Türchen Nr. 3 ♥

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Kapitel 3:

Wie so oft kam ich diesen Morgen wieder fast zu spät zur Schule, denn ich hatte mal wieder meinen Bus verpasst.

Doch diesen Morgen hatte ich Glück. Lea, eine Kurskameradin von mir, fuhr mit ihrer Mutter gerade an mir vorbei und als sie mich sah, hielt sie an und nahm mich mit zur Schule.

„Komm schon, Lou! Der Sportunterricht fängt gleich an.", sagte Lea und stand an der Tür zu meinem Klassenzimmer. Ich riss schnell meine Sporttasche aus dem Regal und joggte ihr hinter her, während sie schon richtig zur Sporthalle rannte. Aber was brachte es mir jetzt zur Sporthalle zu rennen und hechelnd wie ein Hund dort anzukommen? Richtig, nichts. So oder so würde ich mit Verspätung zum Sportunterricht kommen, also was soll's?

Nun hörte ich auch auf zu Joggen und ging ganz normal Richtung Sporthalle. Als ich an der Tür angelangt war, wollte ich sie schon aufmachen, da sah ich es.

Davor mussten die Assgeier gestern gestanden haben. Es war ein riesiges Plakat. Der Hintergrund war hellblau mit silbernen Schneeflocken und im Vordergrund tanzten zwei Gestalten. Man konnte keine Gesichter ausmachen, denn die Gestalten war ganz schwarz und man konnte nur an den Umrissen erkennen, dass es sich um einen Mann und eine Frau handelte. Die Frau schien ein langes Kleid zu tragen und der Mann einen Anzug. Ein bisschen erinnerten sie mich an das Cover von Smaragdgrün von Kerstin Gier.

Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Ich liebte dieses Buch einfach!

Über den tanzenden Gestalten stand in großer, schwarzer, geschwungenen Schrift Winterball 2013. Wann der wohl stattfinden würde? Meine Augen huschten am Plakat herunter und ich sah das Datum. 20.12.2013. Das war ein Freitag und auch noch der letzte Schultag! Perfekt gelegt, dass musste ich der Schule lassen.

Ein warmes Gefühl machte sich in mir breit. Jedes Jahr gab es den Winterball und den Sommerball und natürlich einen Abschlussball. Ich oder eine meiner Freundinnen waren noch nie auf einem Ball gewesen, denn auf die durfte man erst gehen, wenn man 15 Jahre alt war. Dieses Jahr könnte also mein erstes Mal sein, dass ich auf einen Ball gehen würde. Ich lächelte bei der Vorstellung daran, aber es verflüchtigte sich gleich wieder, als mir einfiel, dass ich dafür eine männliche Begleitung brauchte. Schön war die Vorstellung auf einen Ball zu gehen, aber ich wusste: Mich würde kein Junge fragen, ob ich mit ihm zum Ball gehen würde. Ich hatte noch nie einen Freund gehabt und auch jetzt sah es nicht so aus, als würde sich einer in den nächsten Tagen auftreiben lassen. Schade eigentlich, wenn man so darüber nachdachte. Leise stieß ich einen Seufzer aus und drehte mich um, damit ich die Turnhalle betreten konnte. Vor Überraschung stieß ich einen kurzen Schrei aus. Nicht einmal eine Hand breit von mir entfernt starrten mich zwei funkelnde Augen an. Als er mein erschrockenes Gesicht registrierte, schmunzelte er.

Leandro.

„Was.. was machst du denn hier?", fragte ich etwas gepresst.

Ein leises Lachen ertönte. „Ich schätze mal das Gleiche wie du. Ich bin zu spät zum Sportunterricht."

Ich schaute kurz auf meine Uhr. „Stimmt und wir kommen beide mindestens 20 Minuten zu spät. Das wir ein schöner Eintrag.", sage ich lächelnd.

Er grinste zurück und ließ sein Blick über mich streifen. Vom einen Augenblick zum anderen wurde ich nervös. Er musterte mich wirklich von Kopf bis Fuß und als er dann auch noch zu Lächeln anfing, wurde ich rot wie eine Tomate. Was hatte dieses Lächeln zu bedeuten? Guckte mein Unterhemd raus oder hatte ich zwei verschiedene Socken an? Schnell guckte ich an mir herunter, nein, soweit ich das sehen konnte stimmte alles. Also blickte ich wieder in sein Gesicht, aber seine Augen waren nicht mehr auf mich, sondern auf etwas hinter mir gerichtet. Stirnrunzelnd drehte ich mich um und sah das Plakat an.

„Bist du auch eines dieser Mädchen, die alles dafür tun würden um auf diesen Ball zu gehen?" Ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken. Eine Gänsehaut überlief mich. Leandro musste direkt hinter mir stehen. Und zwar ziemlich nah. Ein unbehagliches Gefühl machte sich in mir breit.

War ich so ein Mädchen? Ich wollte ja eigentlich schon gerne zum Ball.. „Nein bin ich nicht.", sagte ich mit fester Stimme. „Aber ich hätte natürlich nichts dagegen einzuwenden.."

Wieder erklang dieses leise, raue Lachen hinter mir. Vor dem heutigen Tag hatte ich Leandro noch nie Lachen gehört.

„Es ist schön, wenn es jemanden gibt der anders ist.", sagte er. Kurz schloss ich die Augen. Es ist schön, wenn es jemanden gibt der anders ist. Hatte er damit mich gemeint?

Ich drehte mich um, damit ich ihn das fragen konnte, aber er war nicht mehr da. Erstaunt schloss ich meinen Mund. Und nach ein paar Minuten machte ich mich dann auf den Weg zum Sportunterricht.

Es ist schön, wenn es jemanden gibt der anders ist.

Den ganzen Schultag dachte ich immer und immer wieder über diesen Satz nach.

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