischte ich Kai zu, was er nur mit einem Schulterzucken quittierte. Schnell holte ich mein Handy aus der Tasche und rief die anderen an. Ich brauchte ihre Hilfe und wollte das gar nicht alleine hinter mich bringen. Ich wollte Thomas einfach nur in meine Arme schließen können und in dem Wissen, dass alles gut war, meine Lippen auf seine legen können.

Während ich darauf wartete, dass die anderen hier auftauchten, die sich übrigens nicht einmal beschwert hatten, dass ich sie mitten in der Nacht angerufen hatte und sich sofort bereiterklärten, hier vorbeizuschauen, hatte ich mir einen nassen Waschlappen geschnappt und hatte angefangen, das Blut von seinem Gesicht zu wischen.

„Wie zur Hölle konnte das passieren? Du willst mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass Thomas jemandem eine reingeschlagen hat, ihn auch noch blutig geschlagen hat und sich dann auch noch das Blut ins Gesicht geschmiert hat? Das passt gar nicht zu Thomas. So etwas würde er nie machen", gab Caroline wütend von sich, während sie in meinem Wohnzimmer auf und abtigerte. Thomas lag noch immer auf der Couch, war mittlerweile aber eingeschlafen und gab auch keinen Mucks mehr von sich. Wenn ich ihn so friedlich sah, wurde mir ganz warm ums Herz.

„Er hat keinen Alkohol intus", meinte Stefan, als er Thomas genauer inspiziert hatte. „Ich weiß nicht, was es ist, aber er hat nichts getrunken, nicht mal einen Schluck. Es muss irgendetwas anderes passiert sein und ich bezweifle ebenfalls wie Caroline, dass er sich mit jemandem geprügelt hat."

Was war denn nur sonst passiert?

Die anderen warfen sich wieder einen Blick zu, aus dem ich eindeutig erkennen konnte, dass sie etwas wussten, dass sie nicht preisgaben. Ich musste es aber wissen, ich hatte so viel für sie alle getan und fand es wirklich unfair, dass niemand mir sagte, was los war. Ich hatte das Gefühl, dass sie zwar nicht wussten, was mit Thomas los war, sie aber dennoch eine Vermutung hatten, die gar nicht so abwegig war.

„Ihr veschweigt mir etwas", grummelte ich und stellte mich den anderen mit verschränkten Armen gegenüber. Matt warf den anderen einen fragenden Blick zu. Warum er mitgekommen war, obwohl er eigentlich morgen schon wieder früh rausmusste, war eine wichtige Frage für mich.

„Wir müssen dir wirklich bald einiges erzählen. Es ist nur ein bisschen kompliziert. Ich schätze, du sprichst Thomas darauf lieber selbst an und er wird es dir verraten. Eines ist aber wichtig, May: Dass du es für dich behältst und es niemals irgendjemandem verrätst. Das ist lebenswichtig!"

Ich war froh, dass Kai und Nicolas sich schon bei der Ankunft der anderen wieder in sein Zimmer verkrümelt hatten, denn sonst hätten sie jetzt spätestens einen dummen Kommentar abgegeben.

Wieso machten sie denn so ein Drama? Wenn sie etwas wussten, sollten sie es mir einfach erzählen, so wichtig konnte es bestimmt nicht sein, sonst müsste ich es schon wissen. Ich würde es für mich behalten und sicherlich würde ich, wenn ich das ach so gehütete Geheimnis erfahren würde, keinen Herzinfarkt bekommen.

„Wir könnten sie auch einfach alles vergessen lassen. Das wäre das einfachste, Thomas könnte einen Neuanfang mit ihr wagen und wir müssten uns damit nicht mehr rumschlagen." Damon stellte sich hin und trat auf mich zu, bis er etwa einen halben Meter vor mir zum Stehen kam. Er sah mir direkt in die Augen, ich war fasziniert von seinem Blau und fragte mich, wovon er denn da gerade redete.

„Damon, tu es nicht!" Stefan war nun ebenfalls angestanden und packte ihm am Oberarm, um ihn von mir wegzuziehen. Damon schüttelte seinen Arm ab. „Stefan. Du musst verstehen, es würde uns alles erleichtern."

„Und es würde nicht funktionieren", meinte nun Caroline. Von alldem bekam Thomas nichts mit, er schlief noch immer tief und fest. „Was meinst du, Blondie?", fragte Damon sie. „Ihre Halskette, du Idiot", gab sie zurück und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Oh", gab Damon nur von sich. „Ja, oh, das wäre ganz schön peinlich geworden", sagte Stefan.

Dann trat er wieder von mir weg und ließ mich verwirrt hier stehen. Es wurde dringend Zeit, dass mir mal jemand ein paar Sachen erklärte, ich würde nicht locker lassen und Thomas ausquetschen, bis er mir alles erklärt hatte. Ich wollte nicht länger hier bei den anderen sein und nicht wissen, was sie wussten und mich immer nur wie das fünfte Rad am Wagen fühlen.

„Rufst du uns an, wenn Thomas aufgewacht ist? Ich glaube, er ist hier fürs Erste sehr gut aufgehoben. Ich gehe auf jeden Fall nach Hause", sagte Caroline und umarmte mich zum Abschied. Die anderen machten sich nun auch auf den Weg.

Als ich mit Thomas alleine war, beschloss ich, dass ich ebenfalls bei ihm auf der Couch übernachten würde. Ich wollte ihn nicht alleine lassen und außerdem fühlte ich mich so sehr zu ihm hingezogen, dass ich es genießen würde, eine Nacht oder wenigstens ein paar Stunden neben ihm zu verbringen. Ich legte meinen Kopf an seinen und lauschte auf den Herzschlag, der raste, als meine Augen schwer wurden und ich mit dem Gedanken an Thomas einschlief.

Uninvited guests [TVD/ Thomas Sangster]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt