2 Jahre Später
Heute war Martinas Todestag. Der 16 September.
Amalia tobte im Haus herum, bekam nicht mit, wie schrecklich dieser Tag für mich und ihre Familie war. Aber wie auch, sie war ein Kind, man konnte es ihr nicht verübeln.
Angespannt nahm ich meine Tochter auf den Arm. Sie sah mich genauso an wie Martina es früher immer tat, wenn sie etwas nicht wollte. Chancenlos zappelte sie auf meinen Armen. Es passte ihr nicht, dass sie jetzt angeschnallt in ihrem Kinderwagen sitzen musste. Viel zu erschöpft, vom vielen Weinen diese Nacht, schob ich sie vor mir her. Lies sie schreien. Am Abend davor, hatte ich die wirkliche Todesursache erfahren.
Nicht Amalia war schuld. Martina hatte sich umgebracht, sie hatte diese verdammten Pillen genommen, während sie schwanger war! Pillen um ihren viel zu knochigen Körper, dünn zu behalten. Hatte das viele Essen weggeschmissen, nur um sich selbst zu quälen. Sie war in der Krankheit gefangen. Sie hatte den Kampf gegen ihr böses Ich verloren. Das schlimmste war jedoch, dass ich von all dem nichts mitbekommen hatte. Ich musste aufhören mir Vorwürfe zu machen. Es brachte nichts. Aber ich konnte einfach nicht verstehen, warum sie das getan hatte. So viele Fragen, die ich ihr stellen wollte.
Hatte sie nie daran gedacht, dass es plötzlich vorbei sein könnte? Hatte sie nie an mich gedacht oder an unser Kind? War ihr alles so egal?
Weinend ging ich weiter. Ignorierte die vielen verächtlichen Blicke auf mir. Ich stellte den Kinderwagen vor dem Friedhof ab und nahm Amalia heraus. Ihr Atem ging schnell und ihr Kopf war rot angelaufen vor Zorn. Hastig zappelte sie und kreischte, als würde sie höllische Schmerzen durchlaufen. Meine Nerven lagen blank. Ich hielt das keine Sekunde länger aus. "Gib sie mir", hörte ich die sanfte Stimme meiner Mutter. Vater nahm mich in den Arm und flüsterte Sätze in mein Ohr, die ich kaum wahrnahm. "Sie hat mich verlassen! Sie ist einfach gegangen, ohne mir ein Wort zu sagen!", schrie ich mit brüchiger Stimme. "Jorge, sie ist nicht einfach gegangen. Sie liebt dich." Seine alten Hände drückten mir einen Umschlag in die Hand. Als ich meinen Blick auf ihn richtete, tropften Tränen auf das beige Papier. "Was ist das?", fragte ich desinteressiert. "Ihr letzter Wunsch war es, dass du und Amalia ein glückliches Leben führt." Ein zaghaftes Lächeln lag auf seinen Lippen. Er klopfte mir ermutigend auf die Schulter und nahm seine Enkeltochter an die Hand. Lies mich allein an Martinas Grab.Lieber Jorge,
es tut mir alles so leid. Ich habe den Kampf gegen meine Krankheit bereits verloren, als wir erfuhren, dass ich schwanger war. Mein böses Ich hat Besitz über mich ergriffen. Jeden Abend schluckte ich eine dieser weißen Tabletten. Jeden Abend weinte ich mich in den Schlaf, während mein Bauch wuchs und wuchs. Nicht unsere Tochter, war das, was ich hasste. Der Bauch und die zunehmenden Kilos waren das, was mich dazu führte die Pillen zu schlucken.
Ich bin oder war eine schreckliche Ehefrau. Und eine noch viel schlimmere Mutter. Ich bin das Risiko, unser Kind zu töten eingegangen, nur um dünn zu bleiben. Ich würde mir so sehr wünschen, mein Leben mit dir zu verbringen. Ich würde mir so sehr wünschen, die Macht über meinen Körper zu haben. Doch dies gelingt mir leider nicht. Verzeihe mir diesen schrecklichen Fehler und versprich mir unsere Tochter so zu lieben, wie sie ist. Ich allein, bin an meinem Tod schuld. Niemand anderes.
Du sollst wissen, dass ich dich immer lieben werde. Selbst wenn ich nicht mehr unter euch bin. Vergiss nicht, dass ich da oben auf einer weißen Wolke, neben Einhörnern sitze und auf dich und Amalia aufpasse.
In ewiger Liebe,
Deine Martina"

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Life is hard
Teen FictionGekämpft, gehofft und doch verloren Niemand weiß, wie es hinter dem Bühnen Vorhang wirklich ist. Niemand kennt die wahre Geschichte hinter dem Leben eines Stars. Den viel zu hohen Druck, der auf einem lastet. Niemand erkennt den Schmerz und niemand...